Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit falschem Stolz

Mit falschem Stolz

Titel: Mit falschem Stolz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
einer begehrt;
    gleichwie der Mann sich höher trägt,
    der einer hohen Liebe pflegt.«
    Dann schlug sie jedoch resolut die Registerbände auf und nahm sich die Haushaltsausgaben vor. Und obwohl die Einnahmen reichten und sie sich wirklich ein paar schöne Pelze hätte leisten können, sah sie dazu nun wirklich keinen Anlass. Pah! Merten war ein aalglatter Schmeichler.

11. Kapitel
    J ohn of Lynne betrachtete den schlaksigen Jüngling, der neben ihm ausschritt. Ihm stand die helle Freude im Gesicht, als er durch das Rheingassentor trat und die vertrauten Gebäude musterte. John verspürte ein trauliches Glücksgefühl. Links von ihnen ragten die Türme von Groß Sankt Martin auf, vor ihnen führten die schmalen Gassen zwischen den spitzgiebeligen Häusern zum Heumarkt, doch nach rechts wandten sie ihre Schritte. Zur Sext hatte der Niederländer, das bauchige Schiff, das ihre Waren von der Nordsee transportiert hatte, angelegt. Das Entladen würden die Handelsknechte vornehmen. Zuerst galt es, sich um Lagerraum zu kümmern.
    Ihn würden sie in der Witschgasse finden.
    Lagerraum und noch einiges mehr, hoffte John.
    Zum Beispiel ein herzliches Willkommen.
    Welch ein Glück hatte ein Mann, wenn er nach einer langen Reise nach Hause kommen konnte. In ein Haus, in dem nicht nur der Küchenkamin Wärme verbreitete, das mit Lachen und Gezänk, mit Scherz und Trost, mit Übermut und Tränen, mit Träumen und mit Liebe erfüllt war. In dem es nach frischem Brot, reifen Äpfeln, süßen Kräutern und Rosen duftete und der gewürzte Wein frisch und kühl mundete.
    »Ob sie schon auf uns warten?«, fragte Frieder aufgeregt.
    »Sollten sie das? Wer wird dich schon vermisst haben, youngman ?«
    »Tilo – Mann, der hat mir doch auch gefehlt. Und Benefiz. Und der Falke.«
    »Und die Maiden?«
    »Na ja, nicht sooo sehr.«
    »Du hast eine Schwester …«
    »Ach, Lauryn kommt schon so zurecht. Und Leocadie hat ihren Ritter. Und Hedwigis – na ja. Aber Lore, die ist in Ordnung.«
    John schmunzelte über die Reihenfolge der Namen, in der sich die Zuneigung seines Begleiters ausdrückte. Sein Freund Tilo, der Spitz und der Falke galten ihm am meisten. Dass die Maiden weit dahinter lagen, mochte daran liegen, dass er eine gewisse Rodwyn vermisste. Frieder glaubte zwar, dass seine heimliche Tändelei mit dem Hausmädchen unbemerkt geblieben war, aber John war sie dennoch aufgefallen.
    Schon bogen sie in die Witschgasse ein, und Frieder warf all seine neuerworbene männliche Würde ab und begann zu laufen. John hingegen verhielt seine Schritte, genoss das langsame Heimkommen. Holzrauch stieg aus dem Kamin in die klare Herbstluft, das bleigefasste Glas der Fenster blinkte, Tauben gurrten auf dem Dach. Und eben kam mit einem sich überschlagenden Bellen ein kleiner, schwanzloser Spitz aus dem Tor gestürmt. Er sprang an dem Jungen hoch, wurde aufgefangen, geherzt, leckte Tränen von den Wangen seines Herrn und kläffte wie von Sinnen. Ein Jüngling folgte, von dem hündischen Gelärme angezogen, und stürzte sich ebenfalls auf Frieder. Schon lagen die beiden im Straßenstaub und rangelten übermütig miteinander, umtänzelt von Benefiz, der versuchte, sich zwischen die beiden zu drängeln.
    John stieß einen herrischen Pfiff aus. Der Spitz spitzte seine Ohren und kam dann auf ihn zugerast.
    »Hey, houndling . Du bist zwar gewachsen, aber nicht klüger geworden.« Er lachte, als Benefiz ihn nach allen hündischen Regeln der Höflichkeit begrüßte und vor Freude seine Stiefel besabberte. »Nun, dann wollen wir hoffen, dass auch deine Mistress mich so liebevoll empfängt.«
    Tilo und Frieder hatten inzwischen ihre Balgerei beendet und gingen, einander die Arme um die Schultern gelegt, durch das Tor. Er hörte Tilo brüllen: »Schaut mal, wer da ist!«
    »Auf, Benefiz, auch mir, so hoffe ich, gilt diese Ankündigung.«
    Der Spitz lief ihm voraus, und nun bewegte sich auch John mit großen Schritten auf das Tor zu. Ein Dutzend Hühner und sechs Gänse stoben mit ungehaltenem Getöse auseinander, ein schwarzer Hahn trompetete gereizt seinen Protest über den Hof, der Karrengaul wieherte, und zwei Maiden ließen polternd die Wassereimer fallen.
    »Master John!«, riefen sie und liefen auf ihn zu.
    Hilda stellte vorsichtig einen Korb mit Eiern auf den Boden und wischte sich die Hände an der Schürze ab.
    »Master John«, knurrte sie und bemühte sich, ihre Freude hinter einer grimmigen Miene zu verstecken.
    »Master John«, grüßte Peer ihn und

Weitere Kostenlose Bücher