riesigen Werbeplakat für eine Zeitschrift namens Townhouse angrinste.
IT-GIRL CORNELIA ROCKMAN EROBERT MANHATTAN, lautete der Titel.
Lucy Jo suchte unter einer Markise ganz in der Nähe Schutz. Wem wollte sie was vormachen? MANHATTAN KAUT LUCY JO ELLIS DURCH UND SPUCKT SIE WIEDER AUS , so würde ihre Überschrift lauten – gleich neben einem Foto von einer kleinen ertrunkenen Ratte in grellbuntem Rüschenkleid mit altem Ski-Parka.
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An:
[email protected]Gesendet: 12. Dezember, 9.22 Uhr
Von:
[email protected]Betreff: in 20 min bei dir – essen bestellen?
In Trip Peters’ Hosentasche vibrierte das Blackberry. Er zog das Gerät heraus und schaute auf die blaue Anzeige. »Eloise. Ich sollte wohl lieber nach Hause fahren.«
Wyatt verdrehte die Augen. »Nur um das mal gesagt zu haben, ich verstehe einfach nicht, worauf du noch wartest. Ihr beiden seid doch ohnehin so gut wie verheiratet. Steck dem Mädel doch endlich einen Ring an den Finger.«
»Entweder man ist verheiratet, oder man ist es eben nicht.« Möglich, dass Trip vom Alkohol ein wenig nuschelte, aber seine Verteidigung stand wie eine Eins.
»Wunder Punkt, was?« Wyatt lachte. Aber irgendwie war er doch ein bisschen beeindruckt. Wer hätte schon gedacht, dass von all seinen Freunden ausgerechnet der pummelige Trip Peters sich am heftigsten dagegen sträuben würde zu heiraten? Andererseits, wer hätte schon gedacht, dass der an seinem fünfunddreißigsten Geburtstag fünfhundert Millionen Euro auf dem Konto haben würde?
»Eloise ist die Beste. Ich liebe sie heiß und innig. Ich will damit bloß sagen, die Ehe ist nun mal nicht für jeden was. Für uns ist sie jedenfalls nichts.«
»Was du nicht sagst.« Wyatt prostete ihm zu und genoss den letzten Schluck seines Scotchs. Dann winkte er dem Kellner, die Rechnung zu bringen. Wie beruhigend, wenigstens einen Kumpel zu haben, der noch nicht zum Feind übergelaufen war. Die meisten ihrer gemeinsamen Freunde waren inzwischen häuslich geworden und fest ins Familienleben eingebunden, mit Frau und Kindern, Haus und Hund; streng bewacht von Gefängniswärterinnen, die früher mal im Bungalow 8 oder im Moomba auf den Tischen getanzt hatten. Viele waren raus in die Vorstadt gezogen, nach Greenwich oder Locust Valley, und hatten damit auch den letzten Rest Spontaneität und Eigenständigkeit aufgegeben. Wyatt beneidete sie nicht im Geringsten. Und Trip offensichtlich auch nicht.
Gemeinsam stolperten sie aus der Bar hinaus in den Platzregen. »Wo ist denn Raoul?«, wollte Wyatt wissen. Er schaute die Straße hinunter in der Erwartung, jeden Augenblick den mitternachtsblauen Mercedes auszumachen, der Trip verfolgte, wo immer er ging und stand.
»Dem habe ich heute Abend freigegeben. Seine Tochter hat eine Ballettaufführung. Mieses Timing. Wir kriegen nie ein Taxi.« Trip zog sich die Barbour-Jacke über den Kopf.
»Wir laufen. Sind doch nur vier Blocks bis zu dir, und sechs zu mir«, meinte Wyatt. Trips Wunsch nach größtmöglicher Bequemlichkeit grenzte schon fast ans Skurrile, dachte er. Inzwischen packte und verschickte seine Haushälterin vor jeder Reise das gesamte Gepäck, um es ihm zu ersparen, ein lästiges kleines Rollköfferchen hinter sich her in den Privatjet zu ziehen.
Also machten sie sich gemeinsam auf den Weg, wobei sie immer wieder um die bereits recht tiefen Pfützen herumnavigieren mussten. »Lust auf ein paar Tage Turks & Caicos?«,
fragte Trip und stolperte über einen Hydranten, der plötzlich vor ihm aus dem Bürgersteig ragte. »Morgen früh um elf heben wir ab, wenn das Wetter mitspielt. Wir hätten noch ein Plätzchen frei.«
»Aha.« Wyatt überlegte kurz, aber er war viel zu trübsinnig, um sich zu einer Reise aufzurappeln. »Nächstes Mal vielleicht. Jetzt, wo ich wieder ein freier Mann bin, fliege ich vielleicht für ein paar Tage nach London. Dauernd verspreche ich Freunden, sie mal zu besuchen, aber immer habe ich zu viel um die Ohren.«
Wobei er »viel um die Ohren« ganz bewusst im weitesten Wortsinne benutzte. Und zwar ganz einfach, weil er der unbequemen Wahrheit, dass seine Karriere als biologischer Anthropologe ihm inzwischen genauso kräftezehrend erschien wie sein Herren-Sportprogramm – fünf Minuten Schwimmen, danach fünfzehn Minuten Dampfbad – im Racquet Club, nicht ins Auge schauen wollte. Obwohl er hin und wieder mal einen kleinen Artikel veröffentlichte – zu derart obskuren Themen wie das Paarungsverhalten männlicher