Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)
– und lasse das Auto sanft in die Lücke gleiten.
Wissen für Nichtjuristen
Das Blockieren von Parklücken
durch Fußgänger ist nicht nur
ärgerlich, sondern eine Ordnungs-
widrigkeit. (§ 12 StVO)
»Huiuiui«, sagt der Prüfer, »beim Einparken sind Sie aber zügig unterwegs – ein wenig zu zügig für meinen Geschmack.«
Ich will brüllen: »Jetzt entscheide dich mal! Zügig oder nicht?«
Aber der Prüfer sagt: »Sehr gut eingeparkt.«
Also brülle ich nicht.
Puls: 132.
Wir kommen zum seitlichen Rückwärtseinparken. Auch das gehe ich selbstbewusst an – schließlich glaube ich, dass meine Frau mich auch deshalb geheiratet hat, weil ich ihr immer wieder damit imponiere, in welche Parklücken ich das Auto rückwärts hineinzupressen vermag.
Ich habe jedoch nicht mit der Versagensangst-Versagen-Spirale gerechnet.
Ich versuche es – und versage.
Ich attackiere den Randstein, wie Sebastian Vettel die Randsteine beim Großen Preis von Monaco attackiert.
Ich versuche es nochmals – und versage wieder.
Diesmal wie Michael Schumacher beim Grand Prix von Jerez 1997.
Natürlich weiß ich, dass der Prüfer »zügig vorankommen« will, weshalb ich nun wirklich nervös werde.
Ich versuche es erneut – und versage.
Diesmal wie Romain Grosjean bei jedem Rennen.
»Sorry, das klappt nicht, ich bin zu nervös!«
Der Fahrlehrer runzelt die Stirn, dann beordert er mich zum Marktplatz.
Vor dem Marktplatz ist ein Schild angebracht, auf dem spielende Kinder zu sehen sind. Ich weiß also, dass ich langsam fahren muss. Ich lege den zweiten Gang ein, löse die Kupplung und nehme den Fuß vom Gas. Ich will langsam fahren – aber nicht zu langsam, wir wollen ja schließlich zügig vorankommen.
Johannes blickt besorgt, der Prüfer sagt: »Und schon sind Sie wieder durchgefallen!«
Ich sage: »Aber ich fahre doch langsam! Und hier auf dem Marktplatz ist überhaupt nichts los!«
»Die Regel besagt: erster Gang, kein Gas – dann fahren Sie Schrittgeschwindigkeit, die hier vorgeschrieben ist.«
Ich merke: Eine Diskussion mit dem Prüfer ist so sinnvoll wie der Versuch von Christian Ulmen, eine Show zu machen, die auch viele Leute sehen wollen.
Ich fahre langsam vom Marktplatz in Richtung Fahrschule, als Johannes und der Prüfer zu lachen beginnen. Als ich Johannes fragend ansehe, sagt er: »Wäre ein Auto gekommen, wärst du schon wieder durchgefallen!«
»Das verstehe ich nicht! Hier gilt doch rechts vor links!«
»Nein. Du kommst aus einer Spielstraße. Die andere Straße gehört zu einer Tempo-30-Zone, also hat das Auto, das aus dieser Straße kommt, eindeutig Vorfahrt.«
Ich bin bereits 100 Mal an dieser Kreuzung vorbeigefahren und habe niemals aufgepasst – was, wenn ein kleines Mädchen mit dem Fahrrad angerauscht gekommen wäre in der Gewissheit, Vorfahrt zu haben? Nicht dran denken!
»Sie sind nicht schlecht gefahren, Herr Schmieder, das war schon in Ordnung«, sagt der Prüfer bei der Ankunft. »Sie sind drei Mal durchgefallen und haben kleinere Fehler gemacht, die Sie am Ende wohl noch weitere drei Mal hätten durchfallen lassen.«
»Ich bin sechs Mal durchgefallen?«
»Ja – aber da gibt es deutlich schlimmere Kandidaten als Sie! Die meisten Ihrer Fehler waren keine bösen Fehler und haben auch niemanden gefährdet. Ich denke, dass Sie die Prüfung bestanden hätten, wenn Sie vorher zwei oder drei Fahrstunden zur Auffrischung gehabt hätten.«
Ich denke mir: Warum braucht jedes Auto Ölwechsel und frische Reifen? Warum braucht in Deutschland kein Mensch eine Auffrischung seiner Kenntnisse im Straßenverkehr?
Warum sind Bilanzen von Autofirmen wichtiger als unsere Sicherheit?
Erst mal nicht darüber nachdenken, denn es wartet die Theorieprüfung.
Vor der habe ich Angst, weil es die einzige Prüfung ist, durch die ich jemals in meinem Leben geflogen bin. Es war für mich das, was für George W. Bush der Irakkrieg war: Sosehr ich mich mühte, sosehr ich es mir wünschte, dass es klappt – es sollte einfach nicht sein.
»Was soll’s«, denke ich mir, »ein paar technische Fehlerchen kannst du dir leisten! Solange du bei den Fragen richtig antwortest, auf die es im Straßenverkehr ankommt, ist alles in Ordnung. Nur keine Angst haben. Und im Notfall immer den schlimmsten Fall ankreuzen!«
Ich bekomme den Bogen und beantworte die ersten drei Fragen innerhalb weniger Sekunden. Zwei Mal bin ich mir sicher, dass ich recht habe – und bei der dritten Frage gibt es drei schlimme Antworten, also
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