Mit einem Pferd durch dick und dünn
Zottel und Sternchen hängten sich mit aller Kraft ins Geschirr.
„ Hüa ! He!“ schrie Bille und stellte sich neben Simon, um ebenfalls zu schieben. „Zieht, Kinder, zeigt, was ihr könnt! He, Bettina, setz den Jungen auf die Leiter und hilf uns!“
Es war schwer, in dem schlammigen Untergrund nicht ständig abzurutschen. Lieber Gott, hilf uns! Mach, daß die Seile halten! Und laß den Wagen nicht zusammenbrechen! Bitte, lieber Gott, ich will auch niemanden mehr anmuffeln und immer höflich und freundlich zu allen Menschen sein und geduldig — und — und...
Langsam setzte sich das schwerbeladene Fahrzeug in Bewegung-
„Brav, Sternchen, Zottel, tüchtig seid ihr, meine Kleinen — zieht! Wir müssen es schaffen!“ feuerten Bille und Bettina die beiden Pferde an. Endlich hatte der Wagen festen Untergrund unter den Rädern und rollte leichter.
„Halleluja!“ stöhnte Bille. „Wir haben’s geschafft. Von jetzt an ist’s kein Problem mehr, wenn der Wagen erst einmal richtig in Schwung ist — nimm du die Pferde am Zaum, ich helf Simon, den Kleinen in den Sattel zu setzen.“
Pünktchen fing schon an, verrückt zu spielen. Vielleicht dachte sie, man wollte sie in dem steigenden Wasser zurück-lassen. Sobald Simon im Sattel saß, versuchte sie mit aller Macht, der ungemütlichen Umgebung zu entfliehen. Bille mußte sich vor sie stellen und ihr den Weg versperren, bis Simon den Kleinen vor sich im Sattel zurechtgesetzt hatte. Sobald Bille losließ, schoß die Stute davon und überschüttete sie mit einer Woge von Schlamm.
Bille wischte sich das Schmutzwasser aus den Augen und stakste hinter Bettina her. Sie sah aus, als hätte sie einen Kopfsprung ins Moor gemacht. Das Baby schrie, als es Bille sah, und Lieselotte weinte still vor sich hin, weil sie fror, hungrig war und verzweifelt. Der Wind zog und zerrte an den Körben und Bündeln, Regenböen durchnäßten die Ladung, die Hühner gackerten verängstigt in ihren engen Körben. Assi verkroch sich winselnd in eine geschützte Ecke. Nur die Schweine in den lila Steppdecken fühlten sich wohl und grunzten Bille zufrieden an.
In Clausens Feldscheune trafen sich alle wieder. Daniel und Florian hatten die Kühe festgebunden und für die Schafe einen Pferch aus zusammengerückten Leitern gebaut. Karlchen betätigte sich als Melker — das hatte er bei seiner Mutter gelernt.
In der anderen Ecke hatte Onkel Paul seine Campingmöbel aufgebaut, und Mutsch verteilte belegte Brote.
Simon und Bille befreiten die Hühner aus ihrem engen Gefängnis, sie verzogen sich sofort in den dunkelsten Winkel der Scheune. Bettina kümmerte sich um die Kinder und Assi schloß Freundschaft mit Onkel Paul, der sie mit Wurstbroten fütterte. Nur die Schweine blieben wo sie waren — eingehüllt in die lila Steppdecken.
„Wir wollen sie nicht stören — sie schlafen gerade so niedlich“, sagte Bille.
Bille und ihre Freunde bewähren sich
Die Schäden, die das Hochwasser angerichtet hatte, waren in den kommenden Tagen Gesprächsthema Nummer eins in Wedenbruck und Umgebung. Auch Bille und ihre Freunde ließ die Erinnerung an den dramatischen Nachmittag nicht los. In der Schule mußten sie ihr Erlebnis bis in die kleinsten Einzelheiten erzählen.
„Während unsere beiden Schweine rosig in ihre Decken gehüllt schlummerten, sahen wir selbst aus wie die Säue“, berichtete Bille lachend. „Das Dreckwasser lief uns in die Stiefel, wir waren völlig fertig vom Schleppen und Hin- und Herhetzen , aber wir merkten es gar nicht. Erst als alles in Sicherheit war, zitterten uns die Knie — nicht wahr, Bettina?“
„Ja, mein Onkel und der alte Petersen mußten unsere Pferde abholen, wir hätten keinen Schritt mehr reiten können an dem Tag!“
„Onkel Paul mußte eine Plastikplane in sein Auto legen, bevor wir einsteigen konnten, so dreckig waren wir alle. Übrigens, Lieselotte und ihre Familie haben wir solange bei uns aufgenommen. Aber das Ulkigste ist, daß ich am Schluß um ein Haar noch ertrunken wäre!“ erzählte Bille.
„Ulkig nennst du das?“ Helga sah sie schockiert an. „Ein scheußlicher Gedanke.“
„Wie ist das passiert? Bist du noch mal zu dem Haus zurückgekehrt?“ rief Elli dazwischen.
„Wie aufregend!“ überschrie sie die kleine Ursel. „Hat der Sog dich ins Meer hinausgezogen?“
„Na, überleg doch mal, wie schwer die Sachen in dem Schlammwasser werden!“ warf Heike überlegen ein. „Da kann sich auch der geübteste Schwimmer nicht mehr
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