Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)
Sonntag von Amors Wichtel bin?«
»Das haben wir doch schon besprochen«, versucht Lutz mich zu beruhigen. »Simon wird dich ihr hundertprozentig nicht mit deinem Nachnamen vorstellen. Und wenn doch, na, die wird sich hüten, etwas zu sagen. Dann müsste sie doch zugeben, dass sie uns engagiert hat.« Ja, natürlich, das stimmt schon. Trotzdem ist mir alles andere als wohl in meiner Haut. Warum musste ich Simon unbedingt vorgaukeln, dass ich einen neuen Freund habe? Was war das für eine Schnapsidee? Plötzlich komme ich mir unglaublich dumm vor. Hier stehe ich nun in meinem siebenhundert Euro teuren Outfit, und wozu? Was will ich eigentlich beweisen? Vielleicht sollten wir tatsächlich besser nach Hause fahren und ich Simon so bald wie möglich reinen Wein einschenken. Das wird zwar vermutlich ein bisschen peinlich werden, aber besser, als sich weiter in Lügen zu verstricken. Gerade will ich Lutz meinen Entschluss mitteilen, da reißt er mich so stürmisch an sich, dass ich strauchele. Ehe ich mich versehe, hat er seine Lippen auf meine gelegt und gibt mir einen leidenschaftlichen Kuss. Ich stemme mich gegen seine Brust, aber gegen seinen Klammergriff kann ich nichts ausrichten. Nach der ersten Schrecksekunde mache ich mit, denn irgendwie ist es ganz schön. Als er mich endlich freilässt, schnappe ich nach Luft und sehe ihm in die schönen Augen.
»Lutz«, flüstere ich, doch da hat er sich schon von mir abgewendet, und nun erkenne ich auch den Grund für seinen plötzlichen Überfall.
»Hallo Simon«, begrüßt er meinen Exfreund, der nur etwa einen Meter von uns entfernt steht und ein wenig konsterniert aus der Wäsche guckt. Wie lange steht er da schon? Jetzt reißt er sich zusammen und ergreift Lutz ausgestreckte Rechte. Die beiden Männer schütteln sich ausgiebig die Hand.
»Hallo Lutz«, sagt Simon, und sein Lächeln wirkt irgendwie verkrampft. Verwundert sehe ich von ihm zu Lutz, dessen Gesichtsausdruck ebenfalls merkliche Anspannung zeigt. An beiden Händen treten jetzt schon deutlich blaue Adern hervor, und ich beschließe, das Rüdengehabe zunächst einmal zu beenden.
»Hallo Simon«, sage ich und will ihm ein Küsschen auf die Wange geben. Kaum haben meine Lippen sein Gesicht berührt, zieht Lutz mich an der Hand wieder an seine Seite.
»Wollen wir dann?«, schlägt er vor und geht beherzt voran. Gemeinsam betreten wir die Galerie. Als Lutz mir vor der Garderobe aus dem Mantel hilft, schnappt Simon nach Luft. Ich bin ganz sicher. Obwohl ich mit dem Rücken zu ihm stand, habe ich es gehört! Ganz langsam vollführe ich eine halbe Drehung und sehe ihn an, während Lutz unsere Mäntel abgibt.
»Wow. Vivi, das ist ja … ich meine …«, seine Augen kleben förmlich an mir, und ich genieße es, ihn sprachlos zu erleben. Gespannt hänge ich an seinen Lippen. Wie ist es denn nun? Was meint er? Aber in diesem Moment spüre ich Lutz’ Hand an meinem Rücken.
»Ja, sieht sie nicht fantastisch aus?«, meint er herausfordernd.
»Ja«, stößt Simon hervor.
»Angucken ja, anfassen nein«, meint Lutz streng.
»Ich wollte sie gar nicht anfassen«, versetzt Simon angestrengt. »Es ist ein wunderschönes Kleid, das ist alles.« Das ist alles? Mein Lächeln verrutscht ein wenig in meinem Gesicht, und jetzt beginnt auch noch meine verdammte Unterlippe, unkontrolliert zu zittern. Du meine Güte, so schlimm ist es auch wieder nicht, was er da gesagt hat, schelte ich mich selbst. Diese dämlichen Hormone. Jetzt legt Lutz seinen Arm besitzergreifend um meine Taille und sagt:
»Eine wunderschöne Frau, meintest du wohl?« Ich lächele ihn dankbar an.
»Ich war mir nicht sicher, ob es mir gestattet ist, dieses Kompliment auszusprechen«, meint Simon so schnippisch, dass ich ihn überrascht ansehe. Wow, er kann ja eine richtige Zicke sein.
»Jeder Mann hört es gerne, wenn seine Frau anderen gefällt«, stellt Lutz lässig fest, und ich kann deutlich hören, wie Simon mit den Zähnen knirscht.
»Wo ist eigentlich Laura?«, wechsle ich deshalb schnell das Thema, aber irgendwie scheint auch das seine Stimmung nicht zu erhellen.
»Muss arbeiten«, meint er knapp und weicht meinem Blick aus.
»Oh.«
»Kommt sie denn später noch?«, erkundigt sich Lutz, während wir gemeinsam den weitläufigen Saal betreten, in dem sich Babsis Ausstellung befindet. Eine ganze Armee von kopf-, arm- und beinlosen, lebensgroßen Figuren erwartet uns, umwuselt von einer Menschenmenge, die noch im Besitz ihrer Gliedmaßen ist. Vor
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