Mit dir an meiner Seite
Gedanken an eine Gefängnisstrafe wurde ihm speiübel. Und die Angst davor hatte sich noch nie so real angefühlt wie seit gestern Abend.
Bis jetzt war nichts passiert, versuchte er sich zu beruhigen. Anscheinend hatte Will seinen Namen nicht genannt. Sonst würden sich am Bower's Point schon massenhaft Bullen herumtreiben. Trotzdem war es besser, wenn er sich eine Weile im Hintergrund hielt und sozusagen unsichtbar blieb. Keine Partys in den Strandhäusern, keine Brandstiftung in Lagerhallen. Und selbstverständlich durfte er Ted und Lance gegenüber kein Wort über seine Aktion verlieren. Auch bei Blaze musste er schweigen. Die Sache würde mit der Zeit von allein in Vergessenheit geraten.
Es sei denn, Will machte den Mund auf.
Der Gedanke daran traf ihn wie ein Schlag. Bisher hatte er uneingeschränkte Macht über Will besessen, aber jetzt hatten sich ihre Rollen plötzlich vertauscht ... oder sie waren sich zumindest ebenbürtig.
Vielleicht sollte er einfach eine Weile von hier fortgehen. Nach Süden - Myrtle Beach oder Fort Lauderdale oder Miami. Bis die Hochzeitsaufregung abgeklungen war.
Aber um diesen Plan umzusetzen, brauchte er Geld. Viel Geld sogar. Und zwar bald. Das hieß, er musste ein paar Shows abziehen, mit massenhaft Zuschauern. Zum Glück fand heute das Volleyballturnier der Männer statt. Will war garantiert dabei, aber Marcus brauchte j a nicht in die Nähe des Spielfelds zu kommen.
Er würde sein Programm auf dem Pier abziehen ... im großen Stil.
Hinter ihm saß Blaze und sonnte sich, nur in Jeans und BH. Ihr T-Shirt lag zusammengeknüllt beim Feuer.
»Blaze!«, rief Marcus. »Wir brauchen heute neun Feuerbälle. Es sind viele Leute da, und wir müssen Geld verdienen.«
Sie antwortete nicht, sondern seufzte nur laut. Wie nervig! Blaze ödete ihn sowieso an - seit ihre Mom sie rausgeschmissen hatte, war sie nur noch mies drauf. Aber wenigstens erhob sie sich und nahm die Flasche mit Feuerzeugbenzin. Gut. Sie war noch bereit, für ihren Unterhalt zu arbeiten.
Neun Feuerbälle. Natürlich nicht alle gleichzeitig. Unter normalen Bedingungen nahmen sie sechs pro Show. Aber wenn sie an verschiedenen Stellen noch einen Ball hinzufügten und dadurch einen spektakulären Überraschungseffekt einbauten, machten sie vielleicht mehr Kohle.
In zwei Tagen konnte er dann in Florida sein. Allein. Ohne Teddy, Lance und Blaze - die drei würde er eine Zeit lang ihrem Schicksal überlassen. Dagegen gab es nichts einzuwenden. Er hatte sowieso die Schnauze voll von ihnen.
Weil er in Gedanken schon seine Reise plante, merkte er nicht, dass Blaze direkt über dem T-Shirt, das sie später bei dem Auftritt tragen würde, mehrere Stoffbälle mit Feuerzeugbenzin tränkte.
Kapitel 28
Will
Die erste Runde zu gewinnen war verblüffend leicht gewesen. Sie waren kaum ins Schwitzen geraten. Runde zwei lief sogar noch besser. Ihre Gegner holten nur einen einzigen Punkt. Dann mussten sie allerdings ran - in der dritten Runde waren sie richtig gefordert. Beim Verlassen des Spielfelds dachte Will, dass das Team, das sie gerade geschlagen hatten, viel besser gewesen war, als das Resultat vermuten ließ.
Um zwei Uhr nachmittags begann das Viertelfinale. Das Endspiel war für sechs Uhr angesetzt. Will legte die Hände auf die Knie und wartete auf den Aufschlag der gegnerischen Mannschaft. Plötzlich wusste er: Das war sein Spiel. Obwohl sie schon bald fünf zu zwei zurücklagen, machte er sich keine Sorgen. Er war gut, er war schnell, und der Ball landete jedes Mal genau da, wo er es geplant hatte. Er fühlte sich unbesiegbar.
Der Ball kam mit viel Topspin übers Netz, Will ahnte die Richtung voraus und erwischte ihn genau. Scott eilte in der richtigen Sekunde herbei, sprang hoch und preschte den Ball quer über das Spielfeld. Sie gewannen die nächsten sechs Punkte in Folge, ehe das andere Team ihnen den Aufschlag abnahm. Als er sich positionierte, suchte er die Zuschauer blitzschnell nach Ronnie ab. Sie saß auf der Tribüne, genau auf der anderen Seite als seine Eltern und Megan - vermutlich eine gute Idee.
Er war sauer auf sich, weil er seiner Mutter nicht die Wahrheit über Marcus gesagt hatte. Aber was hätte er tun sollen? Wenn seine Mutter erfuhr, wer der Täter war, konnte nichts mehr sie bremsen. Und das würde zu Racheaktionen führen. Im Fall einer Verhaftung würde Marcus bestimmt versuchen, seine Strafe herunterzuhandeln, indem er »nützliche Informationen« über ein anderes, schlimmeres
Weitere Kostenlose Bücher