Mit heißer Nadel Jagd auf Kids
mich gesucht?“,
fragte Klößchen.
Ein Lächeln strahlte auf — so
falsch wie selbst gemachte Geldscheine. Sie hatte kurz geschnittenes Haar und
ziemlich derbe Hände.
„Du bist Willi Sauerlich, ja?“
Der Ton wurde verschwörerisch. „Dein Freund Karl Vierstein schickt mich. Ich
soll dich zu ihm bringen. Mein Name ist Erie... äh... Erika Semmeling. Ich
arbeite auf Schloss Schulzling. Karl ist dort. Er hat was entdeckt. Ich weiß
nicht, was. Jedenfalls zog er mich ins Vertrauen. Er sagte, er wäre einer bösen
Sache auf der Spur. Einem Verbrechen. Jetzt braucht er deine Hilfe.“
Das war der Beweis. Klößchen
konnte sein Entsetzen kaum verbergen. War’s also doch ein Verbrechen, wozu da
Arsen gebraucht wurde.
Er nickte. „Ich weiß zwar
nicht, worum es geht. Aber Karl wird schon wissen, was er tut. Hat er Sie einfach
so hergeschickt?“
Erika Semmeling lächelte.
„Damit du mir auch glaubst, Willi: Hier! Karls Hotelausweis!“
Sie zog ihn aus der Tasche.
Karls Zimmernummer stand drauf.
Sie haben Karl, dachte Klößchen.
Und mich hält sie für blöd, diese Moosgrotte. Ist sie Prötls Komplizin? Oder
gehört sie zu Heisung? Oder sind die drei ein verbrecherisches Trio?
„Ich wollte gerade auf mein
Zimmer“, behauptete er, „weil... Sie sind mit dem Wagen da? Gut. Bitte, warten
Sie den kleinen Moment. Ich muss mir nur mal die Hände waschen.“
Er sockte in die Halle, holte
seinen Zimmerschlüssel, fuhr mit dem Lift hinauf, stürzte zum Telefon und rief
bei der Polizei an.
Nach einigem Hin und Her wurde
er mit einem Inspektor namens Eckert verbunden. Dessen Stimme klang
verständnisvoll und so, als nehme er seinen Dienst ernst. Klößchen berichtete,
und der Inspektor erfuhr alles, was sich in der Arsen-Angelegenheit bis zu
dieser Minute ereignet hatte. Kein Name blieb ungenannt.
„Wilhelm Prötl“, wiederholte
Eckert, der offenbar mitschrieb. „Teo Heisung, Erika Semmeling und... Moment
mal! Sagtest du Volkhardt von Villenau?“
„Das soll der Professor sein,
der auf Schloss Schulzling lebt. Völlig zurückgezogen, um nicht zu sagen:
diesem Prötl ausgeliefert. Der Professor ist sehr reich. Inspektor, ich bin
sicher, dass meinem Freund was zugestoßen ist. Ich werde jetzt mit dieser Frau
nach Schulzling fahren. Sie, Inspektor, haben dabei Gelegenheit, die Ganoven
auf frischer Tat zu erwischen.“
„Du darfst dich aber keiner
Gefahr aussetzen“, erwiderte Eckert. „Es wäre besser, du wartest im Hotel, und
meine Leute...“
„Ich habe keine Angst“,
unterbrach ihn Klößchen, wobei seine Zähne klapperten. „Es geht jetzt um Karl.
Die Verbrecher müssen sich in Sicherheit wiegen. Dann werden sie tun, was sie
vorhaben, und Sie, Inspektor, können alle fassen. Aber bitte, beeilen Sie
sich!“
Er wartete Eckerts Erwiderung
nicht ab, legte auf, nahm allen Mut zusammen, sauste hinunter und verließ das
Hotel.
Die Semmeling wartete. Auf
ihrem Vorstadt-Gesicht stritten gegensätzliche Empfindungen miteinander:
Misstrauen und geheuchelte Kameradschaftlichkeit. Klößchen tat, als wäre er
Feuer und Flamme, um sich mit Karl in ein Abenteuer zu stürzen.
Sie gingen zum Hotelparkplatz,
wo die Frau ihren Wagen hatte. Klößchen plumpste auf den Beifahrersitz. Kaum
dass er saß, rutschte Erika Semmelings freundliche Maske ein wenig nach unten.
„Angurten!“, befahl sie, weil
ihr das sowas Ähnliches zu sein schien wie: Fesseln!
Sie preschte los.
Hoffentlich ist auf den
Inspektor Verlass!, dachte Klößchen. Wenn er Mist baut, stehen wir morgen als
verschollen in der Zeitung.
*
Kriminalinspektor Eckert wäre
lieber Rechtsanwalt geworden. Aber familiäre Umstände hatten sein Studium
verhindert. Privat entwickelte er sich vor allem als Party-Löwe, wobei er
Verbindungen knüpfte und Bekannte sammelte wie andere Leute Briefmarken.
Zu seinen Bekannten zählte auch
der Rechtsanwalt Alwin Schlupf, Juniorchef der Kanzlei Schlupf, Schlupf und
Winterstein. Und von Alwy — Eckert erinnerte sich — hatte er kürzlich, während
einer Party, eine tolle Geschichte gehört: streng vertraulich natürlich,
sozusagen hinter vorgehaltenem Whiskyglas.
Eckert rotierte. Untergebene
wurden mit Anweisungen ausgestattet und zwei Fahrzeuge in Gang gesetzt — in
Richtung Schloss. Aber Eckert fuhr nicht mit, griff vielmehr zum Telefon und
ließ sich mit Alwy Schlupf verbinden, der in der nahen Großstadt zu Hause war.
„Grüß dich, Carlo“, freute sich
der Anwalt. „Wie steht’s?“
„Gut, gut.
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