Mit der Zeit
nachmittag um drei Uhr Mr. McGuire in seinem Büro. Und lassen Sie mich, bevor Sie gleich zu jammern anfangen, daran erinnern, daß man Ihnen einen Vorschlag machen wird, den Sie entweder annehmen oder ablehnen können. Wenn Sie mich aber im Stich lassen und gar nicht erst hingehen, werde ich Ihnen das nie verzeihen. Sollten Sie tatsächlich glauben, sich jetzt nicht damit abgeben zu können, dann hoffe ich doch, daß Sie – und sei es nur alten Zeiten zuliebe – Mr. McGuires Sekretärin rechtzeitig anrufen und ihr Bescheid sagen. Und dann – wenn Sie Lust dazu haben – können Sie mich wissen lassen, wie es war, so oder so. Bis dann, guter Freund.«
Ich trank aus und ging in die Küche, um nachzusehen, was mir die Zugehfrau im Kühlschrank hinterlassen hatte.
Später, als ich das Williams-Manuskript so weit korrigiert hatte, daß meine Sekretärin es ins reine schreiben konnte, versuchte ich, Kinder des Zwielichts laut vor mich hinzusagen. Nachdem ich es einige Male gesagt hatte, stellte ich fest, daß es zum Zungenbrecher wurde. Doch erst als ich mich zum Schlafengehen fertigmachte, begann ich mir zu überlegen, was mit diesem Titel gemeint sein könnte.
Was für Menschen gab es oder hatte es gegeben, die man vernünftigerweise ›Kinder des Zwielichts‹ nennen konnte? Eine politische Bewegung? Bestimmt nicht. Man dachte dabei eher an die Angehörigen irgendeines Eingeborenenstammes im abgelegenen Regenwald am Amazonas, entdeckt von einem Anthropologen mit einer Schwäche für die aufgeblasene Journalistensprache. Vor meinem inneren Auge sah ich schon ihre Bilder im National Geographie Magazine . Gebrechliche kleine Wesen waren es, mit glatten Haaren, vor Entsetzen starren Blicken und geschmeidigen Speeren in den fest zupackenden Händen. Wenn sie mit den Speeren etwas Größeres oder Gefährlicheres als ein Meerschwein erlegen wollten, dann mußten die Spitzen mit Gift bestrichen sein.
Als ich schon am Einschlafen war, ging mir der Gedanke durch den Kopf, daß das Bild auf der Ansichtskarte aus der jüngsten Zeit stammen mußte. Diese großen Oleanderbüsche unter den Palmen neben der Auffahrt zum Hotel Mansour waren gerade erst gepflanzt worden, als ich das letzte Mal dort gewesen war.
Zweites Kapitel
N
icht viele der alten Wall-Street-Firmen haben heutzutage ihren Sitz in unmittelbarer Nähe dieser Straße. Ich fand die, der Mr. McGuire angehörte, fast acht Straßen entfernt in dem neuen Gebäude der Syncom-Sentinel, unweit der Fulton Street. Die Firma belegte zwei ganze Stockwerke und hatte es durch irgendein Wunder der Innenarchitektur und durch gewaltige Ausgaben für gefärbtes Leder verstanden, dem Ganzen einen Anstrich von europäischer Behaglichkeit zu geben.
McGuire war Anfang Fünfzig, ein dunkelhaariger, stämmiger Mann mit rosigen Wangen, buschigen Augenbrauen und einer schnabelähnlichen Oberlippe, die ihm allenfalls die Andeutung eines Lächelns gestattete. Ich hatte in den einschlägigen Büchern nachgesehen. Er war Princeton-Absolvent, hatte an der Harvard-Universität Jura studiert und dann während des Koreakrieges unter dem Chef des Militärjustizwesens im Pentagon gedient. Er war ein Funktionär in der Anwaltskammer der USA und Mitglied mehrerer Standesorganisationen, die mit Versicherungen zu tun hatten. Als Autorität in bezug auf gesetzliche Aspekte des internationalen Versicherungsgeschäfts hatte er an der Columbia-Universität Vorlesungen zu diesem Thema gehalten und war beim Verband der Anlageberater und bei der Vereinigung der Zugelassenen Lebensversicherer ein gefragter Redner. Als bevollmächtigter Vertreter (und sei es nur in geschäftsführender Funktion) eines ernst zu nehmenden italienischen Verlages schien er praktisch keinerlei Qualifikation mitzubringen, es sei denn, das geplante Buch war eine rein fachliche Abhandlung über Fragen des Versicherungsrechts.
Wenn ihm jedoch diese Tatsache bewußt war, ließ er sich dadurch nicht im geringsten beirren. Sein Selbstvertrauen schien grenzenlos. Er gab sich lässig, herzlich und gönnerhaft.
Er hatte sowohl einen Konferenztisch als auch einen Schreibtisch in seinem Büro stehen. »Man sagt mir«, begann er forsch und forderte mich dabei mit einer Handbewegung auf, an dem Tisch Platz zu nehmen, »ich müsse Ihnen dieses Pacioli-Angebot sehr behutsam unterbreiten, um Sie nicht in Ihrem beruflichen Feingefühl zu verletzen.«
»Und wer sagt Ihnen das?« fragte ich. »Mrs. Reynolds bestimmt nicht.«
»Natürlich lege
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