Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
ganz einfach«, sagte Myra. »Normalerweise kommen nur Einheimische hier herein, was natürlich bedeutet, dass die Kneipe keine großen Gewinne abwirft. Also beschloss Mr. Beaver, eine Art Ausflugslokal daraus zu machen, piekfein, Sie verstehen schon, und teuer, damit die Leute aus dem ganzen Bezirk in ihren Autos herkommen.«
»Aber das ist ein verwerfliches Vorhaben«, protestierte Fen.
»Tja, man kann es doch verstehen, oder?«, gab Myra verständnisvoll zurück. »Ich weiß, einige sagen, das Dorf dürfe nicht verschandelt werden und so weiter, aber ich bin der Meinung, dass es uns allen schlechter gehen wird, wenn man die Leute daran hindert, so viel Geld wie möglich zu verdienen.«
Fen dachte über diese Finanztheorie nach und kam zu dem Schluss, dass sie durchaus zu gebrauchen sei, vorausgesetzt, man würde das fehlende Fachwissen ergänzen.
»Trotzdem«, sagte er, »wäre es schade. Sie wissen doch, mit was für einer Sorte von Gästen Sie es dann zu tun bekämen: laute, rotgesichtige Hudson-Terraplane-Fahrer mit gestutzten Schnurrbärten und leichte Mädchen mit rot bemalten Lippen, die mit Zigarettenspitze rauchen und nur darauf warten, dass ihnen ein dicker Fisch ins Netz geht.«
Angesichts dieses drohenden Gomorrhas seufzte Myra leise auf. Dennoch war sie, diesen Eindruck hatte Fen, nicht wirklich bestürzt, neigte sie im Gegensatz zu ihm doch nicht zu übertriebenem Ästhetizismus.
»Wie auch immer«, sagte sie, »es ist seine Kneipe, und er kann damit machen, was er will. Er wollte sich den Umbau genehmigen lassen, aber die Behörden haben es verweigert. Deswegen nimmt er ihn allein in Angriff.«
»Allein in Angriff?«
»Wissen Sie, es gibt da so eine Verordnung, die besagt, dass Sie Ihr Haus oder was auch immer ungefragt umbauen dürfen, solange Sie keine Handwerker beschäftigen und insgesamt nicht mehr als einhundert Pfund dafür ausgeben. Mr. Beaver hat seine gesamte Familie eingespannt, und hin und wieder schaut einer seiner Freunde vorbei und legt mit Hand an.«
»Aber sollten diese Arbeiten nicht besser von einem Sachkundigen durchgeführt werden?«
»Ah«, machte Myra düster. »Da haben Sie Recht, mein Lieber. Aber das ist typisch für Mr. Beaver. Wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, lässt er sich durch nichts mehr abhalten. Und wenn Sie mich fragen …«
Doch Fen erfuhr nie, was sie noch sagen wollte. Noch während sie sprach, hatte er wahrgenommen, dass vor dem Gasthaus ein großes, lärmendes Auto zum Stehen gekommen war.
Und nun betrat ein Neuankömmling mit dem bewusst wichtigtuerischen Gehabe eines Deus ex machina den Schankraum.
Kapitel 6
Bei dem Neuankömmling handelte es sich um einen Mann zwischen dreißig und vierzig, auch wenn eine gewisse Verbissenheit in seinem Gesichtsausdruck ihn wesentlich älter wirken ließ. Er war groß und sehnig, hatte vom Wetter gegerbte Haut, eine lange, gerade Nase, helle, an einen Vogel erinnernde Augen und schütteres braunes Haar, das vor lauter Pomade glänzte. Er trug Reiterhosen, Reitstiefel, eine Reitjacke mit einem gewagten Karomuster sowie eine gelbe Krawatte mit Pferdeköpfen darauf. In der Hand hielt er einen grünen, flachen Hut, der am oberen Ende mit Lüftungslöchern versehen war, sodass es aussah, als habe man auf ihn geschossen. Er stolzierte an die Theke, klopfte darauf und verlangte in gebieterischem Ton zu wissen, ob Professor Fen zu sprechen sei.
»Ich bin Fen«, sagte Fen.
Das Verhalten des Neuankömmlings schlug augenblicklich in große Liebenswürdigkeit um. Er griff nach Fens Hand, um sie lange mit einer übertriebenen Auf-und-ab-Bewegung zu schütteln.
»Mein lieber Herr«, sagte er, »es ist mir ein großes Vergnügen. Ein verdammt großes. Bin entzückt, und so weiter … was trinken Sie?«
»Bitter, glaube ich.«
»Einen Halben, Miss, und einen doppelten Scotch für mich.«
»Sind Sie Captain Watkyn?«, fragte Fen misstrauisch.
»Ins Schwarze getroffen, alter Junge«, erwiderte Captain Watkyn enthusiastisch; es war, als lobe er Fen für die Lösung eines besonders vertrackten Rätsels. »Höchstpersönlich, allzeit bereit und stets zu Ihren Diensten … Also dann, Prost.«
Sie tranken.
»Zum Glück trinken Sie Alkohol«, fügte Captain Watkyn versonnen hinzu. »Einmal musste ich für einen Abstinenzler arbeiten – ich glaube, es war Melton Mowbray – und ganz unter uns, es war eine ganz schöne Quälerei.«
»Hat er es geschafft?«
»Nein«, sagte Captain Watkyn zufrieden, »hat er
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