Mit Fünfen ist man kinderreich
Bratpfanne umgehen konnte.
Heute bin ich von Rolfs sporadischen Einbrüchen in mein Küchenrevier nicht mehr so begeistert. (Er pflegt mich bei seinen Gastspielen zu allen subalternen Tätigkeiten wie Kartoffelschälen und Zwiebelschälen heranzuziehen und mir nach Beendigung seines Wirkens die nicht unerheblichen Aufräumungsarbeiten zu überlassen.) Übrigens ist er der Meinung, daß jeder Mensch kochen kann, wenn er die nötigen Grundbegriffe beherrscht. Alles andere sei lediglich eine Sache des Geschmacks. Recht hat er! Unsere Meinungen über die Zubereitung von Hühnerfrikassee gehen auch heute noch ziemlich auseinander, aber seins schmeckt trotzdem besser! Dafür stimmten wir in einem anderen Punkt völlig überein: Wir wollten Kinder, mindestens zwei, am besten drei. Ich bin ein Einzelkind und bedaure das heute noch. Ständig war ich Mittelpunkt elterlicher und großelterlicher Fürsorge, und so verfügte ich im Alter von vier Jahren zwar über einwandfreie Tischmanieren, muß aber sonst ein ziemlich unausstehliches Balg gewesen sein. Die Fama berichtet, daß meine charakteristischsten Merkmale Egoismus und despotische Herrscherallüren waren, denen sich meine Spielkameraden zu unterwerfen hatten. Taten sie das nicht, dann drehte ich ihnen den Rücken (oder sie mir!). Später muß ich mich wohl doch ein bißchen geändert haben, denn viele Freundschaften, die zu Beginn meiner Schulzeit begründet wurden, bestehen heute noch.
Rolf ist auch ein Einzelkind und hatte ähnliche Erfahrungen gemacht.
Außerdem waren wir uns darüber im klaren, daß sich der geplante Nachwuchs möglichst bald einzustellen hatte, denn Rolf wollte mit seinen Söhnen (!) noch Fußball spielen, bevor das altersbedingte Zipperlein derartige Vorsätze zunichte machen könnte.
Bis Sven geboren wurde, hatte ich mir die notwendigen Kenntnisse über die ›Aufzucht‹ von Babys aus Büchern zusammengelesen und war der Ansicht, eventuell auftretende Schwierigkeiten ohne weiteres meistern zu können. Die Praxis sah aber dann ganz anders aus. So wurde zum Beispiel in dem Buch ›Mein erstes Kind‹ dringend empfohlen, Säuglinge regelmäßig und zu ganz bestimmten Zeiten zu füttern. Mein Sohn war da völlig anderer Meinung. Er fing bereits zwei Stunden vor der fälligen Mahlzeit an zu brüllen, und wenn er endlich die Flasche bekam, schlief er nach den ersten Schlucken ein. Derartige Vorkommnisse wurden in dem Buch nicht behandelt. Also griff ich zur Selbsthilfe, weckte Sven mit einem kalten Waschlappen auf, dann nuckelte er auch brav ein paar Augenblicke weiter und schlief danach wieder ein. Auf diese Weise zogen sich die Mahlzeiten oft über eine Stunde lang hin, was mit den Angaben im Baby-Leitfaden keineswegs übereinstimmte. Trotz meiner unvorschriftsmäßigen Behandlung gedieh der Bursche prächtig, bekam runde Backen und einen blonden Lockenschopf, und ich war jedesmal empört, wenn mich jemand fragte, wie alt denn ›die Kleine‹ sei. Als der mädchenhafte Knabe ein halbes Jahr zählte, bekamen wir durch Zufall eine Dreizimmerwohnung mit Balkon angeboten und griffen zu.
In einem jener klugen Bücher hatte ich gelesen, daß der Altersunterschied zwischen Geschwistern möglichst gering sein soll. Warum der Autor dieser Ansicht war, weiß ich nicht mehr, vielleicht fand er es praktisch, wenn man gleich für zwei Kinder Windeln waschen kann. Jedenfalls hielt ich damals alles Gedruckte, das mit psychologischen Thesen durchsetzt war, für das Nonplusultra, und so wurde zwanzig Monate nach Sven unser Sascha geboren. Er kam übrigens fast drei Wochen zu früh und sprengte beinahe eine Verlobungsparty, weil ich mitten beim Kaffeetrinken fragte, wer von den anwesenden Autobesitzern mich in die Klinik fahren könnte. Rolf stieß erst abends wieder zu der Gesellschaft und übernahm ab Mitternacht die weiteren Kosten der Feier, nachdem ihm telefonisch die Ankunft seines zweiten Sohnes mitgeteilt worden war.
Sascha war ein ausgesprochen ruhiger Bürger, der selten schrie, anstandslos alles hinunterschluckte, was man ihm in den Mund schob, und das erste halbe Jahr seines Lebens überwiegend schlafend verbrachte. Das änderte sich allerdings schlagartig, als er anfing, herumzukrabbeln. Ich weiß nicht mehr, wie viele Bücher er damals zerrissen und wieviel Geschirr er zertrümmert hat. Jedenfalls mußten wir bald alles Zerbrechliche auf Schränken und Regalen übereinandertürmen, so daß unsere Wohnung manchmal aussah wie ein Auktionshaus kurz
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