Mit einem Bein im Modelbusiness
eben den nächsten. So ist das Leben. Take it easy!
Diese Einstellung, sich selbst nicht so ernst zu nehmen, hat bei mir immer super funktioniert. Ich bin bei Castings jedes Mal bescheiden aufgetreten und habe nie versucht, etwas darzustellen, was nicht meinem Charakter entspricht. Natürlich kannst du eine Maske aufsetzen und wie ein Schauspieler in eine Rolle schlüpfen. Doch für mich wäre das nichts. Ich bin kein Rockstar, ich bin Mario. Ich lege den Designern einfach mein Buch vor und probiere mit jedem Atemzug, das Beste aus mir herauszuholen.
» Weißt du, wenn ein Kunde dein Gesicht mag, dann ist es egal, dass du eine Behinderung hast. Mir ist das scheißegal«, wiederholte Eddie immer wieder. » Hast du eine gewisse Ausstrahlung, wirst du gebucht. Basta!«
In der Praxis ist es zwar nicht immer so einfach, aber ohne diese positive Grundeinstellung kommst du nicht weiter. Ich glaube, Tom Hanks war es, der einmal sagte: » Wäre es einfach, könnte es jeder.« Es lohnt sich immer, das Unmögliche anzugehen. Vor allem dann, wenn dich niemand auf dem Schirm hat.
Eddie war eine Sensation, eine gute Seele, der es von Herzen Spaß zu machen schien, anderen Menschen zu helfen. Während wir unseren Espresso schlürften, lernte ich auch seine Frau kennen, die auf einen Sprung in der Galerie vorbeischaute und ebenfalls wahnsinnig nett war.
Sie setzte sich für einen Moment zu uns. Eddie brachte ein drittes Glas und schenkte ihr ein. Es herrschte eine herzliche Atmosphäre, wie man sie in diesem Business nur selten erlebt.
» Übrigens, Mario«, meinte Eddie fast schon beiläufig. » Mir gehören ein paar Wohnungen in Milano. In der einen wohnt gerade noch ein Freund, aber er bleibt nur kurz in der Stadt. Danach kannst du dort einziehen, wenn du möchtest.«
» Ja, das ist eine tolle Idee«, sagte seine Frau und lächelte mich an. » Bleib doch den Sommer über hier.«
» Du musst auch nichts dafür bezahlen«, ergänzte Eddie. » Ich weiß ja, wie das ist.«
Ich war sprachlos. Hing hier irgendwo eine versteckte Kamera? Ich trank mein Wasser aus und schenkte mir direkt nach.
» Machst du mir noch einen Espresso?«, bat ich Eddie. » Ich kann definitiv noch einen vertragen!«
Mein Herz raste zwar schon wie zehn Ferraris, aber das war mir jetzt auch egal. Eddie lachte nur und brachte seine Frau zur Tür, die winkend um die Ecke verschwand. Fünf Minuten später stellte er die dampfende Tasse vor mir auf den Tisch und zog den nächsten Kracher aus seinem Zauberhut.
» Ich habe vorhin übrigens mit einer Freundin telefoniert«, grinste er. » Sie ist zurzeit auf der Suche nach einem neuen Gesicht für ein Magazin.«
» Wie geil ist das denn?«, freute ich mich. » Für welches denn?«
» Magazin, meinst du?«
» Ja!«
» MOOD Europe.«
» Was hast du denn zu ihr gesagt, wenn ich fragen darf?«
» Klar, darfst du«, lachte er. » Bella, ich habe hier einen Jungen, guck dir den mal an! Ich denke, der wäre was für dich.«
Mein Herz tanzte den Jippie-Aeijey-Schweinebacken-Blues.
» Aber ich kann dir nichts versprechen, Mario.«
» Nein, Mann«, sagte ich sofort. » Du hast schon so viel für mich getan. Ich weiß gar nicht, wie ich das je wiedergutmachen kann.«
Eddie begann den Kopf zu schütteln.
» Oh, Mario. Du hast noch so viel zu lernen, mein Junge.«
» Wie meinst du das?«
» Die Chinesen sagen: Mache die Menschen glücklich, die in deiner Nähe sind, und jene aus der Ferne werden kommen.«
» Wartest du denn auf jemanden?«
» Nein, nein. Was ich damit sagen will, ist, tue niemals etwas, wenn du in deinem Hinterkopf dafür schon eine Gegenleistung erwartest. Das ist schlecht fürs Karma, verstehst du?«
Ich nickte. Es war wirklich verrückt. Eddie sagte genau die gleichen Sachen wie Peter.
» Mario, noch etwas. Alles, was wir gerade besprochen haben, bleibt unter uns, okay?«
» Na klar.«
» Du verrätst auch deiner Agentur noch nichts von der MOOD . Wir müssen das diplomatisch regeln. Ich werde mich bei Paula melden und ihr sagen, was ich von dir halte. Dann sehen wir weiter.«
» Hab noch nie was MOOD gehört«, sagte ich und schloss meinen Mund mit einem unsichtbaren Schlüssel zu.
» Wie lange habe ich das denn nicht mehr gesehen?«, lächelte er und schrieb seine Handynummer auf einen Zettel. » Und wenn du mal Hilfe brauchst, egal wobei, ruf mich an, okay?«
Als ich am nächsten Tag in die Agentur kam, spürte ich schon die Veränderung. Vielleicht bildete ich mir das auch
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