Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
Vom Netzwerk:
Eis einladen und fand sie nach einer Stunde in der Eisdiele gar nicht mehr so übel. Danach kehrte daheim vorübergehend noch einmal der Frieden ein, vielmehr die Ruhe vor dem Sturm.
    Beruflich war es etwas hektischer. Die guten Autobahnanbindungen sowie die Nähe zur niederländischen und belgischen Grenze machten den Erftkreis seit geraumer Zeit zu einem beliebten Ausflugsziel für Einbrecherbanden. Manchmal hatte man das Gefühl, sie fielen ein wie Heuschreckenschwärme. Aber das nur am Rande, ich will damit bloß zum Ausdruck bringen, dass ich während meiner Dienststunden keinen ruhigen Lenz schob und von den fünfzehn Frauen und Männern in meiner Abteilung auch keiner Däumchen drehte.
    Maßgeblich am weiteren Geschehen beteiligt waren nur zwei von meinen Leuten. Jochen Becker, Kriminalhauptkommissar, in meinem Alter, einer von den Kollegen, die einem eine Beförderung auch dann nicht neiden, wenn sie sich selbst Hoffnungen auf den Posten gemacht haben und die damit verbundene Erhöhung der Bezüge sehr gut gebrauchen könnten.
    Jochen war umfassend in meine persönliche WestsideStory eingeweiht. Er hatte die letzten Monate meiner Ehe mit Karola hautnah erlebt. Ihn hatte ich oft eingespannt, meine Frau anzurufen, wenn ich zu Maren nach Köln fuhr und keine Zeit mehr hatte, mir eine Ausrede einfallen zu lassen. Getan hatte er das ohne Widerspruch, weil er sich für Karola nicht erwärmen konnte. In seinen Augen war sie eine Zicke gewesen. Wegen meiner vorschnellen Kündigung hatte er mich jedoch einen hirnverbrannten Idioten genannt und mich in keinster Weise bedauert, als ich am Boden zerstört war.
    Wir arbeiteten trotzdem immer noch gut zusammen und verstanden uns auch privat ausgezeichnet. Gelegentlich besuchten wir uns gegenseitig am Samstagabend oder am Sonntagnachmittag mit Frau und Kind. Jochen hatte eine achtjährige Tochter, von der Olli sehr beeindruckt war, weil sie einen Judokurs besuchte. Und Jochen war von Hanne nicht weniger angetan als mein Vater und meine Brüder. Manchmal nannte er sie das große Los, das ich gezogen hatte.
Der zweite, Kriminalkommissar Andreas Nießen, hatte von meiner Vergangenheit keine Ahnung. Er war erst seit einem halben Jahr in meiner Abteilung, fünfundzwanzig Jahre alt, ledig, Brillenträger und unser Spezialist am Computer. Andy, wie er gerne genannt worden wäre – das tat jedoch keiner –, war ein Freak. Jochen vermutete, er sei bereits im Mutterleib nicht bloß durch eine Nabelschnur mit allem versorgt worden, was ein Mensch brauche, er müsse auch einen elektronischen Draht gehabt haben.
Sonderlich beliebt war Andreas Nießen bei keinem Kollegen. Hinter seinem Rücken wurden manchmal Wetten abgeschlossen, wann er wohl aus dem Dienst entfernt würde, weil er sich mal aus «Versehen» ins Verteidigungsministerium gehackt hatte. Aber er wollte auch gar nicht lange bei uns bleiben, fühlte sich zu Höherem berufen. Mindestens LKA, nach Möglichkeit BKA, da könne er Großes leisten, meinte er. Sein Metier war nun mal das www, da hoffte er stündlich auf große Entdeckungen. Kinderpornoringe und Terroristenzellen hätte er gerne aufgespürt.
    Sich draußen die Hacken krumm zu laufen, um simple Einbrüche in der Provinz aufzunehmen, davon hielt er nichts, kam mit allerlei phantasievollen Argumenten, wenn man versuchte, ihn in ein Fahrzeug zu setzen. Seiner Meinung nach brachte es nichts, Häuser oder Wohnungen nach einem Einbruch zu besichtigen. Man musste sich auf die Hintermänner konzentrieren.
    Bei dem Einbruch, der uns wenige Tage vor dem Klassentreffen, an dem ich nicht teilnehmen wollte, gemeldet wurde, gab es jedoch eine Menge zu besichtigen. Betroffen war ein Einfamilienhaus in Kerpen. Der Hausbesitzer hieß Alexander Godberg. Deshalb und weil die Kerpener Kollegen meinten, ich solle mir vielleicht mal persönlich ansehen, wo mein Sohn so viel Zeit verbrachte, fuhr ausnahmsweise ich noch einmal mit Jochen Becker hinaus. Während der Fahrt unterhielten wir uns über Ella Godbergs Armbruch und Ollis Rockergeschichten und schmunzelten beide über Letzteres. Doch mir verging das Schmunzeln rasch.

Montag, 19. Mai
    Die Godbergs bewohnten ein frei stehendes Haus am Stadtrand Richtung Türnich. Das Anwesen lag am Ende einer kaum bebauten Straße, die in einen Feldweg überging. Nur sechs Häuser insgesamt, große Grundstücke, viel Grün, am Straßenrand geparkte Autos gab es vermutlich nur, wenn jemand Besuch hatte. Wer hier lebte, fuhr seinen Wagen wohl immer

Weitere Kostenlose Bücher