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Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)

Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)

Titel: Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Voosen
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fährt er fort, »aber das habe ich ja sowieso nur so als Übergang gemacht.«
    »Bevor du deine Karriere als C&A-Hund starten konntest?«, spotte ich und beiße mir gleich darauf auf die Lippe. Besser C&A-Hund als mit Burn-Out-Syndrom aus der Arbeitswelt verbannt zu sein. Aber Lutz ist kein bisschen beleidigt, sondern grinst mich fröhlich an. Seine Zähne sind wirklich unverschämt weiß.
    »Das ist doch bloß ein Nebenjob. Davon habe ich eine ganze Menge.«
    »Und was machst du hauptberuflich?«
    »Ich bin Schauspieler«, verkündet er feierlich.
     
    Im Balzac angekommen setzen wir uns an den letzten noch freien Tisch hinten rechts in der Ecke. Nach wie vor zieht Lutz in seinem merkwürdigen Aufzug die Blicke auf sich. Doch besonders in den Augen der Frauen weicht der Ausdruck der Belustigung bei näherem Hinsehen schnell etwas anderem: Gier. Der Mann neben mir schafft es allen Ernstes, sogar in einem knallgelben Ganzkörperoverall mit roten Flecken noch sexy auszusehen. Ich kann ihn nicht davon abhalten, mich zu einem Latte macchiato einzuladen, und dann erhalte ich eine Zusammenfassung über das Leben von Lutz Wichtel, seitdem er der Universität Hamburg den Rücken zugewendet hat, um Schauspieler zu werden.
    »Nach der Schauspielausbildung habe ich ein paar Mal Theater gespielt. Hast du mich vielleicht in »Tartuffe« am Altonaer Theater gesehen?«
    »Nein, leider nicht«, antworte ich bedauernd und knabbere an meinem Double-Chocolate-Keks herum.
    »Im Ernst-Deutsch-Theater habe ich auch gespielt. Und an der Basilika. Theater für Kinder«, zählt er auf und sieht mich dabei hoffnungsvoll an.
    »Ich gehe leider nie ins Theater«, gebe ich schließlich zu und komme mir vor wie ein Kulturbanause.
    »Tja, das tut leider kaum jemand mehr«, nickt Lutz wissend und nimmt einen Schluck Kaffee. »Meiner Meinung nach ist das eine aussterbende Form der Unterhaltung. Deshalb habe ich mich auch entschlossen, mich in Richtung Fernsehen zu orientieren. Hast du mich da denn schon mal gesehen?«, fragt er hoffnungsvoll, und es tut mir richtig Leid, ihn enttäuschen zu müssen.
    »Leider nicht.«
    »Ehrlich nicht? Ich hatte mal eine Rolle in ›Tiefe der Gefühle‹.«
    »Ist das nicht so eine Soap?«, frage ich, stolz, wenigstens ein bisschen Ahnung zu haben. Lutz wirft mir einen beleidigten Blick zu.
    »Man kann ja nicht direkt in einem Tatort mitspielen. Jeder hat mal klein angefangen«, sagt er düster und legt die schöne Stirn in Falten.
    »Natürlich, klar, das war gar nicht abfällig gemeint. Ist doch super, wenn du da mitgemacht hast«, beeile ich mich zu sagen.
    »Ja, und ich habe echt viel gelernt«, nickt er eifrig, und schon glättet sich sein Gesicht wieder. »Du bist sicher, dass du mich nicht gesehen hast? Ich war drei Wochen lang dabei!«
    »Vielleicht habe ich dich auch nur nicht erkannt«, lenke ich ein.
    »Das könnte sein. Man hat mir schon öfters gesagt, ich sei sehr wandelbar«, meint er stolz und lächelt mich an. Könntest du dann bitte aufhören, so unverschämt gut auszusehen, denke ich im Stillen, während ich gleichzeitig die neidischen Blicke der weiblichen Gäste genieße, die mich durchbohren. »In letzter Zeit läuft es nicht so gut«, fährt Lutz fort, »aber das wird schon.«
    »Und was machst du neben deinem C&A-Hundedasein?«, erkundige ich mich.
    »Alles Mögliche. Im Dezember war ich viel als Weihnachtsmann unterwegs. Außerdem überbringe ich gesungene Grußbotschaften.« Anscheinend mache ich ein wenig intelligentes Gesicht, denn er fährt fort: »Blumengrüße mit persönlicher Widmung. Hör zu …« Noch ehe ich es verhindern kann, springt er auf, breitet die Arme aus und beginnt mit volltönender Stimme zu singen:
    »Kann ich heut auch nicht bei dir sein,
mein Herz, das schlägt für dich allein,
du bist mein Licht in dieser Welt,
würd dich nicht tauschen, nicht für Geld,
du bist die schönste aller Frauen,
ich könnte dich ewig anschauen,
bitte wart heut nicht auf mich,
doch vergiss nicht, ich liebe dich.«
    Ich spüre, wie mir das Blut in den Kopf schießt und versuche, mich auf meinem Platz so klein wie möglich zu machen. Wie peinlich. Alle starren uns an. Doch dann sieht Lutz beifallheischend in die Runde, und siehe da, es gibt tatsächlich ein halbherziges Klatschen für die Einlage.
    »Wow, ist ja interessant«, knirsche ich zwischen den Zähnen hindurch und fasse nach seinem Arm, um ihn wieder auf den Stuhl zurückzuziehen. Als ob nichts gewesen wäre, nimmt er einen

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