Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
sind vollkommen apathisch. Die Hälfte von ihnen wählt gar nicht, und zwar niemanden. Und ein guter Teil dieser Hälfte ist weiblich. Die Landbewohnerinnen tendieren zu der Ansicht, die ganze Veranstaltung sei idiotischer Humbug, den man den Männern überlassen sollte. Und ehrlich gesagt«, fügte Captain Watkyn wohlwollend hinzu, »haben sie meiner Ansicht nach gar nicht so Unrecht damit … Jedenfalls müssen wir uns nicht in dem Maße an die Frauen wenden, wie es anderswo notwendig wäre. Deswegen können wir es ruhig angehen lassen, was die treusorgenden Hausfrauen und Mütter betrifft.«
»Und was bleibt dann übrig?«
»Die Bauern und Landarbeiter bleiben übrig, hauptsächlich. Besitzen Sie irgendwelche landwirtschaftlichen Kenntnisse?«
»Überhaupt keine.«
»Naja, ist vermutlich auch egal. Am weitesten kommen Sie, wenn Sie das Landwirtschaftsministerium attackieren. Es ist hier allgemein verhasst. Ich will versuchen, ein paar aktuelle Fälle von Einmischung aus der Gegend aufzutreiben, die Sie einsetzen können, aber bis dahin haben Sie mit der ›die Leute vor Ort wissen tausendmal besser Bescheid als ein Haufen Beamter in Whitehall‹-Tour die größten Erfolgsaussichten.«
»Das kriege ich schon hin«, sagte Fen. »Wen gibt es noch?«
»Da sind die Leute aus Sanford Morvel, größtenteils Ladenbesitzer. Hier zieht die Masche ›der kleine Einzelhändler bildet das Rückgrat des englischen Wohlstandes‹ am besten. Sie dürfen nur nicht vergessen, dass die Landwirtschaft ebenfalls das Rückgrat des englischen Wohlstandes bildet.«
»Wie alles andere auch.«
»Wie alles andere auch, was in diesem Wahlkreis vor sich geht«, ergänzte Captain Watkyn. »Dann ist da noch Peek. Peek wird nicht einfach werden. Unter uns gesagt, Peek ist einer der scheußlichsten Orte, die ich in meinem Leben je gesehen habe. Das Einzige, womit man Peek meiner Meinung nach vielleicht locken könnte, wäre die allgemeine Aussicht, etwas umsonst zu bekommen.«
Fen spürte, wie sich angesichts Captain Watkyns zielbewusster und weit reichender Doktrin der Zweckdienlichkeit alles, was er an Prinzipien vielleicht noch hatte, endgültig und unwiederbringlich in Wohlgefallen auflöste.
»Wäre das alles?«, fragte er schwach.
»Es gibt noch die Freiberufler, die obere Mittelschicht und so weiter. Es sind nicht viele, aber für gewöhnlich gehen sie zur Wahl.«
»Und welches Märchen tische ich denen auf?«
Captain Watkyn schien gekränkt.
»Hören Sie mal, alter Junge, wofür halten Sie mich eigentlich? Ich weiß genauso gut wie Sie, was für eine großartige Einrichtung die Demokratie ist. Aber ich habe dazu folgende Einstellung: Ganz offensichtlich gehören Sie zu den cleveren, edel gesinnten Leuten, die im Unterhaus sitzen sollten. Also schön. Und wie kommen Sie da hin? Antwort: Sie müssen gewählt werden.
Die Leute in Sanford kennen Sie nicht so gut, wie ich es tue«, sprach Captain Watkyn im Brustton der Überzeugung weiter, was Fen angesichts ihrer eine Viertelstunde dauernden Bekanntschaft nicht ganz gerechtfertigt schien, »und da es sich bei denen zumeist um hoffnungslose Idioten handelt, werden sie höchstwahrscheinlich irgendeinen nichtsnutzigen Dussel wählen, mit dem das Land vor die Hunde geht. Deswegen muss man sie ein wenig anleiten – in ihrem eigenen Interesse, verstehen Sie?«
»Wie schon Plato sagte.«
»Wer auch immer, ja. Erst einmal werden Sie gewählt, und dann kommen Ihre Prinzipien und so weiter ins Spiel. Verstehen Sie, was ich meine?«
Fen wollte soeben auf die wohlbekannte Tatsache hinweisen, dass die Mittel sehr wohl den Zweck beeinflussen, gelangte jedoch abrupt zu der Einsicht, dass der Moment unpassend war, und fügte sich wieder.
»Ja, ich verstehe, was Sie meinen«, sagte er zurückhaltend.
»Dann wäre alles geklärt«, sagte Captain Watkyn. »Also, heute ist Samstag. Ich stelle mir vor, dass Sie sämtliche Ihrer Termine so kurz vor dem Wahltag wie möglich absolvieren. Heute Nachmittag steht natürlich diese Nominierungsveranstaltung in Sanford Morvel an. Für morgen Abend nach dem Gottesdienst habe ich dann eine Zusammenkunft organisiert, auf der Sie den Startschuss für Ihren Wahlkampf geben. Am Montagmorgen machen Sie bei einer Fuchsjagd mit …«
»Ich tue was ?«
»Sie gehen jagen, alter Junge. Junge Füchse, um genau zu sein. Das ist in dieser Gegend sehr beliebt. Wird Ihnen eine Menge Stimmen einbringen, wenn Sie hingehen.«
»Aber ich war noch nie in meinem Leben
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