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Mit der Zeit

Mit der Zeit

Titel: Mit der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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ganz schön sauer werden, wenn die Zeugen nicht ständig Gewehr bei Fuß stehen. Sie werden natürlich Ihre Post sorgfältig anschauen, bevor Sie sie öffnen. Ich nehme an, Sie haben eine Sekretärin.«
    »Halbtags. Von ihr hab ich übrigens Ihren Namen.«
    »Ach ja? Nun, Sie werden sie sicher warnen. Aber die Post wird ohnehin eine Zeitlang alle an Sie adressierten Päckchen und Pakete überprüfen. Übrigens, ist Ihnen aufgefallen, daß dieser Zander ›Paket‹ schreibt, wenn er ›Päckchen‹ meint? Das ist englischer Sprachgebrauch.«
    »Ja, das ist mir auch aufgefallen.«
    »Sie überlassen mir doch das Original dieses Briefs, was, Mr. Halliday? Es ist immerhin möglich, daß die Leute vom gerichtsmedizinischen Labor etwas rausfinden, was wir noch nicht wissen.«
    »Ich schicke Ihnen den Brief mit der Post.«
    Er las noch einmal die Fotokopie durch. »Was halten Sie eigentlich von diesem letzten Absatz? Der Mann weiß, daß Sie Zeitungsmann sind. Sind Sie auf seinen Vorschlag mit den Zeitungsarchiven eingegangen?«
    Es war nicht schwer zu lügen. »Ich war mal bei der Zeitung, das stimmt, aber ich hab da heute kaum noch Kontakte. Ich werde wahrscheinlich ein bißchen rumtelefonieren, aber wenn das FBI sagt, sie kennen diesen Zander nicht, ist kaum damit zu rechnen, daß ich etwas rauskriege.«
    »Aber versuchen werden Sie’s trotzdem?« bohrte er weiter.
    »Ganz bestimmt.«
    »Und uns Bescheid sagen, wenn Zander sich wieder meldet?«
    Captain Boyle war ein kräftiger, gut aussehender Mann mit einem Lächeln, wie man es von den Politikern alten Stils kennt. Es war ein Fehler von mir gewesen, seine Intelligenz zu unterschätzen.
    »Ich seh schon, Sie glauben nicht, daß es sich um einen Verrückten handelt, Captain.«
    »Natürlich glaube ich das. Jeder, der Bomben per Post zustellt, muß irgendwie verrückt sein. Aber in diesem Fall, glaube ich, ist es nicht der Verrückte, den Lampeter sich vorstellt. Was meinen Sie?«
    »Ich stimme Ihnen zu. Diese Bombe ist Angeberei. Da läßt einer die Muskeln spielen, wenn Sie so wollen, und ich glaube nicht, daß da noch was nachkommt. Himmel noch mal, ich glaube nicht mal, daß er diese Bombe geschickt hat, ich meine, nicht eigenhändig. Ich neige – wie Sie offenbar auch – zu dem Glauben, daß der Verfasser dieses Briefs genau meint, was er sagt. Er möchte etwas erledigt haben. Er glaubt, daß ich es tun kann, daß es etwas ist, was mich besonders reizen würde. Er hat nur eine komische Art zu fragen.«
    »Und wie reagieren Sie darauf, Mr. Halliday? Ich meine, jetzt, da Sie wissen, was in dem Päckchen war. Lachen Sie darüber?«
    »Nein, Captain, das tu ich nicht. Ich bin genauso wütend wie vorhin Detective Lampeter. Ich bin aber auch extrem neugierig und fest entschlossen, mehr zu erfahren. Unglücklicherweise macht mich das noch wütender, da ich mit meiner Neugier und meinem Verlangen, mehr zu erfahren, gerade einige der Reaktionen zeige, die sich vermutlich Zander bei mir erhoffte. Und doch, falls und wenn er wieder auf mich zukommt, werde ich mich nicht weigern, ihm zuzuhören. Ich könnte es gar nicht.«
    Der Captain nickte. »Versteh Sie gut. Nun, wenn Sie etwas Neues erfahren, dann bin ich sicher, Sie werden’s uns wissen lassen. Ich weiß, in Ihrer Branche muß man seine Quellen schützen und all das, aber wir hier schließen gern einen Fall ab, wenn es irgend geht.«
    »Ich werde zu gegebener Zeit dran denken.«
    »Noch was, Mr. Halliday. Sehen Sie es als einen freundschaftlichen Rat. Wenn Lampeter sagt, es handle sich hier um eine professionelle Arbeit, dann glaube ich ihm. Das heißt also, daß auch dieser Briefschreiber ein Profi ist, auf seine Art natürlich. Sehen Sie sich also vor, Mr. Halliday? Ich habe Sie überprüfen lassen. Sie haben üble Zeiten hinter sich, über die Sie nicht gern reden. Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, sie endgültig zu vergessen. Nein, es geht mich nichts an. Nur ein freundschaftlicher Rat. Sie sind nicht mehr so jung, wie Sie aussehen, und süße Dinge zu kosten kann zuweilen der Gesundheit abträglich sein.«
    Ich fuhr so aus der Stadt zurück, wie ich hingefahren war: langsam und vorsichtig, als hätte ich immer noch das Päckchen im Kofferraum. Ich hatte ein Sandwich mit Rindfleisch und mehrere Tassen Kaffee gehabt, während ich bei der Polizei gewesen war. Jetzt, zwei Stunden danach, bekam ich Bauchschmerzen davon.
    Als ich die Haustür aufschloß, klingelte das Telefon. Ich ignorierte es und schenkte

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