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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Verdienst.
    Einige Augenpaare richteten sich auf mich. Irgendeiner pfiff und versuchte krampfhaft den Ton einer Blockflöte zu treffen. Peter nahm sein Glas und erhob sich.
    «Setz dich wieder hin», zischte ich.
     
    Er zog erstaunt die Augenbrauen hoch. «Soll ich nicht…»
    «Nein», unterbrach ich ihn.
    «Aber ihr habt euch doch sicher eine Menge zu erzählen», meinte er. «Ich schätze, du willst zumindest wissen, mit welchem Satansbraten sie das Bett teilt.»
    «Nein», sagte ich noch einmal.
    Peter ließ sich mit einem Achselzucken zurück auf den Stuhl sinken. Maren klopfte Porky kameradschaftlich auf die gut gepolsterte Schulter und strahlte ihn an.
    «Willibald, noch ganz der Alte.» Dann schritt sie die Tafel ab. Sie schritt tatsächlich, mit achtzehn die Prinzessin der Oberstufe, mit achtunddreißig die Königin beim Klassentreffen. Gott im Himmel, sah sie gut aus, rank und schlank wie vor Jahren, Wespentaille, flacher Bauch und Fesseln wie eine preisgekrönte Stute. Mein gefallener Engel, meine Nixe, die in der Badewanne tauchen konnte, bis mir die Luft ausging. Warum fallen einem solche Details immer in unpassenden Momenten ein?
    Länger als eine halbe Stunde war sie unterwegs rund um die Tische herum, lächelte, schüttelte Hände, stellte die üblichen Fragen und kommentierte die Antworten. Etliche Minuten lang unterhielt sie sich mit Brigitte, bekam Fotos der süßen Kinder, wahrscheinlich auch vom Professor für Nuklearmedizin und der Villa in Potsdam gezeigt und hielt Brigitte ihre rechte Hand hin, die Demonstration, dass sie ebenfalls gebunden war.
    Da sie am anderen Schenkel der U-Form begonnen hatte, kamen Peter und ich zuletzt an die Reihe. Als sie endlich seinen Stuhl erreichte, lief bereits die Stereoanlage und einige tanzten auf der freien Fläche zwischen den Tischen. Sie schüttelte Peters Hand, bedankte sich für die Einladung und die Mühe, die er sich gemacht hatte. Er winkte ab, die Mühe bei ihr hatte sich ja der gute Willibald gemacht. Hätte der nicht Kontakt gehalten, hätte man sie gar nicht anschreiben können und so weiter.
    Nachdem das gesagt war, bemerkte sie auch endlich, dass Peter nicht allein am Ende der Tafel saß. Aber mir reichte sie nicht die Hand zur Begrüßung, weil alle zu uns hinschauten.
    «Hallo, Konni», sagte sie nur lässig und neutral, ihr Lächeln war ebenso.
    «Hallo, Maren», sagte ich und betrachtete ihre rechte Hand. Einen Ehering trug sie nicht, stattdessen einen protzigen Klunker, der kitschig und billig aussah. Ein Rubin in Herzform, passte gar nicht zu ihr.
    «Willst du dich setzen, Maren?», fragte Peter und zog den freien Stuhl an seiner Linken ein wenig vom Tisch ab.
Sie schüttelte den Kopf. «Ich habe den ganzen Nachmittag im Auto gesessen. Ein bisschen Bewegung wäre mir lieber. Tanzt du?» Sie lächelte ihn an, dass es einen Stein zurück in glutflüssige Lava verwandelt hätte.
Peter schüttelte den Kopf. «Lieber nicht, Willibald hat uns eben noch reihum gewarnt, wir könnten uns mächtigen Ärger mit deinem Mann einhandeln, wenn wir dir zu nahe kommen.»
Sie lachte amüsiert, schaute mich an. «Was ist mit dir, Konni? Traust du dich auch nicht?»
«Ich bin Ärger gewohnt», sagte ich und erhob mich.
Es war schließlich nichts dabei, wenn ich einmal mit ihr tanzte. Die Musik erlaubte ohnehin nicht mehr, als sich ein bisschen die Füße zu vertreten. Doch kaum hatte ich ihr den Arm um die Taille gelegt, hetzte irgendeiner zur Stereoanlage und brüllte dabei quer durch den Saal: «Achtung, Leute, es geht los. Wetten werden keine mehr angenommen.»
Gleich darauf erklang ein Tango. Damit hatten wir vor mehr als zwanzig Jahren die gesamte Oberstufe in Raserei versetzt. Unser Tango war einsame Spitze gewesen, um Längen schmutziger als das, was die jungen Leute in Dirty Dancing veranstaltet hatten. Das wollte ich nicht unbedingt wiederholen. Maren offenbar auch nicht. Sie blieb auf Distanz und signalisierte mit der Hand an meiner Schulter, dass sie von mir das Gleiche erwartete.
Ein paar Takte lang schwieg sie, dann erkundigte sie sich:
«Wie geht es dir denn nun wirklich? Von Willibald höre ich immer nur Dinge, die mir das Herz umdrehen müssten.»
«Gut», sagte ich. Und das bezog sich nicht auf die momentane Situation, wie ich die bezeichnen sollte, wusste ich noch nicht. Es war ein unwirkliches Gefühl, sie wieder im Arm zu halten. Ihr Parfüm kitzelte mich in der Nase, ihre Wärme spürte ich durchs Hemd. Mein Jackett hatte ich

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