Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
herausstellte, fuhr Captain Watkyn einen recht alten Sportwagen von Bugatti, in dem sie sich auf den Weg nach Sanford Morvel machten. Die Fahrt verlief ohne Zwischenfälle. Nur einmal stoppte Captain Watkyn neben einem ungepflegt aussehenden Mann, der am Straßenrand entlangschlurfte, reichte ihm zwei Ein-Pfund-Noten, murmelte: »Assyrian Lancer, Newmarket, halb vier« und fuhr wieder los. »Was diese Pferde doch für verdammt alberne Namen haben«, meinte er zu Fen.
Sanford Morvel sah aus wie ein Ort, der bei dem Versuch kläglich gescheitert war, wie ein hübsches, friedliches Städtchen auf dem Lande zu wirken. Die Hauptstraße war breit, wirkte jedoch leer; das Rathaus war alt, aber hässlich; die Geschäfte, Kneipen und Wohnhäuser hatten allesamt die ruhmreichen Epochen der englischen Baukunst verpasst, und die Kirche wirkte geduckt und grämlich. Fen und Captain Watkyn aßen im »White Lion«, einem dünkelhaften, aber unwohnlichen Hotel am Markt, schlecht gebratenes Fleisch und fades Gemüse zu Mittag. Danach begaben sie sich zum Rathaus, wo sie die Wahlkaution und die Anmeldeformulare vorschriftsmäßig dem Sheriff überreichten und Fen Strode und Wither die Hand schüttelten. Da es sich nicht um einen öffentlichen Auftritt handelte, bemühte sich weder der eine noch der andere, Fen oder dem jeweils anderen gegenüber liebenswürdig zu sein.
Nach diesem Zeremoniell präsentierte Captain Watkyn Fen das für ihn bestimmte Auto, einen altersschwachen Morris, der es nicht mehr über dreißig Stundenkilometer brachte. Nachdem er Captain Watkyn das Versprechen abgenommen hatte, dass dieser ihn pünktlich zu der Versammlung am nächsten Abend abholen würde, gondelte Fen nach Sanford Angelorum zurück.
Unterwegs hielt er den Wagen an, um sich Sanford Hall anzusehen. Es war ein großes Gebäude, offenbar aus dem achtzehnten Jahrhundert, das in einem weitläufigen Park weit von der Straße zurückgesetzt stand und teilweise von Bäumen verdeckt wurde. Die Sonne strahlte herab, die Aussicht war still und menschenleer. Fen stieg aus dem Wagen, fand einen Eingang zum Park des Anwesens und ging hinein, ohne sich Gedanken darüber zu machen, dass er ein Privatgrundstück betrat.
Nachdem er ein kleines Buchenwäldchen durchquert hatte, bot sich ihm ein merkwürdiger Anblick.
Neben einem kleinen Bächlein, in ungefähr dreißig Metern Entfernung, stand Diana und unterhielt sich mit dem jungen Mann in abgewetzten Tweedhosen, den Fen schon am Morgen gesehen hatte und den er nun, da keine Anhaltspunkte dagegen sprachen, als Lord Sanford identifizierte. Es war unmöglich zu erkennen, worum es in der Unterhaltung ging, jedoch schien das Gesprächsthema nicht besonders erfreulich zu sein. Diana gestikulierte heftig. Ihre Augen blitzten, und wenn sie sprach, verkniff sie den Mund vor Empörung. Der junge Mann wirkte weniger verärgert als abgekämpft. Scheinbar befand er sich in der Defensive. Durch die heiße Sommerluft drangen ihre Stimmen als schwaches Aufflackern ununterscheidbarer Laute an Fens Ohren.
Es war jedoch nicht der anscheinende Streit, der Fens Aufmerksamkeit fesselte. Es war die Anwesenheit eines dritten Zuschauers, der sich im Buchenwäldchen aufhielt.
Das blonde Mädchen, das sich Jane Persimmons nannte, stand halb hinter einem Baumstamm versteckt, und die Hand, mit der sie sich dagegenstützte, war starr und weiß an den Fingerknöcheln. Ein schmaler Streifen Sonnenlichts fiel auf ihre Wangen, aber ihre Augen lagen unlesbar im Schatten. Fen konnte nur erkennen, dass das, was sie sah, sie leidenschaftlich interessierte. Außerdem hatte er den Eindruck, dass sie nicht absichtlich lauschte, dass sie, ebenso wie er selbst, zufällig hergekommen war, und das kurz vor ihm. Doch aus irgendeinem Grund hatte die Szene sie gepackt, und sie war unfähig, sich zu regen, ob sie es wollte oder nicht.
In diesem Moment bewegten sich Diana und der junge Mann jedoch auf das Gebäude zu. Jane Persimmons richtete sich auf und machte eine kurze, unentschlossene Bewegung, so als ob sie ihnen folgen wollte. Dann entspannte sie sich wieder und wandte sich langsam ab.
Und während sie sich umdrehte, erblickte sie Fen.
Er konnte ohne Schwierigkeit erkennen, was sie dachte. In erster Linie war sie beschämt, weil man sie bei einer harmlosen, aber fragwürdigen Handlung ertappt hatte. In zweiter Linie war sie wild entschlossen, Haltung zu bewahren und ganz natürlich zu wirken, so als habe sie das Recht, hier zu sein.
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