Mit heißer Nadel Jagd auf Kids
keinen Henkel mehr hatte. Der Inspektor war Junggeselle.
Zuhause wartete niemand auf ihn. Deshalb nahm er’s mit den Dienststunden nicht
so genau. Oft blieb er länger.
„Hallo, meine jungen Freunde!“,
lächelte er.
Verblüfft hörte er sich an, was
sie ihm mitteilten.
Er sah zur Uhr. Dann schlug er
das Telefonbuch auf und suchte Agathe Buschs Adresse.
„Können wir mitkommen?“, fragte
Tim in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ. Als Ruritzli dennoch zögerte,
fügte der TKKG-Häuptling hinzu: „Wir bleiben auch im Wagen. Aber wir möchten in
der Nähe sein. Untätigkeit — wissen Sie — nervt uns.“
„Also gut!“
Der Himmel war schwarz. Kalter
Wind pfiff um die Hausecken. Sie fuhren schweigend. Das Straßenbild wandelte
sich. Die Gegend wurde ärmlich. Typen lungerten in Hauseingängen. Aus Kneipen
schallte Gegröhl.
Ruritzli suchte und fand
schließlich die Adresse: ein baufälliges Einfamilienhaus auf einem kleinen
Grundstück. Hinter Parterrefenstern brannte Licht. Aber die Vorhänge waren
geschlossen.
„Also, ihr wartet hier“, sagte
er.
Sie sahen ihm nach, als er zur
Tür ging.
„Sobald er drin ist“, sagte
Tim, „schleiche ich mich ans Haus und lausche unterm Fenster. Ich mache das
natürlich nur, um meine schwyzerdütschen Sprachkenntnisse zu verbessern.“
9. Das Testament des Professors
Das Café am Marktplatz von
Katlwaldstetten hieß Markt-Café. Klößchen gehörte zu den wenigen Gästen. Seit
einer Stunde wartete er auf Karl. Allmählich wurde der Schoko-Fan unruhig.
Unpünktlichkeit entspricht nicht Karls Art. War was passiert?
Heisung!
Im Telefonbuch, in dem Klößchen
nachgesehen hatte, gab es nur einen: Teo Heisung. In der Zeile unter seinem
Namen war aufgeführt: Zum Wurzelsepp, Imbissstube. Die Adresse war in der Nähe.
Klößchen bezahlte seine Portion
Kakao, das Schokoladeneis und die Schoko-Torte und machte sich auf die
Strümpfe. Beim WURZELSEPP wurde er enttäuscht. Die kleine Kneipe hatte
geschlossen. Jalousien hingen hinter den Fenstern. Nichts rührte sich.
Verdammt! Wo sollte er nach
Karl suchen? Vielleicht war er gerade jetzt im Markt-Café gewesen, und sie
hatten sich umgangen. Wahrscheinlich war er inzwischen im Hotel.
Klößchen hatte es so eilig,
dass er sich ein Taxi nahm. Aber im Grand-Hotel war Karl nicht. Jedenfalls war
sein Zimmerschlüssel an der Rezeption, und in der Halle konnte Klößchen seinen
Freund nicht entdecken.
War es an der Zeit, die Polizei
zu verständigen? Oder zu Hause anzurufen? Kommissar Glockner verständigen?
Lieber noch nicht, entschied Klößchen, denn sooooo lange war Karl noch nicht
überfällig.
In der Halle belegte Klößchen
den Sessel hinter der größten Palme. Das war nahe bei der Rezeption, aber der
anspruchslose Zimmerbaum und eine dicke Säule verbargen den Schoko-Fan. Er
blätterte in einem Gourmet-Magazin und äugte immer wieder zum Portal.
Gäste kamen und gingen. Im
Swimmingpool lieferten sich Kinder eine Wasserschlacht. Touristen aalten sich
auf der hoteleigenen Liegewiese. Auf den beiden Tennisplätzen wurde gemätscht.
Schmetterbälle waren bis hierher zu hören — auch das Beifall-Geraune der
Zuschauer.
„Guten Tag!“, sagte eine
Frauenstimme an der Rezeption. „Ich möchte zu Karl Vierstein.“
„Tut mir Leid, gnädige Frau“,
entgegnete der Empfangsmensch. „Der junge Mann ist... nein, er ist noch nicht
wieder im Haus.“
„Ach? Ja, dann... würde ich
gern seinen Freund sprechen.“
„Willi Sauerlich?“
„Ja, den.“
„Er ist im Haus. Aber nicht auf
seinem Zimmer, hat jedenfalls den Schlüssel nicht geholt. Ich glaube, Sie
finden ihn im Fernsehraum. Dort links, gnädige Frau.“
„Danke.“
Stille.
Damenschritte entfernten sich
zum Fernsehraum. Klößchen konnte endlich wieder atmen. Vorsichtig lugte er um
die Säule.
Die Frau war ziemlich drall,
trug einen Hosenanzug mit dazu passender Tasche und trat energisch auf den
mokkabraunen Teppichboden. Sie warf nur einen Blick in den Fernsehraum. Offenbar
war er leer.
Als sie zurückkam, tauchte
Klößchen wieder hinter die Säule. Die Frau ging hinaus.
Klößchen sockte zur Rezeption,
wo der Portier seine Zeitungslektüre unterbrach.
„Herr Sauerlich, eben wurde
nach Ihnen gefragt. Die Dame hat keine Nachricht hinterlassen, kann aber noch
nicht weit sein.“
Klößchen dankte und eilte ins
Freie, so unbefangen wie möglich.
Die Frau stand noch vor dem
Portal, machte einen harten Mund und blickte umher.
„Haben Sie
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