Mit Haut und Haaren
könnten was mitkriegen,
was sie nichts angeht. Im Restaurant sagt er oft: »Jetzt
red doch nicht so laut!«
Wytse hat sich gegen den Kühlschrank gelehnt. Seine Aktentasche steht
auf dem Tisch, neben einer leeren Springform. Jetzt erst bemerkt Violet, wie sehr
die Tasche glänzt. An dem Blech kleben noch Kuchenreste. Vor ein paar Tagen haben
sie zusammen Apfelkuchen gebacken. Es war lustig. Der Kuchen war noch nicht fertiggebacken,
da waren sie schon alle betrunken.
»Vielleicht hat einer von den anderen ihn aufgebraucht«, sagt sie, mehr
zu sich als zu Wytse.
Die Glatze des Satellitentelefonhändlers leuchtet, und [251] sie muss daran
denken, wie er seinen Kopf alle zwei Tage unter der Dusche rasiert. »Es dauert nicht
lange«, hatte er ihr erklärt. »Man fährt sich ein paarmal mit dem Rasierer darüber,
und fertig. Hauptsache, man macht es regelmäßig. Auch in Afrika.«
Eben in der Kneipe hat er in einem fort geredet, jetzt schaut er ihr
schweigend zu beim Suchen.
»So ein Mist«, sagt sie, »das mit dem Puderzucker. Jetzt muss ich noch
mal in den Supermarkt! Und ich kann dir nichts anbieten, ich muss sofort weg, zu
meiner Verabredung.«
In der Linken hält sie immer noch den Pfannkuchenmix, mit der Rechten
reibt sie sich über den Rock. Die Hand juckt. Vielleicht von der Maus am Computer
oder der Tastatur.
Sie schaut den Satellitentelefonhändler an. Er nimmt seine Aktentasche
vom Tisch.
Make-up benutzt sie fast gar nicht. Ein bisschen Wimperntusche, Lippenstift, sonst nichts.
»Dann geh ich mal«, sagt Wytse. »War schön,
dich wiederzusehen.«
Ihr Rock ist mindestens zehn Jahre alt. Sie hat ihn am Anfang ihres Studiums
gekauft, aber er passt ihr noch immer.
Ihr Kleiderschrank ist nach Farben geordnet.
»Ja«, sagt sie. » Vielleicht sehen wir uns
noch mal wieder.«
Sie schaut sich um, ob sie vielleicht doch etwas übersehen hat, aber
vom Puderzucker fehlt jede Spur.
Wytse kommt auf sie zu, legt seine Hand auf ihre Schulter.
Sie denkt an Afrika, an die Leichen, stellt ihn sich vor, [252] wie er mitten
dazwischen das Notebook aus seiner glänzenden Aktentasche holt.
Violet will ihn auf die Wange küssen, doch er küsst sie auf den Mund.
Wegschieben ist unhöflich. Das tut man nicht, nach allem, was passiert
ist.
Sie erwidert den Kuss.
Er presst sie an sich. Seine Aktentasche fällt auf den Boden. Seine Rechte
gleitet über ihren Rock, über ihre Strumpfhose.
Sie denkt an den Satz, den sie in ihrem Tagebuch notiert hat. Er schiebt
seine Hand in ihre Strumpfhose. Er reibt über ihren Hintern.
Seine Hände sind kalt wie im Winter, aber nicht unangenehm.
Roland hat immer warme Hände, warm und verschwitzt.
Violet trägt einen weißen String, den sie sich einmal für ein helles
Kleid gekauft hat. Das Kleid hat sie nicht mehr, den
String schon.
Sie hat die Arme um ihn gelegt, den Pfannkuchenmix immer noch in der
Hand.
Mit einem Ruck zieht er ihr Strumpfhose und String herunter, bis knapp
über die Knie. Alle Unsicherheit, alle Zweifel an seiner Karriere sind plötzlich
verschwunden. Hier weiß er, was zu tun ist.
Er reibt über ihr Schamhaar. Er fummelt herum, ein bisschen ruppig, aber
nicht unangenehm.
Er führt einen Finger bei ihr ein.
»Nicht hier«, sagt sie. »Jeden Moment kann
wer kommen.«
[253] Er lässt sie los.
Sie stolpert zur Treppe, die zu ihrem Zimmer führt, erst vor den Stufen
zieht sie sich mühsam Strumpfhose und String wieder hoch. Sie führt ihn die Treppe
hinauf. An ihrer Tür hängt ein Poster von einer Luc-Tuymans-Ausstellung.
Im Zimmer herrscht riesiges Chaos. Sie verliert kein Wort darüber. Er
kennt Afrika.
Er fängt an, sich auszuziehen. Schnell und konzentriert, wie Leute beim
Arzt. Dabei berührt er sie kurz, als wolle er sich vergewissern, dass sie noch da
ist, dass er sich nicht umsonst auszieht.
Noch immer hält sie den Pfannkuchenmix in der Hand. Etwas unentschlossen
steht sie da, doch nicht wirklich. Die Entscheidung ist längst schon gefallen. Sie
stellt den Mix auf den Tisch, neben zwei Kerzenständer, eine leere Vase und eine
Schale mit Mandarinen. Sie zieht ihren Rock aus. Dann ihre goldfarbenen Schuhe,
mit einem zärtlichen Blick. Sie ist eine kleine Schuhfetischistin. Dann legt sie
Strumpfhose und String ab und zuletzt den Pullover. Den BH darf er lösen.
Er sagt nichts, macht auch keine Anstalten, besonders aktiv zu werden.
Sie berührt seinen Steifen, wie man beiläufig eine Hand
drückt. »Du brauchst ein Kondom«, sagt sie.
»Ich
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