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Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)

Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)

Titel: Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Voosen
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am Wagen vorkomme, wenn ich ihnen beim Frühstück gegenübersitze und sie die Hände nicht voneinander lassen können.
    »Muss Liebe schön sein«, stöhne ich, während ich meine ganze Konzentration auf den Blaubeerpfannkuchen richte. Zungenküsse vertrage ich am frühen Morgen einfach noch nicht besonders gut, es sei denn natürlich, ich bin selber einer der Beteiligten. Aber an solche Zeiten kann ich mich in meinem eigenen Leben kaum noch erinnern. Leider!
    »’tschuldigung«, kichert Luisa und schiebt den sehnsüchtig grunzenden Lutz halbherzig von sich, der damit so gar nicht einverstanden ist.
    »Sie ist doch selber schuld«, sagt er und zieht seine Liebste wieder zu sich heran.
    »Wie bitte?«, frage ich pikiert, und er sieht mich herausfordernd an.
    »Nun, meiner Meinung nach stünden deine Chancen nicht schlecht, hier ebenfalls knutschend am Frühstückstisch zu sitzen. Wenn du nur endlich deinen Stolz überwinden und Simon gestehen würdest, dass du ihn immer noch liebst.« Ich drehe die Augen gen Himmel. Das hatten wir doch schon.
    »Simon hat eine Freundin und ist allem Anschein nach glücklich mit ihr. Da werde ich sicher nicht dazwischenfunken. Und ich habe seit neulich in seinem Leben wirklich nichts mehr verloren …«
    Ich lasse den Satz unvollendet, denn uns allen dreien ist besagter Abend schließlich noch lebhaft im Gedächtnis.
    »Stimmt es etwa nicht?« Angriffslustig funkelt er mich an, und ich wiege unschlüssig den Kopf hin und her.
    »Natürlich empfinde ich eine Menge für Simon, ich habe ja nie etwas anderes behauptet. Schließlich waren wir viele Jahre zusammen …«
    »Erspar mir den Sermon«, unterbricht Lutz mich heftig, und ich klappe beleidigt den Mund wieder zu. »Du hast allein für Simons Geburtstagstorte über fünf Stunden in der Küche gestanden.« Verblüfft hebt Luisa den Kopf, und ich zucke betont gleichgültig mit den Schultern.
    »Na und?«, frage ich gereizt. »Das ist schließlich mein Job.«
    »Ich denke, das geht über reine Professionalität doch weit hinaus«, beharrt Lutz, »Simon ist für dich kein Auftrag wie alle anderen, das sieht doch ein Blinder. Du gibst dir für niemanden sonst so viel Mühe, wenn ich allein an den Liebesbrief zu seinem Geburtstag denke.«
    »Den hast du gelesen?«, frage ich empört, und er grinst ertappt.
    »Vielleicht mal kurz reingelinst.«
    »Frechheit.« Wütend stoße ich meine Gabel in das letzte Stück Pfannkuchen auf meinem Teller und schiebe es mir in den Mund.
    »Weißt du eigentlich, dass es in der Weltliteratur eine vergleichbare Geschichte gibt?«, bohrt Lutz weiter, während ich verbissen kaue. Na, da bin ich aber gespannt. »Du bist wie Cyrano de Bergerac.« Mir rutscht der Bissen in die falsche Kehle, und ich ringe hustend nach Luft.
    »Ist das nicht der Typ mit der Riesennase? Den Gérard Depardieu gespielt hat?«
    »In der Verfilmung, ja«, gibt Lutz mir kopfschüttelnd recht, während Luisa herbeispringt und mir fürsorglich auf den Rücken klopft. »Nach einem Versdrama von Edmond Rostand. Und es gibt leider kein Happy-End. Da solltest du mal drüber nachdenken.«
     
    Nach dem Frühstück gehen mein Mitbewohner und seine neue alte Freundin zurück ins Bett, während ich mich mit einem weiteren Milchkaffee alleine aufs Sofa setze und Tristan dabei zusehe, wie er im Aquarium seine Runden dreht. Es liegt ein langes Wochenende vor mir, an dem ich ganz alleine mit meinen Gedanken bin. Immer wieder taucht Simons Gesicht vor mir auf. Seit jenem Desaster im Cliff habe ich nichts mehr von ihm gehört. Kein Wunder. Beim Gedanken an den katastrophalen Abend treibt es mir wieder die Schamesröte ins Gesicht.
    »Was denkt er jetzt über mich, Tristan«, frage ich meinen Goldfisch, der sein Maul an die Glaswand presst und mich mitleidig aus seinen schwarzen Augen anguckt. »Wieso habe ich ihm nicht früher die Wahrheit gesagt?« Tristan versteht auch nicht, wie ich so dumm sein konnte. Der Gedanke an Simon lässt sich nicht verscheuchen, doch ich weiß, was dagegen am besten hilft: Blinder Aktionismus!
     
    Ich lege »Ein Tag im Juli« von Juli in den CD-Spieler und putze als Erstes einmal gründlich die Wohnung. Während ich Tristans Aquarium reinige, beschließe ich, die Akte »Hansen« in die Alleinverantwortung von Lutz zu geben. Cyrano hin oder her, es wird jedenfalls nicht leichter, Simon zu vergessen, wenn ich ihm ständig Liebesbriefe schreiben muss. Dann beschließe ich, endlich sämtliche ausstehenden Anrufe bei der

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