Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
dass er mit seiner Vermutung richtig gelegen hatte. »Ich bin froh, dass es Ihnen gefallen hat, denn die Kritiker haben es verrissen. Und dennoch war ich immer der Überzeugung, nie etwas Besseres geschrieben zu haben. Verstehen Sie mich recht, die Kritiker zerreißen meine Bücher grundsätzlich, weil darin keine Psychologie vorkommt. Mit diesem einen sind sie jedoch besonders hart ins Gericht gegangen … Sie sind äußerst aufmerksam, Professor Fen, wirklich, äußerst aufmerksam.« Er strahlte anerkennend. »Aber wir sollten nicht noch mehr Zeit verschwenden, indem wir über meinen Unsinn reden«, schloss er scheinheilig. »Wohin wollen Sie?«
»Ich denke« – Fen sah auf die Uhr – »dass es Zeit für mich wird, ins Dorf zurückzulaufen.«
Mr. Judd machte ein enttäuschtes Gesicht. »Wie schade – ich muss in die entgegengesetzte Richtung, ansonsten hätten wir zusammen gehen und uns derweil über meine Bücher unterhalten können«, sagte er ohne Umschweife. »Aber Sie müssen mich unbedingt einmal besuchen und mit mir essen. Ich wohne in einem Cottage, nur einen halben Kilometer von hier. Wie wäre es mit heute, zum Mittagessen?«
Fen sagte: »Es tut mir leid, wissen Sie, aber während der nächsten Woche werde ich sehr viel zu tun haben«, doch war Mr. Judds Enttäuschung so offenkundig und Mitleid erregend, dass er sich hinreißen ließ, hinzuzufügen: »Aber ich denke, dass wir es irgendwie einrichten können.«
»Bitte, versuchen Sie es«, sagte Mr. Judd ernst. »Ich bitte Sie. Meine Telefonnummer lautet Sanford 13. Zögern Sie nicht, mich jederzeit anzurufen. Wo wohnen Sie?«
»Im ›Fish Inn‹.«
Völlig unerwartet lösten diese Worte eine bemerkenswerte Veränderung in Mr. Judds Haltung aus. Ein neuer Glanz erschien in seinen Augen. Fen konnte nicht anders, als bei diesem Funkeln an das wenig ehrenhafte Gebaren der Satyrn in den Wäldern der Antike zu denken. Voller Ehrfurcht brachte Mr. Judd hervor:
»Der ›Fish Inn‹ … Sagen Sie, haben Sie dieses schöne Mädchen schon getroffen?«
»Die Blondine?«
»Die Blondine.«
»Ja, schon. Sie hat mir heute Morgen den Tee serviert.«
Mr. Judd schnappte nach Luft.
»Sie hat Ihnen den Tee serviert «, wiederholte er, wobei er Fens eher banalen Worten den Prunk eines phallischen Ritus einhauchte. »Und trug sie dieses hellblaue Kleid?«
»Ich kann mich nicht recht entsinnen«, antwortete Fen unsicher. »Ich glaube, es war etwas eng Anliegendes.«
»Etwas eng Anliegendes«, wiederholte Mr. Judd benommen. Er sah Fen an, als habe dieser soeben mit Geldscheinen ein Feuer angezündet. »Wissen Sie, ich glaube, sie ist das schönste Mädchen, das ich je gesehen habe … Meinen Sie, dass sie meine Bücher liest? Ich habe nie gewagt, sie danach zu fragen.«
»Ich bezweifle, dass sie intelligent genug ist, die Bücher von wem auch immer zu lesen.«
Mr. Judd seufzte. »Sei’s drum. Vielleicht ist es auch besser so«, sagte er, »denn möglicherweise würden sie ihr gar nicht gefallen …« Mit erkennbarem Widerwillen ließ er von dem Thema ab. »Nun gut, ich darf Sie nicht länger aufhalten.«
»Sie dürfen Ihren Revolver nicht vergessen«, sagte Fen.
»Nein, das darf ich wirklich nicht. Vom Rest einmal abgesehen, besitze ich nicht einmal einen Waffenschein.«
»Nebenbei gefragt: Wozu haben Sie ihn in den Teich geworfen und wieder herausgezogen?«
»Das tat ich«, erklärte Mr. Judd, »weil der Mörder den Eindruck erwecken will, er habe ihn nach der Tat dort versteckt und aus Angst, die Waffe könnte gefunden werden, erst viel später herausgeholt. Der Detektiv findet sie natürlich an einem ganz anderen Ort.«
»Aber warum will der Mörder diesen Eindruck erwecken?«
Mr. Judd wich der Frage aus. »Ich finde, Sie sollten lieber das Buch lesen, sobald es erschienen ist. Ich werde Ihnen ein Exemplar zuschicken … Sie verstehen natürlich, was es mit der Jacke auf sich hat? Sie gehört dem Opfer, und der Mörder trägt sie auf links, sodass das Blut, wenn er die Leiche transportiert, dort kleben bleibt, wo es hingehört – nämlich innen.«
»Ja«, sagte Fen. »Ja, das hatte ich schon verstanden.«
»Sehr scharfsinnig von Ihnen. Nun, Sie lassen es mich wissen, wenn Sie Zeit für einen Besuch haben? Ich freue mich schon sehr darauf, ganz außerordentlich sogar. Ich führe ein einsames Leben, denn es gibt niemanden in Sanford Angelorum, der geistreich genug für eine Unterhaltung wäre, abgesehen vom Pfarrer, und dessen Interessen beschränken
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