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Mit falschem Stolz

Mit falschem Stolz

Titel: Mit falschem Stolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Albrecht hast du abgelehnt. Ich nehme an, du warst erschöpft und wolltest alleine sein.«
    Nicken.
    »Du bist noch ein Stück weitergewandert, bis zu dem Winzerhäuschen. War das zufällig?«
    Kopfschütteln.
    Alyss streichelte Catrins Arm.
    »Du hast an Robert gedacht«, sagte sie leise.
    Ganz kleines Nicken.
    »Wie schrecklich, Catrin. Du musst geglaubt haben, dass sich die Ereignisse wiederholen. Dort hat man ihn damals gefunden …«
    Wieder ein Nicken.
    »Das hat dir die Sprache geraubt. Ich verstehe. Trotzdem – Mats war zu dem Zeitpunkt auch schon dort?«
    Nicken.
    »Wach und munter?«
    Kopfschütteln.
    »Benommen, besinnungslos?«
    Nicken.
    »Marian hat Trine mit zu ihm genommen. Sie hat herausgefunden, dass man ihm Bilsenkraut verabreicht hat.«
    Endlich ging eine Bewegung durch Catrins Körper. Sie richtete sich auf und versuchte wieder etwas zu sagen. Doch wollten die Worte sich nicht formen.
    »Ist gut, Catrin. Aber – du! Du kannst doch auch ein paar Zeichen von Trines Fingersprache.«
    Catrin sah auf ihre verschränkten Finger und löste sie langsam aus ihrer Starre.
    »Ich habe das Protokoll der Gerichtssitzung gelesen.«
    Die Finger bewegten sich, und Catrin machte das Zeichen für Schweigen und Angst.
    »Ja, du konntest vor Angst nicht sprechen. Ein guter Schöffe hätte Geduld mit dir gehabt. Der Overstoltz scheint ein Esel zu sein.«
    Nicken. Dann sagten Catrins Finger, dass sie ihn kannte.
    »Du kennst ihn? Oh – dann ist es um so verwunderlicher, dass er so gar keine …«
    Catrin deutete auf ihren Ringfinger, verschränkte die Hände wie zum Vertrag.
    »Was? Du wolltest ihn heiraten?«
    Heftiges Kopfschütteln.
    Alyss hatte eine Erleuchtung.
    »Deine Eltern wollten dich mit ihm verheiraten.«
    Nicken. Dann hob Catrin die Finger, zählte mit ihnen auf zwölf.
    »Vor zwölf Jahren?«
    Nicken.
    Kurz rechnete Alyss nach. 1391, noch vor den Verbundbrief-Unruhen, hatte der Overstoltz um sie angehalten. Und genau in diesem Jahr hatte Catrin die graue Tracht der Beginen gewählt.
    »Das wusste ich nicht.«
    »D… deine M… Mutter weiß.«
    »Dann werde ich sie fragen. Du hast ihn abgelehnt, und dieser Endres scheint mir nicht der Mann zu sein, der eine Weigerung hinnimmt.«
    »Schw… schwachsinnig.«
    »Er, nicht du.« Plötzlich aber besann Alyss sich darauf, dass der Wachmann noch immer schweigend an der Tür lehnte. Sie sah kurz zu ihm hin, aber er schien in Tagträume versunken zu sein. Trotzdem nahm sie sich vor, das Thema Overstoltz zu meiden. Immerhin hatte Catrin ihre Sprache wiedergefunden, wenn auch die Worte noch recht mühsam über ihre Lippen kamen. Alyss erzählte ihr stattdessen von den Gnadengesuchen, die sie erwirkt hatte. Gelöster als zuvor lehnte Catrin sich an ihre Schulter und seufzte: »D… danke.«
    »So, und jetzt werde ich sehen, was ich für Mats tun kann. Es wird Zeit, dass wir herausfinden, wo er sich in jener Nacht aufgehalten hat.«
    Alyss löste sich von ihrer Freundin und stand auf. Der Wachmann tauchte aus seinen Gedanken auf und öffnete die Tür. Auf der schmalen Steintreppe ging er vor ihr, und an einer der Fensterluken blieb er stehen.
    »Sie wird freikommen, wohledle Frau. Die Bejinge sind gute Weiber. Sie ham meinen Vater am Sterbelager begleitet und die Mutter versorgt, als sie krank war.«
    »Ja, sie sind friedliche, hilfsbereite Frauen, und Catrin ist die sanftmütigste unter ihnen.«
    »Die Gnadengesuche werden helfen. Und auch, dass wir einen Verdächtigen haben.«
    »Es gibt einen neuen Verdächtigen?«
    »Einen Herumtreiber, der sich am Ort der Mordtat aufhielt.«
    »Hat er die Tat gestanden?«
    »Nein, auch er kann sich nicht verständlich machen. Spricht in fremder Zunge. Verstanden haben wir nur, dass er Bob Servant oder so ähnlich heißt.«
    Alyss biss sich auf die Lippen. Bob hieß Johns Diener. Servant bedeutete Diener. Was war da im Gange? Doch den Wachmann wollte sie nicht weiter ausfragen. Er war zwar freundlichen Gemüts, aber möglicherweise richtete sie mehr Schaden an als Nutzen.
    »Ich danke Euch für Euer Entgegenkommen, Wachmann.«
    Auf der Gasse schlug sie umgehend den Weg zur Marspforte ein. Marian würde im Badehaus heute wieder seine Fingerfertigkeit im Schneiden und Scheren üben. Die Glocken kündeten bereits die Sext, die Mitte des Tages, und eigentlich hätte sie sich um das Hauswesen kümmern müssen, aber es war ihr wichtiger, die Nachricht von Bobs Verhaftung weiterzugeben.
    Das Badehaus war geöffnet, warmer Dunst zog

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