Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit falschem Stolz

Mit falschem Stolz

Titel: Mit falschem Stolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
Notarius geht es übrigens etwas besser.«
    »Das freut mich zu hören. Es ist schon erstaunlich, dass die alten Geschlechter wieder in Amt und Würden sind. Wenn man bedenkt, dass man sie vor acht Jahren fast alle aus der Stadt getrieben hat.«
    »Verbundbrief hin, weiter Rat her, es sind eben Männer, die etwas von der Verwaltung verstehen.«
    »Ja, vermutlich mehr als die Wollenweber und Schuster, die Bierbrauer und die Schlachter. Allerdings drängt sich mir der Eindruck auf, dass unser unverdienter Overstoltz auch nicht mehr von seinem Amt versteht als ein Flickschuster«, schnaubte Alyss.
    »So ist es. Und da die Mehrzahl der Schöffen erkrankt ist, haben die übrigen seiner These zugestimmt. Also bleiben Catrin und Mats erst mal im Turm. Ich habe allerdings erreicht, dass Mats ebenfalls aus der Tollkammer in ein Turmgelass gebracht wurde, und bezahle die Kerkermiete für ihn.«
    »Weiß Gislindis das?«
    Marian seufzte.
    »Bruderlieb, was ist zwischen ihr und dir vorgefallen?«
    »Ich habe keine Ahnung, Alyss. Sie will nichts mehr von mir wissen. Sogar die Lektionen im Schreiben lehnt sie ab. Vielleicht hat sie wirklich einen Liebsten …«
    »Sie war auch zu mir schrecklich förmlich.« Alyss rieb sich über die Stirn. »Sorgen wir erst einmal dafür, dass Mats und Catrin aus dem Turm freikommen.«
    »Magister Jakob empfiehlt uns, Gnadengesuche einzusammeln. Möglichst solche von hochstehenden Persönlichkeiten.«
    »Ja, das lässt sich machen. Ich wollte ohnehin den Gaffelführer der Wollenweber aufsuchen, dessen Weib sie bei der Geburt beigestanden hat.«
    »Meister Albrecht ist ein angesehener Mann. Der allmächtige Vater auch, Alyss.«
    »Unser Vater würde mit der Wucht seiner Persönlichkeit das Schöffenkolleg zu Mus zermalmen. Das ist noch nicht notwendig. Pater Henricus als Catrins Beichtiger könnte aber hilfreich sein. Er kennt sie von Kindheit an und wird ihr guten Leumund ausstellen. Allerdings …«
    »Allerdings würdest du es lieber sehen, wenn ich ihn fragte.«
    »Ähm. Ja.«
    Marian kicherte. »Ich bedarf ja auch weniger Trost als du.«
    So machte sich Alyss, begleitet von Lauryn und Lore, auf zu Magister Jakob, wo die beiden Mädchen sich um den Kranken kümmern sollten. Sie selbst besuchte den Wollenweber, der sie freundlich empfing. Ja, sein Weib und die kleine Tochter seien wohlauf, und selbstverständlich würde er für Frau Catrin gutsprechen und sein Gnadengesuch formulieren. Auch sein Freund aus der Gaffel Schwarzhaus, ein Färbermeister, hatte Frau Catrins Dienste bei der Geburt seiner Kinder in Anspruch genommen und sie als sehr umsichtige und sanfte Wehmutter kennengelernt. Seine Gnadenbitte würde auch Gewicht haben.
    Zufrieden mit diesen Hilfsangeboten wandte Alyss sich zum Eigelsteinturm, um sich Zutritt zu den Gefangenen zu erwirken. Ein Wachmann führte sie zu Catrin und stellte sich mit dem Rücken an die Tür. Er war ein großer, vierschrötiger Mann, aber er nickte freundlich.
    »Lasst Euch nur Zeit, wohledle Frau.«
    Ihre Freundin saß zusammengesunken auf dem schmalen Bett und flocht die Finger ineinander.
    »S… s… sie gl… gl…«
    Mühsam, unendlich mühsam versuchte sie zu sprechen. Alyss setzte sich neben sie und nahm sie in den Arm.
    »Langsam, Catrin, langsam. Ich stelle Fragen, und du nickst oder schüttelst den Kopf, ja?«
    Ihre Ziehschwester nickte. Einst, vor sechsundzwanzig Jahren, hatte Alyss’ Mutter Almut, damals selbst noch Begine, das kleine Mädchen getroffen. Sie hatte Mitleid mit der jungen Verwandten der damaligen Meisterin, Magda von Stave. Das Kind litt unter einem schrecklichen Stottern, worüber seine Familie nicht eben erfreut war. Almut nahm das Mädchen, als ihre eigenen Zwillinge geboren waren, bei sich auf. Catrin hatte Alyss und Marian stets mit aufopfernder Liebe betreut, war ihnen Schwester, Spielgefährtin, Lehrerin, Vertraute. Und in der freundlichen Umgebung des Haushaltes derer vom Spiegel löste sich ihre Zunge mehr und mehr. Nur wenn sie sehr müde oder beunruhigt war, stotterte sie gelegentlich noch.
    Dass sie Arndt van Doorne in seinem Blut liegend gefunden hatte, hatte ihr die Zunge jedoch wieder gründlich gelähmt.
    Jetzt saß sie steif und doch so zerbrechlich in ihrer Zelle, aber sie nickte, als Alyss ihre Bitte wiederholte.
    »Gut. Dann hör zu, Catrin. Du bist, nachdem du dem Kind der Wollenweberin auf die Welt geholfen hast, in der Morgendämmerung aufgebrochen, um zum Konvent zu gehen. Die Begleitung von Meister

Weitere Kostenlose Bücher