Mit einem Bein im Modelbusiness
nur ein. Auf jeden Fall wurde ich von Paula, der Chefbookerin, persönlich begrüßt, was sonst nie vorkam.
» Eddie hat mich angerufen und in den höchsten Tönen von dir geschwärmt.«
» Ach, echt?«, tat ich überrascht. » Is’ ja ’n Ding! Vielen Dank!«
» Danke nicht mir. Danke ihm!«
» Mach ich. Mach ich.«
» Und er bietet dir ein Apartment für einen Monat an.«
» Echt jetzt? Wow! Aber ist das nicht eigenartig?«, schauspielerte ich.
» Ich weiß, was du denkst«, sagte Paula ruhig. » Bei Eddie musst du dir aber keine Sorgen machen. Ich kenne ihn schon viele, viele Jahre. Er ist ein echter Schatz.«
» Wenn du das sagst, Paula.«
Ich grinste über beide Ohren. Mit meinem neuen Casting-Sheet im Gepäck machte ich mich mit den anderen Models dann wieder auf den Weg ins Glück. Eddie war also tatsächlich kein Schwätzer, sondern stand zu seinem Wort – ein echter Gentleman. Ich schien auf der richtigen Spur zu fahren.
Meine Gage für das Editorial betrug 400 Euro. Das war cool, denn von der Kohle konnte ich schon mal die Miete für das Apartment finanzieren. Mir fiel die erste große Last von den Schultern, denn selbst wenn jetzt keine neuen Jobs mehr dazukommen sollten, sagte ich mir, war wenigstens der Aufenthalt in Mailand bezahlt. Dann hängst du eben mit den Jungs ab, lernst neue Leute kennen, trinkst ein paar Bierchen im Park und hast eine geile Zeit. Doch es sollte, wie so oft, ganz anders kommen.
Armani will dich sehen!
Mein erster Monat in Mailand neigte sich langsam, aber sicher dem Ende zu. Ich hatte die Fashion-Castings hinter mich gebracht und war bester Dinge, denn die Jobs purzelten nur so vor meine Füße.
In der WG war es ruhig. Ich kam gerade von einem Shooting zurück und warf einen flüchtigen Blick in die offenen Zimmer, aber außer Jonathan, der auf der Couch chillte und gelangweilt im Internet surfte, waren alle ausgeflogen.
» Yo, Johnny, alles klar?«, rief ich ihm aus dem Flur zu, ohne eine Antwort abzuwarten. Es waren knapp 30 Grad um die Mittagszeit, und ich hoffte sehnsüchtig, dass die Jungs mir noch ein kaltes Bier übrig gelassen hatten, doch im Kühlschrank herrschte gähnende Leere. Ich überlegte kurz, runter zum Supermarkt zu gehen. Dann war ich aber doch zu faul und begnügte mich mit einer Coke Light. Anschließend machte ich es mir in meinem Bett gemütlich. Ein schöner, erholsamer Mittagsschlaf war jetzt genau das Richtige, dachte ich zufrieden. Es gab sowieso keinen Grund für ein schlechtes Gewissen, denn für den morgigen Tag hatte mir die Agentur bereits einen Katalogjob organisiert, der sogar recht anständig bezahlt wurde. Außerdem bin ich ein Model, und wie jeder weiß, benötigen Models einen ausführlichen Schönheitsschlaf.
Es dauerte nicht lange, und der Klingelton meines Handys holte mich unsanft aus dem Schlummermodus zurück. Ein bisschen verpeilt linste ich auf meine Uhr.
» Och nee«, grummelte ich schläfrig ins Kissen.
Nicht mal eine halbe Stunde war vergangen. Am liebsten hätte ich es einfach weiterklingeln lassen, da aber nur Lea, Peter, Eddie, die WG -Jungs und die Agentur meine italienische Nummer kannten, drehte ich mich schließlich doch um und schaute auf das Display. Es war Paula, die Chefbookerin. Oha, dachte ich überrascht. Ich konnte mich nicht erinnern, dass sie mich in den vergangenen vier Wochen in Mailand jemals persönlich angerufen hatte. Ich setzte mich schnell auf und rieb mir den Schlaf aus den Augen.
» Ja, hallo?«
» Mario«, sprudelte Paula aufgeregt drauflos. » Es gibt supermäßige Nachrichten. Armani will dich sehen!«
» Wie jetzt, Armani will mich sehen! Wie meinst ’n das?«
» Ganz einfach, du hast eine Verabredung mit Armani«, wiederholte sie in ihrem lustigen italienischen Englisch.«
» Ohne Witz?«
Ich war längst aufgesprungen und hüpfte wie ein zwölfjähriges Mädchen auf dem Bett herum. Armani wollte mich sehen. Wie geil war das denn, bitte?
» Du hast eine Einladung für 17 Uhr«, antwortete Paula – jetzt wieder mit ihrer normalen Stimme.
» Heute?«
» Natürlich heute. Sei pünktlich um 17 Uhr in seinem Palazzo.«
» In seinem Palazzo!«, lachte ich. » Wo auch sonst?«
Ich konnte das gar nicht glauben. Armani wollte mich treffen. Mich!
» Hast du einen Stift? Dann gebe ich dir die Adresse durch.«
» Moment«, rief ich halb im Springen und landete mit einem gezielten Satz direkt neben dem Schreibtisch. Ich griff nach Stift und Zettel. » Schieß los!«
Paula
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