Mit einer Prise Glück und Liebe
schließlich durch die Welt gereist. In Argentinien bin ich bei einer Handvoll Komponisten hängen geblieben. Deshalb habe ich mich auch für eine ganze Weile dort niedergelassen.« Lächelnd taucht er ein Stück Käse in das Mus. »Und dann gab es da natürlich eine Frau.«
»Natürlich.« Ich lächle. »Hat sie dir das Herz gebrochen?«
Sein Mund verzieht sich kaum merklich, als er mich ansieht. »Ich fürchte, es war eher umgekehrt. Am Ende wollte ich doch nicht in Argentinien bleiben, und sie konnte sich nicht überwinden, ihre Familie zurückzulassen und mit mir nach Amerika zu kommen.« Er zuckt die Achseln. »Es war eine schöne Zeit. Ich habe komponieren gelernt.«
»Ehrlich?« Ich bin hin und weg. »Klassische Musik?«
»Mit spanischem Einfluss. Cello und Gitarre. Aber hauptsächlich habe ich Filmmusik geschrieben.«
» Hast geschrieben? Jetzt nicht mehr?«
Er schüttelt leicht den Kopf. »Es kamen … einige Dinge dazwischen.«
Etwas an seiner Miene zwingt mich, ihn zu fragen: »Und vermisst du es?«
Drinnen ertönen leise Celloklänge; langsame, schlichte Bogenstriche von einzigartiger Schönheit. Ich sehe zu, wie er sein Glas zwischen den Fingern dreht. Sein unversehrter Daumen ist lang und anmutig. Ruhelos wandert sein Blick zu den Bergen. »Manchmal. Aber nicht mehr so sehr.«
Sein Bedauern über den Lauf des Schicksals scheint wie eine düstere Wolke über ihm zu schweben; zu düster und gewaltig für diesen Moment. »Wir alle tun, was wir tun müssen«, sage ich nur und lehne mich zu ihm. »Es riecht ganz so, als hättest du dich zu einem ausgezeichneten Koch entwickelt. Was gibt’s denn?«
Augenblicklich hebt sich die Stimmung. Er lächelt. »Pasta. Mit rohem Schinken, Spargel, frischen Erbsen und sonnengetrockneten Tomaten. Hast du Hunger? Wollen wir essen?«
»Jederzeit.«
Ich sehe zu, wie er sich entspannt und sich in seinem Stuhl zurücklehnt, ehe er mich ansieht. »Warten wir noch eine kleine Weile. Lass uns zuerst den Wein trinken und dann hineingehen. Ich liebe diese Tageszeit.«
»Ich auch.«
»Du warst meine Rettung in diesem Sommer, wusstest du das? Ein Geschenk des Himmels.«
»Ehrlich?« Ich lache. »Ich erinnere mich nur noch, dass ich dir schamlos hinterhergelaufen bin.«
»Das stimmt.« Wieder hebt er sein Glas und prostet mir zu. »Es war das Beste, was mir für lange Zeit passiert ist. Du hast keine Ahnung, wie heilsam es für mich war.« Er hält inne. »Und wie schwer.«
Mittlerweile ist es still geworden, während die Sonne hinter dem Pikes Peak versinkt. Eine knisternde Spannung liegt zwischen uns – aber vielleicht bilde ich es mir auch nur ein. »Ich bin sicher, es war fürchterlich peinlich.«
»Überhaupt nicht. Es …« Er senkt für einen Moment den Kopf. »Aber du warst noch so wahnsinnig jung.«
Mit einem Mal stehe ich wieder im Garten meiner Tante, die Sonne rot glühend hinter uns, während er sich vorbeugt und mich so zärtlich küsst, dass ich beinahe in Ohnmacht falle. Fast fünfundzwanzig Jahre sind seither vergangen, doch ich sehe den Moment so klar und deutlich vor mir, als wäre es gerade einmal zehn Minuten her. Ich spüre die Hitze, die meinen Körper erfasst, und wieder fühlt es sich an, als wäre er der Magnet und ich die Metallspäne.
Ich hebe mein Glas. »Auf Ihre Freundlichkeit, Sir. Es war eine schwere Zeit für mich.«
Er stößt behutsam mit mir an. »Erzähl mir von deiner Tochter. Wie ist sie so?«
»Sofia.« Allein der Klang ihres Namens macht mich glücklich. Ein Lächeln erscheint auf meinen Zügen, als ich auf den weitläufigen Rasen hinausblicke. »Sie ist sehr, sehr, sehr klug, so wie meine Mutter, und hat denselben starken Willen wie meine Großmutter. Sie ist ein eher dunkler Typ mit blauen Augen und dunklem Haar. Sie ist kurvig, aber nicht dick. Und ein ganz wunderbarer Mensch.«
»Aha«, sagt er mit seiner Samtstimme. »Schlau wie deine Mutter und dickköpfig wie deine Großmutter. Aber hat sie auch etwas von dir mitbekommen, Ramona?«
»Hmmm«, sage ich nachdenklich . Auf eine solche Frage kannst nur du kommen . Im ersten Moment fallen mir nur Eigenschaften ein, durch die sie sich von mir unterscheidet. »Sie hat kein Talent zum Backen, und Kochen liegt ihr auch nicht besonders. Sie lässt sich weit weniger vom Schicksal treiben als ich und stürzt sich auch nie kopflos in Beziehungen mit Männern. Was man von mir nicht gerade behaupten kann.«
»Aber inwiefern ist sie wie du?«, beharrt er.
»Sie hat dieselbe
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