Mit einer Prise Glück und Liebe
Anspielungen meiner Mutter auf jenen Sommer, als ich fünfzehn war. Ich denke an das geplatzte Wasserrohr in meinem Vorgarten und daran, wie ich in jenem schicksalhaften Sommer bei Tante Poppy backen gelernt habe. Ich denke daran, wie mir das Brot das Leben gerettet hat. Und ich frage mich, welche noch unentdeckte Leidenschaft wohl in Katies schmaler Brust schlummern mag.
Schließlich schieben sich die wirklich wichtigen Dinge, um die ich mich kümmern muss, an die Oberfläche. Klar und deutlich. Als die Rustika-Laibe so weit sind, dass ich sie zum Ruhen beiseitelegen kann, wasche ich mir die Hände, laufe nach oben und rufe Cat an.
Ich höre das Lächeln in seiner Stimme, als er sich meldet. »Ramona! Wie hat die Reparatur geklappt?«
»Sehr gut, Cat. Aber ich kann nicht zulassen, dass du sie bezahlst.«
»Ach, ich bitte dich. Das ist doch ein Klacks. Ich weiß ja, dass du mir das Geld irgendwann zurückzahlst. Es sieht so aus, als bekämen wir einen guten Sommer dieses Jahr, außerdem weiß ich, dass dir die Bank ohnehin keinen Kredit mehr gibt.«
Seine Stimme lullt mich ein. Beim Gedanken an meinen am Anschlag befindlichen Kreditrahmen ertappe ich mich dabei, der Versuchung zu erliegen und sein Angebot anzunehmen, aber allein bei der Vorstellung hasse ich mich aus tiefster Seele. »Ich weiß dein Angebot wirklich zu schätzen, aber ich muss das selbst in den Griff kriegen.«
»Du tust dir mit deinem Stolz keinen Gefallen. Wir wissen beide, wie hoch dir das Wasser schon steht.«
»Du bist derjenige, der mir immer predigt, dass es seine Zeit dauert, bis ein Geschäft richtig läuft.«
»Das stimmt auch. Aber du hattest im letzten Jahr mit dem Haus einiges an der Backe. Lass mich dir doch helfen, nur dieses eine Mal.«
»Es ist ja nicht nur dieses eine Mal, Cat. Ich schulde dir Tausende Dollar, die ich dir erst mal zurückzahlen muss, statt mir noch mehr von dir zu borgen.«
» Tesoro mio , du hast das Geld aber nicht.« Er seufzt. »Ich wünschte, du würdest mich einfach heiraten, dann könnte ich mich um dich kümmern.«
Einen langen Moment stehe ich mitten im Wohnzimmer und blicke auf den alten Gehsteig hinunter. Ich fühle mich, als hätte mir jemand mit dem Baseballschläger eins übergezogen. »Hörst du dir selber eigentlich zu, Cat?«
»Du weißt, dass ich mir nichts anderes wünsche. Und mir schon die ganze Zeit gewünscht habe.«
»Die ganze Zeit? Von Anfang an, als ich dich um deine Hilfe gebeten habe?«
Er zögert kurz. »Nein. Nein, das nicht.«
Aber sein kurzes Zögern verrät mir die Wahrheit. Er ist wie alle anderen, meine Familie, mein Exmann. Sie tätscheln mir das Köpfchen und begreifen nicht, dass ich ausreichend Grips und Geschäftstalent habe, um diesen Laden zum Laufen zu bringen. »Glaubst du eigentlich überhaupt an mich, Cat? Nur ein Fünkchen?«
»Ich glaube absolut an dich, Ramona.«
Ich schüttle den Kopf. »Ich schicke dir einen Scheck. Und ich will nicht, dass du noch mal herkommst.«
»Ramona, du bist sauer. Tu nichts Überstürztes.«
»Das ist mein Ernst, Cat. Komm nicht mehr her. Und ruf mich auch nicht mehr an.«
Ich lege auf und bleibe im Wohnzimmer stehen. Meine Rachenmandeln schmerzen, als ich schlucke. Ich spüre ein Brennen in der Brust, und mir kommen die Tränen. Tränen der Wut? Warum? Weil ich mich verraten fühle? Verlassen? Keine Ahnung.
Alles zusammen.
»Ramona, ich und Merlin gehen nach oben in mein Zimmer, ja?«, höre ich Katie hinter mir sagen.
Ich wirble herum und wische mir die Tränen ab. Der Hund sitzt lammfromm neben ihr. Ich erkenne etwas in seinen Augen – so etwas wie Weisheit. Eines seiner goldfarbenen Ohren steht senkrecht in die Höhe, das andere hängt auf der Hälfte zusammengeklappt nach unten. Auf seiner Nase prangt ein riesiger dunkler Leberfleck. Zum ersten Mal wird mir bewusst, wie schön er ist, mit goldenen und weißen Sprenkeln auf seinem kurzen, glatten Fell und goldenen Punkten auf den Pfoten. »Kommt doch erst mal her. Wir wurden einander noch gar nicht richtig vorgestellt.«
»Komm, Merlin.« Sie zieht an der Leine, woraufhin er herangetrottet kommt und an meiner Hand schnüffelt. Dann richtet er sich auf und mustert mich ausdruckslos.
»Hallo, mein Freund«, sage ich, lege das Telefon auf den Couchtisch, gehe in die Hocke und kraule ihm die Brust, was mir unübersehbar ein paar Pluspunkte einbringt. Sein Blick ist ruhig und weise. Unwillkürlich muss ich an den Lehrer aus Kung Fu denken, eine Serie, die ich als
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