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Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Titel: Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Schmieder
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habe ich nicht gewusst.
    »Es ist das einzige Verkehrsschild, das bei der Wiedervereinigung übernommen wurde, deshalb sagte ich auch: ›Jetzt fahren wir mal ostdeutsch!‹«
    Wieder lachen Johannes und der Prüfer.
    Ich lache nicht, weil ich weiß, dass es reines Glück war, dass ich nicht durchgefallen bin.
    Der Prüfer klärt mich auf: »Ich sehe, dass Sie Ihren Führerschein im Jahr 1998 gemacht haben, deshalb sollten Sie durchaus über diese Regelung informiert sein. Menschen, die ihre Prüfung vor der Einheit in Westdeutschland abgelegt haben, sind meistens in Unkenntnis – mit fatalen Folgen. Schuld ist der Fahrer, weil er über die veränderte Verkehrsordnung Bescheid wissen muss. Es ist seine Pflicht, sich über Veränderungen zu informieren – aber es kontrolliert ja keiner.«
    Ich frage: »Wie viele Menschen bilden sich fort, wenn es um den Straßenverkehr geht?«
    Der Prüfer lacht: »Ich glaube, dass die Leute, die sich tatsächlich vorbildlich informieren, in dieses Auto hineinpassen würden.«
    Wir sitzen in einem Golf mit fünf Sitzplätzen.
    Ich frage: »Ist das nicht gefährlich?«
    Johannes und der Prüfer antworten fast gleichzeitig: »Brandgefährlich!«
    Es gibt noch eine Regelung, die anscheinend kaum einem Menschen bewusst ist und die auch mit dem grünen Pfeil zu tun hat. Manchmal ist auf der anderen Straßenseite ein Schild mit einem Fahrrad zu sehen oder eine gelb blinkende Leuchte mit einem Fahrrad. Das bedeutet: Fahrräder haben Vorfahrt – und sie dürfen auch dann über die Straße fahren, wenn die Fußgängerampel Rot zeigt. Das verstehen viele Autofahrer nicht – wie auch? Das verstehen nur Menschen, die auch James Joyce verstehen.
    Ihre Ampel ist grün, die Fußgängerampel rot, vielleicht gibt es ein gelb blinkendes Signal. Wenn Sie von all diesen Zeichen nicht verrückt geworden sind, gibt es noch ein paar Hinweisschilder.
    Zu bestaunen ist das zum Beispiel in München an der Kreuzung von Mittlerem Ring und Berg-am-Laim-Straße. Wann immer ich dort vorbeikomme – etwa 400 Mal pro Jahr –, wird ein Fahrradfahrer beinahe über den Haufen gefahren.
    Warum wird ein Auto alle zwei Jahre getestet, ob es noch tauglich für den Straßenverkehr ist? Warum wird nicht auch ein Mensch alle zwei Jahre getestet?
    Ich kann nicht zu lange nachdenken, denn ich werde aufgefordert: »Bei der nächsten Gelegenheit wollen wir links abbiegen!«
    Die Straße, die nach links führt, ist eine Sackgasse, die nach 50 Metern endet – das deutet zumindest das Schild an. Ich wittere, dass das eine Falle sein könnte, denn was wollen wir denn in einer Sackgasse außer umdrehen und wieder herausfahren? Ich fahre an der Sackgasse vorbei. An der Kreuzung biege ich links ab.
    »Das war eine richtige Möglichkeit«, sagt der Prüfer, »eine andere wäre gewesen: Sie fragen, ob wir wirklich die Sackgasse gemeint haben.«
    Fragen? Ist der Mann betrunken? Welcher Prüfling fragt denn während des Tests: »Du, Herr Prüfer, ist das dein Ernst mit der Sackgasse?«
    (Un-)Wichtiges Wissen
    Ein Teilnehmer darf den Verkehr
nicht durch unangemessen lang-
sames Fahren behindern.
(§ 3, Abs. 2 StVO)
    Wir fahren ein wenig durch die Stadt, die kleineren Fehler häufen sich – ich sehe ein Mal nicht in den Rückspiegel und vergesse zu blinken. Als ich zum vierten Mal langsam an einen Zebrastreifen heranfahre, sagt der Prüfer: »Herr Schmieder, wir sind natürlich nicht auf der Flucht – aber wir wollen schon immer noch zügig vorankommen.« Er klärt mich auf, dass es zwar richtig sei, vorsichtig zu sein, aber sinnlos, den Verkehr dadurch aufzuhalten, langsam an einen Zebrastreifen heranzufahren, den eindeutig niemand benutzen möchte.
    Schließlich kann auch zu langsames Fahren bestraft werden.
    Wir fahren auf der Autobahn zurück in die andere Stadt – natürlich verbunden mit dem Hinweis des Prüfers, dass die Straße mittlerweile keineswegs mehr nass sei und wir »doch zügig vorankommen« wollen. Dann werde ich auf den Parkplatz eines Supermarkts gelotst und aufgefordert, möglichst nah am Eingang zu parken.
    Wussten Sie, dass man nicht über die Parkplatzmarkierungen fahren darf? Nein? Ich auch nicht! Ich mache es nur deshalb nicht, weil ich befürchte, dass es so sein könnte. Wäre es keine Prüfung, würde ich glatt drüberfahren.
    »Bitte vorwärts in die Lücke einparken«, sagt Johannes.
    Ich bin zuversichtlich, denn vorwärts einparken kann ich. Das konnte ich schon damals mit dem Dreirad. Ich gucke, blinke

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