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Mit dir ins große Glueck

Mit dir ins große Glueck

Titel: Mit dir ins große Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Buchholz
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acht Uhr vorbei, da betrat Melanie Saur das Wohnzimmer. Sie lächelte müde und zog ihre Kostümjacke aus. "Ich will doch keine Pizza mehr. Nicht böse sein, Micky", sagte sie nach kurzer Begrüßung. "Ich hatte von heute morgen ein Brot mitgenommen, das ich vorhin erst gegessen habe. Braucht ihr beiden noch irgendetwas?"
       Silke erhob sich und streckte sich, weil ihr die Beine eingeschlafen waren. "Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass ich nach Hause komme. Mein Vater kann sehr sauer werden, wenn ich die Zeit nicht einhalte."
       "Dann los, Mädchen. Ich bringe dich bis zu eurer Haustür." Melanie begleitete die Freundin ihrer Tochter nach draußen, und Micky blieb allein zurück.
       Seufzend lehnte sich die Neunjährige auf dem Sofa zurück und legte die Beine auf den Tisch. Jetzt, da sie allein war, fühlte sie die Stille im Haus besonders deutlich. Erschrocken machte Michaela den Fernseher lauter. Es half ein bisschen gegen die Einsamkeit. Dann nahm sie eine Illustrierte zur Hand, die die Mutter schon seit Jahren abonniert hatte. 'Deine Freundin' hieß sie, und sie brachte regelmäßig interessante Artikel, die sogar eine Neunjährige schon interessierten. Micky versuchte ein wenig zu lesen, und gerade, als sie eine gute Geschichte gefunden hatte, läutete das Telefon.
       "Silke?" Micky hatte den Hörer aufgenommen und lauschte jetzt auf die Antwort, überzeugt davon, dass die Freundin bereits zu Hause angekommen war und ihr noch kurz gute Nacht sagen wollte.
       "Bist du es, Micky?" Eine raue Männerstimme drang an Michaelas Ohr. "Ist deine Mutter zu Hause? Ich muss dringend mit ihr reden."
       "Mami? Ich... nein, sie ist nicht da. Und ich weiß auch nicht, wann sie heimkommt." Sofort hatte Micky die Stimme ihres Vaters erkannt. Wie ein Blitz fuhr ihr der Schreck durch die Glieder. "Lass uns in Ruhe, Vati", schrie sie fast. "Du machst immer alles kaputt."
       "Bist du verrückt geworden, Michaela? Was erlaubst du dir, so mit mir zu reden. Ich bin immer noch dein Vater."
       "Lass uns in Ruhe. Bitte, lass uns endlich zufrieden. Die Mami weint jede Nacht, und ich glaube, sie hat auch Angst vor dir. Warum kannst du nicht so sein wie andere Väter?" Michaela wusste selbst nicht, woher sie den Mut, so mit dem Mann zu reden, der ihr das Leben lange Zeit zur Hölle gemacht hatte.
       "Lass den Quatsch, Mädchen, und sag deiner Mutter, dass ich angerufen habe. Sie soll sich sofort melden, wenn sie heimkommt."
       "Gar nichts werde ich ihr sagen", schrie Michaela und knallte den Hörer auf die Gabel zurück. Ihr magerer Körper wurde von heftigem Schluchzen geschüttelt. Dann fiel ihr ein, dass die Mutter bald nach Hause zurückkehren würde, und unter keinen Umständen wollte sie ihr erzählen, dass der Vater angerufen hatte.
       Hastig wischte sich Michaela das Gesicht ab und griff wieder nach ihrer Illustrierten. Gedankenverloren blätterte sie darin, ohne irgendetwas wahrzunehmen.
       Dann jedoch schlug sie eine Seite auf, die ihr plötzlich wie ein Hoffnungsschimmer erschien: 'Tante Friedas Kummerkasten.' Ob sie auch einmal...? Mickys Tränen versiegten. Hastig überflog sie die einzelnen Fragen der Leser und die doch recht gefühlvollen Antworten.
       Das war es! Es gab doch noch einen Menschen auf dieser ganzen Welt, der ihr vielleicht helfen konnte, den sie zumindest um Rat fragen durfte: Tante Frieda. Micky warf die Zeitung aufs Sofa und lief nach oben in ihr Zimmer. Aus der Schreibtischschublade holte sie Papier und ihren Schulfüller und begann zu schreiben. 'Liebe Tante Frieda...'
     
    * * *
     
       Der Brief, den der Redakteur Gary Wollbach an diesem Morgen bekam, sah aus wie all die anderen auch. Nur die Anschrift deutete darauf hin, dass der Schreiber noch ziemlich jung sein musste. Wahrscheinlich war dies auch der Grund dafür, dass Gary gerade ihn als ersten öffnete.
       Ein seltsames Gefühl beschlich den Mann beim Lesen der wenigen Zeilen, die zwar nicht viel erzählten und doch ein Meer von Tränen und Verzweiflung preisgaben. "Um Himmels willen", entfuhr es dem Mann, "was soll das denn? Das klingt ja fast, als wäre es aus einem alten Spielfilm abgeschrieben."
       Er versuchte, den Poststempel zu entziffern. "Mühlheim", erkannte er schließlich, also kaum drei Kilometer von seinem eigenen Wohnort entfernt. Sollte wirklich jemand wagen, sich aus dieser geringen Entfernung einen schlechten Scherz mit ihm zu erlauben? Eigentlich glaubte er es nicht. Dazu klang der

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