Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition)
jetzt wenden Sie sich bitte der großen Leinwand zu meiner Rechten zu. Das Projekt steckt zwar noch in den Kinderschuhen … aber, Andy, das hier ist für dich!«
Auf dem riesigen Bildschirm erschienen ein Bild und die Aufschrift: »GameTechs neuestes Projekt! Wird voraussichtlich im Laufe dieses Jahres auf den Markt kommen … ›Andys Street-Fußball-Match‹.« Es folgten einige Szenen aus dem Spiel. Der Protagonist hatte braunes, leicht gewelltes Haar und trug eine Baseballkappe, die Evelyn an Andys Lieblingsmütze erinnerte, die er fast immer getragen hatte. Auch die Gegend, durch die die Hauptfigur die Zuschauer führte, kam ihr reichlich bekannt vor. Auf dem Weg wurden die Menschen auf der Straße zu akrobatischen Einlagen mit einem Fußball und zu einem Spiel animiert. Anschließend zog die Hauptfigur die Begabtesten unter ihnen mit sich, bis genug Spieler für ein Fußballmatch in einem Park zusammengekommen waren. Evelyn fiel auf, dass zahlreiche computeranimierte Personen vertraute Züge hatten und damit auf die eine oder andere Weise an Andys Freunde erinnerten.
Sie schnappte hörbar nach Luft und stieß Violet mit dem Ellbogen an. »Schau doch! Ich glaube, die dort könnte ich sein!«
Auf dem Bildschirm war eine weibliche Person mittleren Alters mit kastanienbraunem Haar und einer cremefarbenen Strickjacke aufgetaucht, die wie eines ihrer Kleidungsstücke aussah.
»Stimmt. Und die da drüben muss Belinda sein.«
Evelyn erfasste eine Welle von Schuldgefühlen, als ihr Blick zu der zierlichen dunkelhaarigen Mädchenfigur schweifte. »Mein Gott, sie war wirklich sehr wichtig für ihn. Ich versuche noch mal, sie zu erreichen.«
»Lass es, Ev! Das ist keine gute Idee. Du hast getrunken. Außerdem ist es schon spät. Ich finde, für dieseArt Gespräch solltest du nüchtern sein.« Violet versuchte, ihr das Handy aus der Hand zu nehmen.
»Nein, mir geht’s gut. Nur ein letzter Versuch.« Sie stieß Violets Hand zur Seite, wandte sich ab und steuerte auf eine ruhige Ecke im Saal zu.
Das Rufzeichen ertönte einmal, zweimal, dreimal, und schließlich ertönte eine Stimme:
»Hallo?«
»Du meine Güte, ich dachte schon, ich erreiche dich nie! Belinda, meine Liebe, ich bin’s. Ev!«
Am anderen Ende blieb es lange still. Evelyn wurde nervös. Hm, vielleicht war das etwas zu vertraulich . Sie konnte sich nicht erinnern, in Gegenwart von Belinda je ihren Kurznamen »Ev« benutzt zu haben. »Ev« war allein der engsten Familie vorbehalten. Vielleicht hatte sie doch etwas zu viel getrunken. Dennoch fuhr sie fort: »Entschuldige, dass ich so spät anrufe, aber ich versuche schon den ganzen Tag über, dich zu erreichen. Ich habe mich schrecklich gefühlt – ich muss dir unbedingt etwas sagen.«
»Ach wirklich?«, erwiderte Belinda gedehnt am anderen Ende. Es klang, als rede eine Ärztin mit einem geistesgestörten Patienten.
»Ich habe mit Fallschirmspringen angefangen, musst du wissen. Und heute hatte ich einen kleinen Unfall. Das heißt, ich wäre fast ums Leben gekommen. Durch eigenes Verschulden. Dabei ist mir kurz vor der Landung etwas klar geworden. Ich bin dir gegenüber nicht fair gewesen. Die ganz Zeit über habe ich dir die Schuld gegeben für … also eigentlich für alles. Jetzt weiß ich, dass das idiotisch war. Ich muss nicht mehr wütend sein!« Evelyn hielt inne, und als es am anderen Ende still blieb, fuhr sie hastig fort: »Es soll alles anders werden. Ich mache es wieder gut. Was ich dir angetan habe, meine ich. Es würde die Sache natürlich beschleunigen, wenn du mir verzeihen könntest. Diese Schuldgefühle sind wahrhaftig kein Zuckerschlecken. Ist ein verdammt unangenehmes Gefühl.«
»Also für mich ergibt das irgendwie keinen Sinn. Wovon reden Sie? Von Skydiving? Und dabei sind Sie beinahe ums Leben gekommen? Mrs McGavin, haben Sie vielleicht getrunken?« Die Stimme am anderen Ende klang vorwurfsvoll.
»Nur ein bisschen. Aber das tut jetzt nichts zur Sache. Also sag schon! Kannst du mir verzeihen? Ich sorge inzwischen dafür, dass du eine Kopie von Andys Preis für dieses GameTech-Fußball-Dingsda bekommst.«
»Okay. Aber darum geht es mir gar nicht. Vermutlich rufen Sie von der Preisverleihung aus an und hatten ein paar Gläser Champagner zu viel. Mrs McGavin, ich habe einen langenTag hinter mir und bin todmüde. Ihr Anruf kommt für mich etwas überraschend. Aber wenn Sie’s unbedingt hören wollen … Okay, ich verzeihe Ihnen. Wie ich Sie kenne, fürchte ich allerdings, dass
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