Mit einer Prise Glück und Liebe
den sportlichen, gut erhaltenen Colorado-Naturburschen vorstellt, Ende vierzig und wohlgebräunt von seinen zahlreichen Ausflügen in die Natur.
Doch hinter seinem Natur-Charme verbirgt sich auch eine auf den ersten Blick nicht ersichtliche Eleganz. Die Aura des Reichtums. Vielleicht liegt es an seinem gepflegten Haarschnitt. Oder an seinem Aftershave. Ich bin mir nicht sicher, welches davon.
Am Fuß der Verandatreppe bleibe ich kurz stehen. »Hallo«, sage ich und lege mir die Hand aufs Zwerchfell. »Tut mir leid, aber Katie konnte nicht mitkommen. Ich hoffe, es macht dir nichts aus.«
Einen Moment lang fürchte ich, dass er das Essen abblasen wird. Es scheint, als stünde plötzlich eine Mauer zwischen uns, eine Art Kühle. Er sieht mich schweigend an.
Ich hebe die Hand. »Das ist wohl keine gute Idee. Tut mir leid, aber ich hatte deine Telefonnummer nicht.« Ich wende mich zum Gehen. »Wir können es auch ein andermal machen.«
Er kommt die Treppe herunter und nimmt meine Hand. »Tut mir leid. Das war unhöflich von mir. Bitte bleib.«
»Bist du sicher?«
»Ja.« Er lässt meine Hand los. »Komm rein. Bitte.«
Ich überreiche ihm die Flasche und das Brot. »Wenn du es gleich in den Ofen gibst, ist es bis zum Essen schön warm.«
»Danke.« Er schnuppert an dem Laib. »Hmm. Sehr lecker.«
Ich lächle und spüre, wie meine Nervosität allmählich nachlässt. Er streckt mir die Hand hin. Ich ergreife sie und lasse mich die Treppe hinaufführen. »Danke, dass du gekommen bist, Ramona.«
»Gern.«
Er öffnet die weiß gestrichene Fliegentür und bedeutet mir, ihm nach drinnen zu folgen. Das Haus ist ein wunderschön renovierter Bungalow im Stil der Zwanzigerjahre mit auf Hochglanz polierten Hartholzböden. Allem Anschein nach musste die eine oder andere Wand entfernt werden, um eine offene Atmosphäre zu schaffen. »Oh, wie schön!«, rufe ich aus. »Meine Schwester und ich wollten dieses Haus schon immer von innen sehen. Hast du viel verändert?«
»Ja.« Er entkorkt eine Flasche Wein, die auf der Arbeitsfläche steht. »Es war sehr verwinkelt, deshalb musste ich mehrere Wände herausreißen, aber wie du siehst, habe ich das Flair weitgehend erhalten.«
»Es ist schwierig, in einem alten Haus die Balance zwischen Atmosphäre und praktischer Nutzbarkeit zu finden.« Ich streiche mit den Fingern über die Wände, den Küchenschrank. Auf den Fensterbrettern stehen keine Pflanzen, und auch auf den niedrigen Beistelltischen ist nichts vom üblichen Zierrat zu sehen. An den Wänden hängen Bilder mit südamerikanischem Flair. »Warst du in Peru?«
»Ich habe ein paar Jahre in Argentinien gelebt«, antwortet er, schiebt das Brot in den Ofen und rührt in einem Topf auf dem Herd. »Nachdem ich aus New York weggegangen bin.« Er gießt den Wein in zwei übergroße Gläser und deutet auf eine Platte mit Käse und Feigenmus, die vorbereitet auf der Arbeitsfläche steht. »Würdest du die hier mit nach draußen nehmen?«
Erst jetzt merke ich, dass im Hintergrund leise Musik läuft. Spanische Gitarrenmusik. »Asturias« , sage ich lächelnd.
»Genau.« Er legt den Kopf schief und hebt kurz eine Schulter. Die Geste verrät mir, dass er genauso nervös ist wie ich. »Gehen wir hinaus, okay?«
Die milde Abendluft streicht über meine nackte Haut. Er stellt das Feigenmus auf einen kleinen Tisch zwischen uns und hebt sein Glas. »Auf die Freundschaft«, sagt er.
»Auf die Freundschaft.« Unsere Blicke begegnen sich über den Rand der Gläser hinweg, und mit einem Mal durchströmt mich ein unbändiges Glücksgefühl. Ich lache. »Wie wunderbar, Jonah. Prost.«
Er lächelt. »Ja, es ist wunderbar.« Er nimmt einen Käsestick, taucht ihn in das Feigenmus und hält ihn mir mit der linken, deformierten Hand hin. »Probier mal.« Ich nehme den Käsestick, wobei ich flüchtig seine Finger streife.
»Mmm. Das müsste sehr gut zu Bridgets Sauerteigbrot passen.«
»Ich finde es fantastisch, dass du Bäckerin geworden bist. Du hast dich in diesem Sommer Hals über Kopf ins Brotbacken verliebt.«
»Poppy war eine ausgezeichnete Lehrerin. Und all diese Brote zu backen war regelrecht magisch.«
»Ich habe schon fast den ganzen Laib aufgegessen, den du mir mitgegeben hast.«
»Ehrlich? Wie schön.« Ein Anflug von Verlegenheit erfasst mich. »Aber was ist mit dir, Jonah? Hast du gelernt, mit der anderen Hand Gitarre zu spielen?«
»Ja«, antwortet er. »Allerdings habe ich nie dieselbe Fertigkeit erlangt. Deshalb bin ich
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