Mit falschem Stolz
allerdings an Mitglieder dieses oder unseres Hauses«, meinte Frau Almut.
»Er muss gewusst haben, dass er damit Verdacht erregt hätte.« Marian sah seine Mutter an. »Frau Franziska hat meine Schwester ebenfalls verleugnet.«
»Sie kann ein Schandmaul sein. Ich werde ihr den einen oder anderen Giftzahn ziehen.«
»Seid so gut und zieht ihr dabei auch aus der Nase, wer dieser Mann hier ist.« Er legte die sorgfältig zusammengerollte Zeichnung auf den Tisch, die Mats angefertigt hatte.
Man begutachtete das Bildnis, und John bat, es auch seinem Diener Bob zeigen zu dürfen.
»Er sitzt gerne im Adler auf einen Humpen, und das Essen ist recht gut, behauptet er. Vielleicht ist er dem Mann dort schon begegnet.«
»Könnte das der Anton Scriver sein?«, fragte Fredegar. »Der Schreiber ist doch angeblich ein ansehnlicher junger Mann.«
Marian schnappte nach Luft.
»Dann wäre dieser verdammte Overstoltz tatsächlich in die Angelegenheit verwickelt.«
»Findet ihn!«, sagte der Herr vom Spiegel und erhob sich. Frau Almut stand ebenfalls auf, nahm das Pergament mit dem Bild an sich und verabschiedete sich.
»Ich werde Frau Franziskas Ruhe stören. Master John, kommt zum Abendessen vorbei, und holt Euch dieses Bild ab, um es Eurem Diener zu übergeben.«
»Ja, my Lady.« Und zu dem Herrn gewandt meinte John: »My Lord, Eure Heilkünste sind ungewöhnlich, doch wirksam. Ich hatte Angst um das Kind.«
»›Es ist besser, das Schelten der Weisen zu hören als den Gesang der Toren.‹«
»Ohne Zweifel, my Lord. ›Aber die reumütig sind, lässt er wieder zu Gnaden kommen, und die müde werden, tröstet er, dass sie nicht verzagen.‹«
Marian sah ein wehmütiges Lächeln auf den Lippen seines Freundes. Er verstand ihn nur zu gut. Auch er hatte sich einmal nach dem Donnerwetter seines Vaters gesehnt und seine heilende Wirkung erfahren.
Johns Vater hingegen hatte seinen Sohn verstoßen und lehnte es ab, mit ihm zu sprechen.
»Frieder, geh mit meiner Mutter zum Adler, und achte darauf, dass sie Frau Franziska Leben lässt, wir brauchen sie noch. Tilo, begleite meinen Vater, und such dann mit Frieder die Mutzenbäckerin Wenke am Malzbüchel auf. Fragt sie nach dem Sohn ihrer Mutter Momke aus.«
»Ja, Herr Marian!«
Als die Eltern vom Spiegel und die Jungen gegangen waren, schritt Fredegar einige Male unruhig in dem großen Raum auf und ab.
»Du hast einen widerlichen Verdacht geäußert, Marian«, meinte er schließlich. »Was könnte diesen Overstoltz dazu bringen, den Mord an Arndt van Doorne zu vertuschen? Wenn der Mann, der den Messerschleifer trunken gemacht und niedergeschlagen hat, wirklich sein Secretarius ist, dann hat er womöglich selbst den Auftrag dazu erteilt, ihn umzubringen.«
»Ein widerlicher Verdacht, in der Tat, der um so schlimmer wird, weil er meine Schwester und Mats’ Tochter damit hineinzieht.«
»Haben eure Familien eine Fehde miteinander?«, fragte John.
»Nein, zumindest wüsste ich nichts davon.«
Fredegar setzte sich endlich.
»Vor sechsundzwanzig Jahren, Marian, haben zwei außerordentlich bösartige Menschen versucht, deinen Vater in den Tod zu treiben. Um ihnen das Handwerk zu legen, wurde ich ausgeschickt, bei einem Overstoltz in Efferen einen Köder auszulegen. Johann Overstoltz, der Goldmacher. Es wurde nach einer irrwitzigen Gaukelei in dem Laboratorium, bei dem der Scharlatan einer vornehmen Gesellschaft seine vermeintlichen Künste vorführte, ein großes Gelage gegeben. Ich musste daran teilnehmen. Ein Junge, ein Page vielleicht, zwei oder drei Jahre jünger als ich, wartete den Leuten auf. Er wurde als der Neffe des Burgherrn bezeichnet, und ich meine mich zu erinnern, dass er Endres gerufen wurde. Ein Junge mit sehr hellblonden Haaren, dem die anwesenden Weiber schöntaten. Und manche der Männer auch.«
»Aber hat er damals von Eurem Auftrag gewusst? Fußt darin sein Hass gegen meine Familie?«
»Ich weiß es nicht, Marian. Irgendwann später habe ich gehört, dass dieser Junge zu Raitz von Frentz als Secretarius ging. Was er nach seiner Zeit auf Burg Frentz betrieben hat, weiß ich nicht. Es hat mich, ehrlich gesagt, nicht interessiert.«
»Der Secretarius eines Burgherrn. Ob Arndt mit dem Frentz Geschäfte gemacht hat?«
»Das wird Bob beantworten können«, murmelte John und erhob sich.
»Gut – morgen ist die Gerichtsverhandlung. Gleich wie sie ausgeht, wir werden dem Overstoltz auf die Pfoten schauen«, sagte Marian.
»Aber mit Vergnügen«, erwiderte
Weitere Kostenlose Bücher