Mit Herz und High Heels - Clark, B: Mit Herz und High Heels - The Overnight Socialite
denn hinsetzen?«
»Gleich neben mich«, schlug Wyatt vor. »So kann ich sie im Auge behalten. Verhindern, dass sie aus der Fingerschale trinkt oder versucht, ihr Geschirr selbst abzuräumen.«
Schnell ging Dottie im Geiste die neue Sitzordnung durch. Sie hatte eine Gabe für die richtige Platzierung ihrer Gäste, die schon beinahe an mathematisches Genie grenzte. »Also gut. Und wie heißt sie?«, fragte sie.
»Lucy Ellis. Es wird bestimmt alles halb so schlimm, versprochen. Ich habe ihr gesellschaftliche Umgangsformen beigebracht…«
»Wie will ein Mann ohne jegliche Umgangsformen jemand anderem so etwas vermitteln? Du, der du gerade erst kürzlich meiner Freundin Millicent gesagt hast, sie sehe aus wie ein Mops?«
Worauf Wyatt bloß laut lachte. »Ich muss gestehen, das war nicht unbedingt eins meiner persönlichen Glanzlichter, aber etliche Studien belegen, dass Menschen und ihre Haustiere, wenn sie über einen längeren Zeitraum eng zusammenleben, einander immer ähnlicher…«
Ein Dienstmädchen in blauer Uniform erschien an der Tür. »Gäste, Mrs. Hayes.«
»Danke, Graciela. Würden Sie Pammy bitte sagen, sie soll eine Tischkarte mit dem Namen Lucy Ellis schreiben? Sie sitzt rechts neben Wyatt. Dafür müssen wir Mimi Rutherford zwischen Bancroft Stevens und Roger Rosenthal platzieren. Gott sei Dank habe ich heute Abend einen Herrn zu viel am Tisch.«
Wyatt rappelte sich ebenfalls auf, als seine Mutter aufstand. »Lucy weiß noch nichts von dem Buch. Und es ist wichtig, dass niemand die Wahrheit über sie erfährt. Meine Karriere hängt davon ab.«
»Natürlich werde ich kein Wort über dein seltsames Experiment verlieren. Das arme Ding. Meinst du, du müsstest mir wirklich einbläuen, keinen meiner Gäste bloßzustellen?«
»Ich weiß deine Unterstützung zu schätzen, Mutter.«
»Ich weiß gar nicht, ob du darauf zählen kannst, Herzchen.« Und dann seufzte Dottie tief. Sie hatte ihrem Sohn noch nie etwas abschlagen können – was wohl so einiges erklärte.
»Martha, hallo!«, rief Wyatt und beugte sich durch eine Amarige-Duftwolke hinunter, um der mürrischen Matrone einen Kuss auf die Wange zu geben. Martha Fairchild wirkte zunächst etwas verblüfft, ihn zu sehen – er ließ sich nur äußerst selten bei den Dinnerpartys seiner Mutter blicken -, verzog das Gesicht aber dann rasch wieder zum gewohnt desinteressierten, teilnahmslosen Flunsch. Hinter ihr standen ihre beiden Sprösslinge, Fernanda und Max, die in Wyatts Augen mehr wie zu groß geratene Kinder aussahen denn wie erwachsene Menschen. Max war Beweisstück A für die These, dass jahrhundertelange Inzucht unter Blaublütern zwangsläufig zu Sauerstoffmangel in der Blutbahn führte. Und wenn man sich die dunkeläugige Fernanda mit dem unsteten Blick so anschaute, dann war Wyatt sofort auf der Hut. Fernanda gehörte, wie er wusste, zu Cornelias Hofstaat. Cornelia verfügte nämlich über Kohle, Eleganz und Elan, die Fernanda leider allesamt gänzlich abgingen. Wenn er nicht aufpasste, würde sie Cornelia brühwarm sämtliche Details des Abends berichten, inklusive der brandheißen Nachrichten über eine große, attraktive und bislang unbekannte junge Dame, die an Wyatts Seite aufgetaucht war. Wyatt wollte, dass der Auftritt am heutigen Abend im kleinen Kreis blieb. Lucys Debüt sollte möglichst ohne Aufsehen zu erregen über die Bühne gehen, so wie man mit einem neuen Segelboot erst mal einen kleinen Törn um den Hafen machte, ehe man damit ein Rennen segelte.
»Du bist also wieder zurück aus … wo warst du noch mal?«, fragte Fernanda.
»Ich war hier.« Er wusste genau, dass sie ihn aus der Reserve locken wollte, aber da spielte er nicht mit.
»Tja, wir haben dich auf dem Rotkreuz-Ball vermisst. Der war dieses Jahr einfach fantastisch.«
»Das glaube ich«, entgegnete Wyatt. Wobei er über Fernandas knochige Schulter zur Tür lugte, ob Trip, Eloise und Lucy inzwischen angekommen waren. Jetzt, wo die Hohenpriester und -priesterinnen der feinen Gesellschaft sich im Salon seiner Mutter drängten, wurde Wyatt doch ein bisschen mulmig beim Gedanken daran, ob sein Schützling in diesen rauen Gewässern wohl schwimmen oder untergehen würde. Denn Lucy war immer noch ziemlich unberechenbar.
Da der Großteil der New Yorker Society über die Feiertage verreist war, hatte Wyatt es riskiert, Lucy gelegentlich zum Essen in das eine oder andere Restaurant auszuführen, wo die beiden unentdeckt diniert hatten. Vor zwei Tagen waren
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