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Mit einem Fuß im Himmel

Mit einem Fuß im Himmel

Titel: Mit einem Fuß im Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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vernünftig!«
    »Ich bin vernünftig! In meinem ganzen Leben war ich noch nie so vernünftig wie in diesem Augenblick! Wollen Sie mich heiraten? Ja oder nein?«
    »Ich muß fort von hier, Herr Hähnlein, glauben Sie es mir doch! Jeden Augenblick kann...«, sie stockte mitten im Satz.
    »Werden Sie meine Frau, Liselotte«, rief Oskar Hähnlein glühend, »meine süße kleine Frau!«
    »Ich will ja bloß ins Hauptgeschäft versetzt werden, Herr Hähnlein!« bettelte Liselotte und war den Tränen nahe.
    »Ins Hauptgeschäft!?«
    »Ja, ja, ja! Nichts weiter! Oder haben Sie etwa Angst, daß Ihre Frau dagegen sein könnte?«
    »Meine Frau? Ha, Sie meinen, meine frühere? Nichts ist mir gleichgültiger als die Meinung meiner Witwe, ich meine, meiner geschiedenen Frau!«
    »Dann ist es ja gut, Herr Hähnlein! Kommen Sie! Nehmen Sie mich gleich mit, ja?« Liselotte lief schon zur Ladentür. »Mach’s gut, Evi!« rief sie noch einmal zurück.
    »Auf Wiedersehen, Fräulein Liselotte!« Evi versagte die Stimme vor Abschiedsschmerz.
    Sie blieb in der Ladentür stehen und winkte dem Lieferwagen von Oskar Hähnlein nach, bis sie ihn auf der Höhe der Brücke aus den Augen verlor.

XVIII

    Till Torsten war an diesem Morgen spät aufgestanden, gähnend, unlustig und verkatert. Er schlüpfte in Hausschuhe und Bademantel und ging in das Wohnzimmer hinüber, das in einem schauderhaften Zustand war. Zwar hatte er noch, bevor er zu Bett gegangen war, die Aschenbecher geleert und beide Fenster weit auf gerissen, aber dennoch war noch jetzt ein Geruch von kaltem Qualm und abgestandenem schalen Alkohol im Raum. Das war noch scheußlicher als das wüste Durcheinander, das im Zimmer herrschte. Er versuchte, wenigstens oberflächlich Ordnung zu schaffen, hob einen umgestürzten Stuhl auf, zog den Teppich gerade, brachte einige der leeren Gläser und Flaschen in die Küche hinaus, aber bald gab er es wieder auf. Es hatte keinen Sinn, sich selbst damit abzuplagen. Die Putzfrau mußte bald kommen.
    Till Torsten trat zum Schreibtisch. Er zündete sich eine Zigarette an, nicht so sehr deshalb, weil er Lust hatte zu rauchen, als in der Hoffnung, mit dem frischen Rauch den abgestandenen alten zu überlagern. Sein Blick fiel auf das Bild Liselottes und blieb darauf haften, er zog es aus dem Wechselrahmen, und darunter kam Gabriele zum Vorschein, die ihn lieb und charmant anlächelte. Er steckte Liselottes Bild wieder darüber und betrachtete es lange, zog es wieder heraus und blickte mit demselben Interesse auf Gabrieles Bild. Dieses nachdenkliche Spiel wiederholte er mit bemerkenswerter Beharrlichkeit so lange, bis ein Klingeln an der Wohnungstür seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
    Er ging, um zu öffnen, in der sicheren Erwartung, daß es seine Putzfrau war. Er war zu verwirrt, um zu bedenken, daß es für seine Putzfrau, die natürlich einen Schlüssel zur Wohnung besaß, gar keinen Anlaß gab, die Klingel in Bewegung zu setzen. ’
    Es war nicht die Putzfrau, sondern ein junges Ding, das Lehrmädchen von Frau Uhlenhorst, mit einer riesigen Schachtel unter dem Arm.
    »Guten Morgen, Herr Torsten«, grüßte sie, unbekümmert um sein unrasiertes, verkatertes Gesicht, »einen schönen Gruß von Frau Uhlenhorst, und hier ist das Brautkleid!«
    »Das... was?«
    »Das Brautkleid für Fräulein Görner!«
    »Was, nun sagen Sie mal, was, um Himmels willen, soll ich damit?«
    »Frau Uhlenhorst dachte...«
    »Was soll ich mit einem Brautkleid ohne Braut?«
    »Aber ich weiß, wo Ihre Braut hingegangen ist, Herr Torsten«, sagte das Lehrmädchen schelmisch.
    »Sie wissen...?«
    »Ja!«
    »Wollen Sie dann nicht die Güte haben, mir das endlich mitzuteilen?«
    Statt einer Antwort gab ihm das junge Ding die riesige Schachtel, und Till Torsten sah sich wohl oder übel gezwungen, sie ihr abzunehmen.
    Damit nicht zufrieden zog sie einen Zettel aus der Tasche und drückte ihm diesen in die Hand: »Die Rechnung!«
    Till Torsten warf dem Lehrmädchen einen vernichtenden Blick zu, den sie mit unbekümmertem Lächeln quittierte, zog sich mit Schachtel und Rechnung zurück und kam gleich darauf mit seiner Brieftasche in der Hand wieder.
    »Also...?« fragte er drohend, als er unwillig gezahlt hatte.
    Das junge Ding schien selber wie erlöst zu sein, endlich mit seinem Wissen auspacken zu können, sie redete wie ein Mühlrad: »Ja, wissen Sie, Herr Torsten, das ist nämlich so! Bei Frau Uhlenhorst im Hause wohnt doch Hein Grotius, einen Stock tiefer... Sie haben ihn

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