Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition)
definitiv keine Kinder.‹ Ich habe nur gesagt: ›Was, wenn nicht?‹«
»Aber ich dachte immer, dass du welche möchtest. Schätze, ich habe mich irgendwann mal als Vater gesehen. Willst du keine Mutter sein?«
»Vielleicht schon. Vielleicht auch nicht. Wie kommst du überhaupt ausgerechnet jetzt auf das Thema? Steht doch noch gar nicht zur Debatte, oder? Ich meine, wir sind … noch grün hinter den Ohren.«
»Du bist zweiundzwanzig. Ich bin vierundzwanzig.«
»Danke für die Belehrung. Das war nur so eine Redensart.«
»›Grün hinter den Ohren‹ ist keine Redensart.«
»Können wir das bitte ein anderes Mal weiter erörtern?«
*
Sie stand auf und schüttelte das Gras ab. Als sie über ihr Haar strich, entdeckte sie einige Grashalme in ihrem Pony. Tatsächlich war ihr Haar zum ersten Mal wieder so lang nachgewachsen, dass sie es mit einem Gummiband im Nacken zusammenbinden konnte. Das erste Mal, seit er es ihr geschnitten hatte. Allerdings hatte sie zugegebenermaßen zehn und weitere 15 Minuten gebraucht, um es mit Klammern Strähne für Strähne zu bändigen. Mittlerweile war das Haargummi jedoch nach hinten gerutscht, und eine Strähne nach der anderen löste sich, bis das Band schließlich ins Gras fiel. Ihr Haar stand ihr jetzt wirr und in alle Richtungen vom Kopf ab.
Ich hasse dich.
Wen?
Keine Ahnung. Ich hasse dich einfach.
*
»Hey, Babe, wir sollten los. Sonst kommen wir wirklich zu spät … Babe? Babe? Bist du da drin? … Verdammt, was ist mit deinen Haaren los? Was hast du getan?«
»Nichts. Gar nichts. Mein Haar hat nicht gesessen. Ich wollte nur eine anständige Frisur hinkriegen.«
»Aber deine schönen Haare! Warum hast du das gemacht?«
»Tut mir leid. Ich wollte das eigentlich gar nicht. Wollte nur … Musste einfach was unternehmen … Aber jetzt! Schau es dir an!«
»Keine Sorge. Ich kriege das hin.«
»Meinst du wirklich, dass du das kannst?«
»Klar kann ich das. Ich biege das schon hin. Komm, gib mir die Schere. Ich mach das für dich. Ich liebe dich, okay?«
*
Sie weinte nicht mehr. Ihre trockenen Augen brannten. Ihre Beine fühlten sich in den Jeans schweißnass an. Was sollte sie noch hier? Ihr blieb nichts anderes übrig, als wieder nach Hause zu gehen. Sie war sich nicht einmal mehr sicher, was sie ursprünglich hierhergetrieben hatte. Hierher zu seiner alten Schule. Als sie sich auf den Weg machte, merkte sie, dass sie barfuß war. Wann habe ich meine Schuhe ausgezogen? Oder habe ich gar keine Schuhe angezogen, als ich aus der Wohnung bin? Das Gras allerdings fühlte sich herrlich kühl unter ihren nackten Fußsohlen an. Sie machte sich auf den Heimweg und konzentrierte sich auf das Gefühl der weichen Grashalme zwischen ihren Zehen.
Sie hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben und hielt den Blick gesenkt, bis sie fast zu Hause war. Dann sah sie es. Eine kleine dunkle Form am Straßenrand, nahe dem Eingang ihres Apartmentblocks. Es war ihr Welpe, zusammengerollt im Rinnstein. Blutüberströmt. Er musste unter ein Auto geraten sein.
Verantwortungsloser kleiner Bastard. Hat den armen Hund einfach ausgesetzt und ihn sich selbst überlassen.
Es war einfacher, dem Teenager auf der anderen Straßenseite anstatt sich selbst die Schuld zu geben. Leichter, nicht daran zu denken, wie lächerlich ihr Verhalten gewesen war, einfach wahllos an einer Haustür zu klopfen, den Hund zu übergeben und zu erwarten, dass man sich um ihn kümmerte.
Es ist immer einfacher, anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben.
Wie er .
Sie zog ihr Shirt aus, wickelte es um den kleinen Welpenkörper und versuchte dabei die klebrigen, matten Fellbüschel zu ignorieren. Um die Ecke des Wohnblocks befand sich eine 24-Stunden-Notfallklinik. Sie hatte keine Ahnung, wo die nächste Tierarztpraxis war, denn sie hatte hier in Sydney nie zuvor ein Haustier gehabt. Zu Hause auf der Farm war das natürlich etwas anderes gewesen, aber hier … Sie ging schnell in Richtung Klinik, das Bündel mit dem Welpen fest an sich gepresst, und fühlte keine Schuld. Sie fühlte überhaupt nichts.
*
»Bin schon fast fertig.«
»Okay.«
»Wollte dir nur Bescheid sagen.«
»In Ordnung.«
»Das war’s eigentlich schon.«
»Okay.«
»Dann sehe ich dich bald.«
»Yep.«
»Okay … Bye!«
»Bye!«
*
Aber sie hatte ihn nicht »bald« gesehen. Sie hatte ihn nie wiedergesehen. Und ihr letztes Telefongespräch war so banal gewesen. So … nichtssagend. Ihre Stimme kurz angebunden und gereizt – sie
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