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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Frau mal eine Andeutung gemacht. Sie verstanden sich doch gut. Und wenn Ella nie eine Bemerkung über treulose Männer verloren hatte – hätte ja auch sein können, dass sie mit ihrem Bruder geschäftlichen Ärger besprochen hatte –, wollte ich zu bedenken geben, dass ein phantasiegestrafter Knabe sich vielleicht nicht jede Geschichte aus den Fingern saugte, und dass man ihn in nächster Zeit besser nicht zu seinem Freund lassen sollte.
    Momentan lief es ja auch ganz prima bei meinen Eltern. Sie hatten sich dahingehend geeinigt, dass Opa das auf dem Herd stehende Mittagessen überwachte, während Oma unterwegs zum Kindergarten war. Die kochenden Kartoffeln zu hüten war zwar auch keine Männersache, aber drinnen sah es ja keiner, und so kam man wenigstens pünktlich zu Tisch.
    Hanne hatte bis halb sechs arbeiten müssen, danach Oma und Opa von der Verantwortung befreit und noch ein Weilchen mit meiner Mutter geplaudert. Als ich hereinkam, war sie im Wohnzimmer damit beschäftigt, ihre Mutter zu trösten. Bei Bärbel und Siegfried hatte es mal wieder tüchtig Zoff gegeben.
    Olli saß mit einem Buch am Küchentisch und klärte mich auf: «Oma Bärbel weint. Opa Siegfried hat sie wieder rausgeworfen. Jetzt will sie uns besuchen. Aber Mama hat schon gesagt, wir haben gar keinen Platz und auch keine Zeit.»
    Dann zog ein Strahlen über sein Gesicht. Er vergaß Oma Bärbels Kummer, hob das Buch an und ließ mich einen Blick auf den bunten Einband werfen, auf dem sich ein paar Dinosaurier tummelten. In einem Land vor unserer Zeit, las ich.
    Olli sprudelte los wie ein kleiner Wasserfall. «Guck mal, Papa. Ich wusste gar nicht, dass es von dem Film auch ein Buch gibt. Oma hat das rausgefunden und es für mich bestellt. Es ist heute gekommen. Wir haben es sofort abgeholt. Oma hat mir schon was vorgelesen. Liest du mir gleich auch was vor?»
    «Klar», sagte ich.
«Oma hat nämlich gesagt», ratterte er weiter, «Bücher sind viel besser als Filme. Da steht mehr drin und alles
    ganz genau. Jetzt kann ich Sven richtig zeigen, wie der Rex aussieht. Am Montag darf ich nämlich wieder kommen. Ich hab seinen Papa heute Mittag gefragt. Tante Ella ist nicht mehr schlimm krank.»
    «Darüber reden wir nochmal», sagte ich.
    Im Wohnzimmer beendete Hanne ihr Telefongespräch mit dem Hinweis, ich sei gerade nach Hause gekommen, und sie müsse noch kochen. Dann hörte ich mir von ihr an, wie glücklich ich mich schätzen musste, eine völlig normale Familie zu haben, und was meine Lieben zur Zeit so trieben.
    Mein älterer Bruder hatte zwei brandneue Filme aus dem Internet gezogen und wollte sich einen neuen CD-Brenner kaufen. Mein jüngerer Bruder und seine Frau dachten nun auch über die Anschaffung eines CD-Players nach. So teuer waren die ja nicht mehr, man konnte sich trotzdem noch zwei Wochen Sommerurlaub leisten. Mein Vater hatte endlich die Hügellandschaft seiner Modelleisenbahn mit neuem Gras beklebt und Mutter von Aldi zwei argentinische Rindersteaks, Kräuterbutter und Salatherzen für uns mitgebracht, was in null Komma nix auf dem Tisch wäre.
    «Willst du Brot dazu oder lieber Pommes? Ich weiß gar nicht, ob ich welche habe.»
«Brot reicht», sagte ich.
Hanne warf die Steaks in die Pfanne. Ich machte den Salat und deckte den Tisch – nur für uns beide. Olli bekam abends immer ein Butterbrot mit Leberwurst, weil Oma warme Mahlzeiten vor dem Schlafengehen für gesundheitsschädlich hielt. Da war der Verdauungsapparat ja die ganze Nacht beschäftigt. Wenn Erwachsene sich das antaten, war das ihre Sache. Kindern durfte man es nicht zumuten.
Während wir aßen, blätterte Olli weiter in seinem reich bebilderten neuen Schatz und kommentierte einige Szenen. Ich stellte mein Anliegen zurück, weil kleine Kessel große Ohren haben und am Montag nicht die gesamte Kindergartengruppe erfahren musste, dass der Papa von Sven und Tante Ella vielleicht Probleme miteinander, vielleicht aber auch mit anderen Leuten gehabt hatten. Über so etwas spricht man erst, wenn die Kinder im Bett sind.
Hanne ermahnte ihn mehrfach, über den Rex nicht sein Leberwurstbrot zu vergessen, und erinnerte mich an den für morgen anstehenden gemütlichen Abend im Kreise ehemaliger Mitschüler. Peter Bergmann hatte am Vormittag bei meinen Eltern angerufen und ausgerechnet Mutter gebeten, mir gut zuzureden.
Hanne grinste. «Sie sollte dir ausrichten, dass es hundertprozentig sicher keine Musik gibt.»
Mutter hatte den Satz so genommen, wie er gesprochen

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