Mit dir an meiner Seite
Krankenhaus gebracht worden. Doch Tom hatte seine Gefühle im Griff, und dafür war Ronnie ihm dankbar. Wenn er einen schärferen Ton angeschlagen hätte, wäre sie auf der Stelle in Tränen ausgebrochen.
»Soll ich dich nach Hause fahren? Draußen herrscht ziemliches Chaos, deshalb hätte dein Vater sicher Schwierigkeiten, bis zum Haus zu kommen.«
Ronnie nickte. »Vielen Dank, das wäre nett.« Sie strich ihr Kleid glatt und erhob sich. Hoffentlich schaffte sie die ganze Strecke, ohne sich zu übergeben. »Würden Sie bitte Will ausrichten, dass ich mich verabschiedet habe? Und dass ich ihn nicht mehr sehen werde?«
»Ja, kann ich machen«, erwiderte Tom mit neutraler Stimme.
Sie musste sich nicht übergeben, und sie weinte auch nicht, aber sie brachte während der Fahrt kein Wort über die Lippen, obwohl ihr der Weg endlos lang erschien. Tom schwieg ebenfalls.
Im Bungalow war alles still, als sie eintrat, nirgends brannte Licht, und sowohl ihr Vater als auch Jonah schienen tief zu schlafen. Vom Flur aus hörte sie die Atemzüge ihres Vaters, er keuchte etwas, als hätte er einen langen, anstrengenden Tag hinter sich. Und als Ronnie unter ihre Bettdecke kroch und endlich weinen durfte, dachte sie verzweifelt, dass kein Tag länger und anstrengender gewesen sein konnte als der, den sie gerade hinter sich hatte.
Ihre Augen waren immer noch rot und verquollen, als jemand sie wach rüttelte. Sie hatte Mühe, sich zu orientieren. Doch dann sah sie, dass Jonah auf ihrer Bettkante saß.
»Du musst aufstehen.«
Die Bilder des vergangenen Abends stürmten sofort wieder auf sie ein, im Kopf hörte sie Susans Stimme, und schon wurde ihr hundeelend.
»Ich will nicht aufstehen.«
»Du musst aber. Es ist jemand da.« »Will?«
»Nein, jemand anders.«
»Frag Dad, ob er sich darum kümmern kann«, brummte sie und zog sich die Decke über den Kopf.
»Das würde ich gern tun, aber er schläft ganz fest, und außerdem hat sie nach dir gefragt.«
»Wer - sie?«
»Keine Ahnung. Sie wartet draußen. Und sie sieht toll aus.«
Schnell zog Ronnie ihre Jeans und ein Shirt über und trat hinaus auf die Veranda. Mit der Person, die vor ihr stand, hatte sie überhaupt nicht gerechnet.
»Du siehst furchtbar aus«, sagte Megan ohne jede Einleitung.
Sie trug Shorts und ein Tanktop. Jonah hatte absolut recht: Aus der Nähe war Megan sogar noch hübscher als gestern bei der Hochzeit. Und sie strahlte ein so wunderbares Selbstvertrauen aus, dass sich Ronnie gleich ein paar Jahre jünger fühlte.
»Es tut mir wahnsinnig leid, dass ich dir die Hochzeit verdorben habe ...«, stammelte sie.
Megan hob die Hand. »Du hast die Hochzeit nicht verdorben«, erwiderte sie mit einem fröhlichen Lächeln. »Du hast dafür gesorgt, dass die Feier ... unvergesslich sein wird.«
Bei dieser Antwort stiegen Ronnie Tränen in die Augen. »Weine nicht«, tröstete Megan sie sanft. »Ich mache dir keine Vorwürfe. Wenn jemanden die Schuld trifft, dann ist es Marcus.«
Ronnie war sprachlos.
»Ja, ich weiß, was passiert ist. Will und ich haben lange miteinander gesprochen, nachdem meine Mom endlich fertig war mit ihrer Moralpredigt. Ich glaube, ich weiß jetzt ziemlich genau Bescheid. Also, wie gesagt, ich mache dir keine Vorwürfe. Marcus ist verrückt und unberechenbar. Das war er schon immer.«
Ronnie schluckte. Megan war so unglaublich nett und verständnisvoll, aber trotzdem - oder vielleicht gerade deswegen - wurden ihre Schuldgefühle nur noch größer.
»Ähm ... wenn du nicht hier bist, um mich fertigzumachen, weshalb bist du dann gekommen?«, fragte sie.
»Teilweise, weil ich mit Will geredet habe. Aber der Hauptgrund ist, dass ich dich etwas fragen will. Und ich möchte, dass du mir die Wahrheit sagst.«
Ronnies Magen krampfte sich zusammen. »Was willst du wissen?«
»Ich möchte wissen, ob du meinen Bruder liebst.«
Ronnie war sich nicht ganz sicher, ob sie Megan richtig verstanden hatte, aber als sie ihren prüfenden Blick sah, gab es keinen Zweifel mehr. Was hatte sie zu verlieren? Ihre Beziehung zu Will war zu Ende. Die räumliche Entfernung würde dafür sorgen. Wenn Susan nicht sowieso schon ihr Ziel erreicht hatte. Also konnte Ronnie auch ehrlich sein.
»Ja, ich liebe ihn.«
»Es ist kein Sommerflirt?«
Nun schüttelte sie heftig den Kopf. »Will und ich ...«
Sie verstummte, traute sich nicht weiterzusprechen, weil Worte ihr so ungenügend erschienen.
Megan lächelte. »Okay«, sagte sie. »Ich glaube
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