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Mit den Augen der Fremden

Mit den Augen der Fremden

Titel: Mit den Augen der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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verengte Augen erkennen ließ, als sie einen kleinen Bogen schlug, um nicht mit ihm zu kollidieren.
    „So geht das nicht“, dachte er plötzlich. „Ich schaffe das nicht auf der Straße, wenn ich versuche, mich so in Bewegung zu halten.“
    „Muß mich irgendwo verstecken“, dachte er.
    Er schüttelte den Kopf und sah sich um, um festzustellen, wo er war. Einen Augenblick erkannte er die Straße nicht – und dann fiel es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen. Er war wieder in vertraute Gefilde geraten – und diesmal war er nur ein paar Häuserblocks vom Gebäude der Stiftung entfernt.
    Ein paar Sekunden lang arbeitete sein Verstand messerscharf. Das Stiftungsgebäude! Das war eine Chance. Sein ursprünglicher Plan war gewesen, dorthin zurückzukehren und sich zwischen den Büchern zu verstecken. Er hatte den Plan dann verworfen, weil er fürchtete, dort in eine Falle zu geraten, aus der es keinen schnellen Ausweg mehr gab. Blieb er dagegen auf der Straße, so konnte er seine Pläne von einer Sekunde auf die nächste ändern.
    Aber jetzt war ihm bewußt, daß sein Verstand nicht mehr richtig arbeitete, daß er jeden Augenblick aus physischer Erschöpfung zusammenbrechen und damit der Polizei in die Hände fallen konnte – oder, was ebenso schlimm war, irgendeinem guten Samariter, der die Polizei rufen würde. Nein, so hatte das keinen Sinn. Das Stiftungsgebäude bot mehr Sicherheit als die Straße.
    Es war etwa drei Häuserblocks entfernt. Als er näher kam, begann es sich vor seinem geistigen Auge zu verklären – das Versprechen eines warmen Platzes am Kamin für einen Mann, der im Blizzard erstarrt. Eine Vision des Betts im Kellerraum, das er benutzt hatte, drängte sich ihm auf. Er kämpfte gegen den verführerischen Gedanken an, in einem Bett zu schlafen.
    Er streifte jetzt mit einer Hand an der feuchten Ziegelmauer des Stiftungsgebäudes entlang, um sich auf den Beinen zu halten, und näherte sich der Seitengasse, die an der Hinterseite des Gebäudes vorbeiführte. Er bog in die Gasse ein. Nach etwa dreißig Fuß mußte der Hintereingang des Gebäudes kommen – der Eingang zur Küche der alten Kantine und zu der Treppe, die in den Keller hinunterführte. In der Küche würden Leute sein, die mittags dort arbeiteten. Wenn er Glück hatte, konnte er sich an ihnen vorbeischleichen. Er hatte da einen nicht ganz zu Ende gedachten Plan …
    Jetzt hatte er die Metalltür in der Hinterwand des Gebäudes erreicht. In dem schwachen Licht konnte man die Kratzer und die Kritzeleien an der Blechtür erkennen. Er blieb stehen, lehnte sich gegen die geschlossene Tür und überlegte sorgfältig, was er tun mußte.
    Dann füllte er seine Lungen, damit seine Stimme sicher und nicht erschöpft klang. Er schluckte ein paarmal, um sich die Kehle anzufeuchten. In der Ferne rollte der Donner, und der Regen prasselte stetig herunter. Er richtete sich auf, schlug mit der Faust gegen die Blechtür und riß sie auf.
    „Stromableser!“ schrie er und ging hinein, ließ die Tür hinter sich zuknallen.
    „Unten im Keller!“ rief eine Stimme aus der dampferfüllten Küche zu seiner Rechten. Niemand kam heraus, um ihn anzusehen. Er ging schnell weiter, damit seine Schritte normal klangen. Aber als er die schmalen Holzstufen hinunterging, versagten ihm plötzlich die Knie den Dienst. Beinahe wäre er gestürzt.
    Aber sein Wille trieb ihn weiter, und wenige Sekunden später schlugen seine Schuhsohlen auf den harten Beton des Kellerbodens. Er ging einen Korridor hinunter, vorbei an den grünen Metalltüren, hinter denen die Vorratsräume lagen.
    Seine Willenskraft ließ ihn beinahe im Stich, als er die etwas größere Holztüre zwischen den grünen Stahltüren zu seiner Linken erreichte. Dahinter waren der Raum und das Bett, das jetzt seit Stunden vor ihm schwebte, ebenso verführerisch wie der Traum von einer Quelle für einen in der Wüste Verlorenen.
    Trotzdem ging er weiter durch die schmale Tür, die in die Bücherräume führte. Hier waren die Fenster nicht groß genug, um genügend Tageslicht hereinzulassen. Die künstliche Beleuchtung war abgeschaltet. Er griff in die Höhe, fand die herunterhängende Schnur der ersten Sechzig-Watt-Birne hinter dem Eingang und zog daran. Gelbes Licht enthüllte ihm die Bücherstapel und die Magazine und die enge Wendeltreppe, die nach oben führte.
    Das Klettern kostete ihn große Mühe. Als er schließlich die dritte Etage erreicht hatte, stampfte er schwer die Gänge zwischen den

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