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Mit falschem Stolz

Mit falschem Stolz

Titel: Mit falschem Stolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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geworden ist, an heiteren Feiern teilzunehmen.«
    Die Wirtin kam hinter dem Tisch hervorgeschossen.
    »Frau Alyss? Frau Alyss, Ihr?«
    »Ihr habt es noch nicht gehört?«
    »Nein, ich kam erst gestern Abend von Aachen zurück. Heilige Sankt Martha, was ist passiert?«
    Alyss erzählte es ihr, wurde von etlichen Ausrufen unterbrochen, und Franziska schenkte ihnen dann jeweils einen Becher Wein ein.
    »Ich muss mich setzen, Frau Alyss. Ja, ich muss mich erst einmal setzen. Der Mats, sagt Ihr, ist mit einem Messer in der Hand neben ihm gefunden worden?«
    »So ist es.«
    »Ich glaub es nicht. Der Mats nimmt Messer nur zum Schleifen in die Hand. Der bringt keinen um damit. Nicht der Mats.«
    »War er denn an dem Abend hier im Adler, Frau Franziska? Gislindis sagt, er trinkt gerne einen Becher von Eurem Bier.«
    »Lasst mich nachdenken. Ja, ja, er war am Sonntagabend hier. Viele waren hier. Es war ein rechtes Gelage, weil ein Jüngling Runde um Runde für alle bestellte. Er warf mit den Münzen nur so um sich. Weiß der Kuckuck, woher er die hatte. War wohl ein reicher Geck, der sich lieb Kind machen wollte.«
    »Und darum hat der Mats mehr getrunken als sonst?«
    »Keine Ahnung. Jetzt, wo Ihr es sagt – könnte schon sein. Er bleibt gewöhnlich bei einem Humpen. Aber diesmal war es sicher mehr. Oh Gott, Ihr glaubt, er hätte im Trunk Euren Ehegemahl abgestochen?«
    »Nein, das glaube ich nicht. Sagt, Frau Franziska, verwendet Ihr manchmal Bilsen in der Grut?«
    »Nein, nein, nein. Das habe ich einmal gemacht. Nein, davon werden die Männer toll.«
    »Gut. Und – könnt Ihr Euch daran erinnern, wann Mats an dem Abend den Adler verlassen hat?«
    »Puh, nein. Ich sagte doch, es war viel Volks hier, und laut ging es her. Aber gegen Mitternacht waren sie schließlich fort. Ich weiß noch, dass ich den Nachtwächter die Stunde ausrufen hörte, als ich den Riegel vorgelegt habe. Es sah furchtbar aus in der Schankstube. Aber darum durften sich die Mädchen und die Mägde kümmern, denn in der Früh kam der Bote von der Nys, und mit dem bin ich nach Aachen.«
    Alyss trank den Wein aus, stellte den Becher ab und wehrte mit der Hand ein Nachschenken ab.
    »Ich muss weiter, Arbeit wartet. Aber tut mir den Gefallen, Frau Franziska, fragt einige Eurer Stammgäste – vertrauenswürdige Männer verkehren ja bei Euch –, ob sie sich an den Mats erinnern.«
    »Das will ich gerne tun. Es ist nicht recht, einen Mann festzusetzen, der sich nicht verteidigen kann.«
    »Darum bemühen wir uns. Danke, Frau Franziska.«
    »Wartet, ich will noch eben die Rechnung begleichen!«
    Sie war eine ihrer besten Kundinnen, und darum gab Alyss ihr einen angemessenen Nachlass. Dann hieß sie Peer zum Alter Markt fahren, und dort, am Haus derer vom Spiegel, schickte sie ihn zurück in die Witschgasse.
    Frau Almut empfing sie mit verrutschtem Tuch über den wirren Haaren und einer staubigen Schürze über dem Gewand. Das überraschte sie wenig, sie hatte ihre Mutter auch schon mit aufgesteckten Röcken, lehmverkrusteten Beinen und Schmutzschlieren im Gesicht Mörtel mischen sehen.
    »Wir machen Hausputz. Und heute Nacht waren die Goldgräber hier und haben die Sickergrube geleert«, erklärte sie, machte aber eine einladende Geste ins Haus. »Du weißt ja, wie das ist.«
    »Ja, Frau Mutter, und es lässt mich schließen, dass der Allmächtige nicht zugegen ist.«
    »Dein Vater, Kind, ist zum Weinkeltern gezogen und wird mit bloßen Füßen in den Trauben herumstampfen.«
    Diese Vorstellung hingegen rührte Alyss’ krausen Sinn für Humor an, und sie bemerkte trocken: »Ich hoffe, er legt zu diesem Zweck wenigstens seine seidengefütterte Heuke an, damit der Wein eine vornehme Note erhält.«
    »Eine alte, verschlissene Kutte trägt er dabei. Und irgendwie weckt die Erinnerungen …« Frau Almut lächelte versonnen, dann aber wurde sie ernst. »Du wolltest ihn sprechen?«
    »Auch, aber vermutlich könnt Ihr mir ebenfalls weiterhelfen, Frau Mutter.«
    »Dann komm mit in die Küche.«
    Dieser Raum war weit größer als der in Alyss’ Haus. Ein mächtiger Kamin beherrschte ihn, und blinkendes Kupfer hing an den Wänden. An einer Ecke des hell gescheuerten Tisches ließen sie sich nieder und achteten nicht auf die kleine Magd, die Pfannen putzte.
    »Habt Ihr Catrin noch mal besucht, Frau Mutter?«
    »Sicher, jeden Tag. Ich habe ihr einen Korb mit Tuch, Garn und Sticknadeln gebracht, sodass sie ihre Hände beschäftigen kann. Sie redet wieder ein bisschen.«

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