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Mit falschem Stolz

Mit falschem Stolz

Titel: Mit falschem Stolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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durch die Tür in die frische Herbstluft. Alyss bat die Badermagd, die sie empfing, den Gesellen Malefiz zu ihr zu schicken. Der kam nach kurzer Weile auch, die Gugel tief in die Stirn gezogen.
    »Du? Was gibt es?«, fragte er, ängstlich darauf bedacht, sich nicht zu erkennen zu geben.
    »Beende deine Arbeit hier. Ich brauche deine Hilfe.«
    »Geh nach Hause, ich komme gleich nach.«
    Alyss traf rechtzeitig zum Mittagsmahl ein, das Hilda eben auf den Tisch stellte. Lauryn berichtete, dass Magister Jakob bereits wieder auf einem Sessel am Fenster saß und Lore ihn mit kölschen Sprüchen über das Geschehen auf der Straße erheitert habe.
    »Na, er hätt et ärme Dier jehabt«, erklärte Lore trocken. »Und dünn isser, der Staub-Magister. Däm kamer et Vatterunser durch de Rebbe blose.«
    Marian, der beim Eintreten diese Feststellung mitbekam, fragte: »Hat deine Behandlung gegen die Trübsal geholfen, Lore?«
    Lore schaufelte sich eben mit dem Brotstück Fleisch und Soße in den Mund, und Lauryn antwortete mit einem kleinen Grinsen: »Er zeigt es nicht, aber ich glaube, er mag diese Gossengöre. Warum auch immer, sie hat ein Schandmaul, das man nicht mit Lauge ausgewaschen kriegt.«
    »Versooch et!«, nuschelte Lore und blitzte die Runde herausfordernd an.
    »Bestimmt nicht. Marian, die Wachen haben einen weiteren Mann festgenommen, von dem sie vermuten, dass er der Mörder ist. Bob mit Namen«, erklärte Alyss.
    »Verdammt.«
    »Ja, ich fürchte auch, dass es Johns Diener ist, zumal er vorgibt, unsere Sprache nicht zu sprechen.«
    »Ich werde versuchen, mit ihm zu reden.«
    Aber Alyss sah Tilo an, der im Frühjahr einige Monate zusammen mit John in England gewesen war.
    »Beherrschst du die englische Zunge noch?«, fragte sie.
    »Yes, Mistress Alyss!«
    »Nimm ihn mit.«

9. Kapitel
    T ilo und Marian wurden zu dem Kerkergelass geführt, das sich Mats und der neue Verdächtige teilten. Es war weit karger als das, was Catrin zustand, doch zumindest hatten sie Strohsäcke und Decken. Aus dem hohen, schmalen Fenster fiel Tageslicht auf die bärtigen Gesichter der beiden Männer. Mats hatte sich in seiner Ecke zusammengerollt und schien zu schlafen. Der andere Mann sah wach und aufmerksam auf, als sie zu ihm traten.
    »Du nennst dich Bob Servant?«, fragte Marian freundlich und musterte den struppigen Gesellen. Er hatte Johns Diener noch nie gesehen, doch irgendetwas kam ihm eigenartig an ihm vor.
    Tilo hingegen musterte ihn gründlich.
    »Er ist der Diener eines englischen Kaufmanns«, sagte er leise. »Ich habe ihn auf meiner Reise im letzten Jahr schon mal gesehen.«
    Marian zog den wackeligen Schemel an den Strohsack, auf dem Bob saß, und Tilo hockte sich auf den Strohsack. Der Gefangene rückte ein Stück ab, blieb aufmerksam.
    »Die englischen Händler werden in wenigen Tagen in Köln eintreffen, nehme ich an«, sagte Marian. Tilo übersetzte.
    »Zur Messe, Herr, wollte mein Master kommen.«
    Die Stimme! Es war die Stimme, die Marian bekannt vorkam. Und das kleine Zucken seiner Lider, ein Zeichen vielleicht, dass der Mann ihn offensichtlich verstanden hatte, bevor Tilo seine Worte ins Englische übertragen hatte, war ihm auch nicht entgangen.
    Der Wachmann grunzte und warf ihnen ungehaltene Blicke zu. Vermutlich war es ihm nicht geheuer, dass er der Unterhaltung nicht folgen konnte.
    »Frag ihn, Tilo, warum er vor seinem Master gekommen ist.«
    Aufmerksam beobachtete Marian den Mann. Diesmal hielt er die Lider gesenkt, sodass das Aufflackern des Verstehens nicht zu erkennen war. Und dennoch …
    »Er suchte Unterkunft für seinen Herrn und Lagerraum für die Waren, Herr Marian.«
    Unter dem struppigen Bart trat das Kinn ein wenig zurück, und die Filzkappe auf seinem Kopf ließ ahnen, dass sich das Haupthaar an den Schläfen schon lichtete.
    »In der Nähe des Eigelsteins?«
    »So hat mein Herr es mir aufgetragen.«
    Nie und nimmer, dachte Marian. John gehörte die Hälfte von Alyss’ Haus. Bisher hatte er seine Waren immer auf ihrem Speicher gelagert. Und gewohnt hatte er bei Frau Mechtild. Also hatte Bob am Eigelstein etwas anderes gesucht. Arndt vielleicht?
    John hatte einiges über dessen Schandtaten herausgefunden. Sollte er seinen Diener beauftragt haben, van Doorne umzubringen? Nein, gewiss nicht. John war ein Kämpfer, er trug seine Fehden eigenhändig aus.
    »Du kennst den Arndt van Doorne, Bob?«
    Das Zucken in seinem Gesicht war diesmal nicht zu übersehen. Selbst Tilo sog unvermittelt die Luft ein,

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