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Mit der Zeit

Mit der Zeit

Titel: Mit der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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nichts gehört. »Am besten sind natürlich Gegengifte.«
    »Gegengifte? Gibt es die bereits?«
    »Im geheimen, versteht sich, und sie sind noch nicht an Menschen ausprobiert worden. Sie müssen verstehen, daß Substanzen wie Sarin und Soman zusammengesetzte Chemikalien sind, etwa wie moderne Insektizide. In der Natur kommen sie nicht vor. Aber was mit Chemikalien bewirkt werden kann, kann mit anderen Chemikalien wieder rückgängig gemacht werden. Es kommt wieder nur auf das Wissen an.«
    »Ich verstehe, Eure Hoheit. Neben versiegelten Behältern und Leuten in versiegelten Anzügen, die das Gift außen von den Behältern abwaschen, braucht man zum Schutz also in erster Linie die richtigen Gegengifte und die Gewißheit, daß sie nach wie vor richtig sind, daß der Feind nicht auf noch tückischere Tröpfchen umgestiegen ist, von denen man keine Ahnung hat.«
    »Sie vergessen eines, Mr. Halliday. Bei Gegengiften muß man auch wissen, wie sie genau zu verwenden sind, in welchem Stadium und mit welchen Vorsichtsmaßnahmen man sie anwenden muß.«
    »Realistische Tests müssen gemacht werden.«
    »Das steht außer Frage. Sie können Affen nicht den Umgang mit Gegengiften beibringen.«
    Er wurde allmählich müde. Es war fast Zeit, zum Schluß zu kommen.
    »Eure Hoheit, im Rahmen Ihrer eigenen Bemühungen, hinter die Geheimnisse des zentralen Nervensystems bei Säugetieren zu kommen, haben Sie gewiß einige dieser Tests mit eigenen Augen gesehen. Wenn beispielsweise einem großen Menschenaffen ein Milligramm Sarin ins Maul gegeben wird, was genau spielt sich dann ab? Können Sie uns das sagen?«
    Mein Appetit auf einen Augenzeugenbericht beflügelte ihn. »Aber ja, Mr. Halliday, selbstverständlich kann ich Ihnen das sagen; Sie dürfen nur nicht erwarten, daß ich ausplaudere, wo mir das Vorrecht zuteil wurde, diesen Demonstrationen beizuwohnen.«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Nun denn, um das Tröpfchen ins Maul des Tieres zu spritzen, verwendet man ein Instrument, das wie einer dieser Parfümzerstäuber aussieht, die die Frauen im Westen in ihren Handtaschen mit sich führen. Allerdings ist es am Ende eines langen Stabes befestigt, und es ist natürlich auch nicht aus Gold. Das eine Milligramm wird gespritzt. Kein Ton. Einen Moment lang tut sich gar nichts. Dann scheinen sich alle Muskeln in dem Körper zusammenzuziehen, wenn sie in den Zustand verfallen, für den die Ärzte ihre eigene Bezeichnung haben. Sie sprechen nicht von einem Krampf, obwohl das meiner Meinung nach auch zutrifft.«
    »Fibrillation? Ist das der medizinische Ausdruck?«
    »Ja, ganz recht. Fibrillation. Das Tier fällt natürlich um. Gewöhnlich fängt es an, sich gleichzeitig zu erbrechen und zu koten. Dann kommen die Zuckungen, ziemlich heftig und lange. Interessant daran ist, daß die eigentliche Todesursache in den meisten Fällen eine simple Erstickung ist. Die Muskeln, die die Lungen kontrollieren, sind einfach nicht mehr funktionsfähig.«
    »Natürlich wissen Sie damit noch nicht, ob Menschen genau gleich reagieren würden oder nicht.«
    »Bisher nicht, nein.«
    »Würden Sie sagen, ein schmerzhafter Tod, Hoheit?«
    »Ein wenig schmerzhaft vielleicht schon, aber es geht sehr schnell. Nicht mal eine Minute, und alles ist vorbei.«
    »Vielen Dank, Eure Hoheit. Was Sie uns zu sagen hatten, war instruktiv und hilfreich. Ich bin sicher, daß die Zuschauer auf der ganzen Welt Ihnen dafür danken werden, daß sie Ihre Gedanken zu einigen zeitgemäßen und uns alle betreffenden Problemen des Lebens und Sterbens mit Ihnen teilen durften.«
    Ich gab Klüvers das Stoppzeichen, wartete, bis ich ihn das Wort sagen hörte, und ging dann schnell nach vorn, um den Herrscher mit Glückwünschen zu überschütten. Der Erste Sekretär war augenscheinlich beunruhigt. Das war verständlich. Der Herrscher – ebenso verständlich – war mit sich zufrieden. Die Tortur war vorüber. Er hatte überlebt. Er wurde gelobt und mit Komplimenten eingedeckt. Die Zweifel, falls er je an etwas zweifelte, würden später kommen, wenn er versuchte, sich zu erinnern, was er nun genau gesagt hatte, oder wenn der Erste Sekretär genügend Mut aufbrachte, um ihm ein paar Zitate zu liefern.
    »Wann wird es gesendet?« fragte er.
    Eine Standardfrage, auf die er eine jener ausweichenden Antworten erhielt, die ebenfalls mehr oder weniger standardisiert sind.
    »Der Film sollte innerhalb der nächsten paar Stunden entwickelt und nach New York geflogen werden, Eure Hoheit. Wie es

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