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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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so lange im Arm gehalten, ihr über den Kopf gestreichelt und gesagt: «Keine Angst, Kleines, der Krankenwagen kommt gleich. Das wird wieder. Tut mir wirklich Leid.»
    «Und das konntest du im Garten alles ganz genau verstehen?», fragte ich.
«Ich war doch im Zimmer», sagte Olli. «Ich wollte ihnen die Halskette wieder reinbringen.»
«Welche Halskette?»
«Die der Rocker vorher in den Garten geworfen hat», sagte Olli. «Die war schön, ehrlich, Papa, ganz aus Silber und überall so kleine grüne Steine drin. Aber der wollte die nicht mehr. Er hat gesagt, die soll ich dem Arsch hinten reinschieben. Hab ich aber nicht gemacht. Ich hab sie auf den Tisch gelegt.»
Kleines und Arsch, das klang eher nach einem wütenden Bruder und Schwager als nach einem Fremden. Bei der in den Garten geworfenen Kette schien es sich um das Smaragdcollier zu handeln. Aber das mochte er bei einer anderen Gelegenheit mal gesehen haben. Ich war nicht sicher, ob ich ihm glauben durfte. Vielleicht wollte er bezüglich seines Montagnachmittags bei Sven kein Risiko eingehen und ließ sich etwas einfallen. In der Hinsicht nahm er es mit einem Zehnjährigen auf.
«Warum hast du das denn Mama nicht so erzählt?», fragte ich.
«Sie hat ja sofort gesagt, wenn ich noch mehr lüge, darf ich nie mehr bei Sven spielen», erklärte er eifrig. «Aber das war nicht gelogen, Papa, ehrlich nicht. Frag Opa.»
«Der war doch nicht dabei», sagte ich.
«Aber ich hab es ihm sofort erzählt», sagte Olli. «Und Opa hat gesagt, der Papa von Sven hat bestimmt nur gesagt, ich sei schuld gewesen, weil er sich geschämt hat. Wenn sie sich schämen, lügen große Leute nämlich viel.»
Die Ansicht meines Vaters über die Wahrheitsliebe bestimmter Personengruppen brachte es zwar auf den Punkt, war aber noch kein Beweis für die Wahrheit in diesem Fall. Ich nahm jedoch an, dass Olli meinen Vater wahrheitsgemäß über das tatsächliche Geschehen informiert hatte. Da war das ja noch frisch gewesen. Also machten wir noch einen Abstecher zu meinen Eltern.
Mutter wies darauf hin, so früh habe sie uns nicht erwartet. Ich wusste nicht, wie sie das meinte, fragte auch nicht nach, sondern ließ mir von Vater bestätigen, dass Oliver ihm am sechsten Mai ausführlich von dem Rockerüberfall berichtet hatte. Dann zerbrach Vater sich den Kopf, welche Dialoge Olli wiedergegeben hatte. Wörtlich bekam er das nicht mehr alles zusammen. Aber «Schatz» und «Kleines», daran erinnerte er sich, ebenso an die in den Garten geworfene Halskette. Und dass der vermeintliche Rocker, als er das Schmuckstück nach draußen beförderte, etwas von «Weiber aufs Kreuz legen» gesagt haben sollte.
Nun gut, manche bezeichneten das so, andere sagten flachlegen. Ich nahm an, Alex habe versucht, Ella mit einem Geschenk für seine Affäre zu entschädigen. Ihren Bruder habe er damit jedoch nicht besänftigt, den habe erst der gebrochene Arm zur Räson gebracht. Und vielleicht war die Kette nur bei ebay gelandet, um ein Ärgernis loszuwerden.
Als wir heimkamen, war die Wohnung sauber. Unser Mittagessen hatte ich von McDonald’s mitgebracht. Das Thema Godberg hatte sich für mich erledigt. Hanne kam erneut auf den Abend zu sprechen, drängte den ganzen Nachmittag und rückte dabei scheibchenweise mit dem wahren Grund heraus, warum sie es für besser hielt, wenn ich Peter Bergmann den Gefallen tat.
Die Arbeitskollegin, mit der sie hin und wieder ausging, wollte nämlich an diesem Abend zusammen mit ein paar anderen ein japanisches Restaurant in Köln besuchen. Hanne wäre liebend gerne dazu gestoßen. Oliver könnte bei meinen Eltern übernachten. Das hatte sie schon geklärt. Und wenn ich alleine zu Hause säße, hätte sie ein schlechtes Gewissen.
«Ich sitz ja nicht alleine, wenn Olli hierbleibt», sagte ich.
«Er freut sich aber schon darauf, bei Oma und Opa zu schlafen», behauptete Hanne. «Nicht wahr, Schatz?»
Mir hatte Olli noch nichts von seiner Freude erzählt, aber er nickte pflichtschuldigst.
«Du musst ja nicht lange bleiben, Konrad», arbeitete sie sich weiter vor in Richtung Sushi, das man ja mal probiert haben musste. Und danach eine garantiert störungsfreie Nacht zu haben, wäre auch nicht zu verachten. «Ich bin wohl so gegen elf wieder hier. Dann könnte ich mich noch für ein halbes Stündchen in die Badewanne legen und lesen. Esther hat mir ein Buch geliehen, soll umwerfend sein, seitenweise zwischen fünf und sieben.»
Zwischen fünf und sieben lag sechs, in dem Fall mit x

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