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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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Grashüpfer flattern, schaukeln und gaukeln paradiesische Ruhe vor bis endlich - schon vermisst - irgendein Arbeitswütiger den Rasenmäher anwirft und außerhalb des Campinggeländes eine Kreissäge den Frieden zerreißt
    Aber wir machen uns ohnedies ausgehfertig für unseren Stadtbummel. Als ich an der Rezeption unsere Aufenthaltsverlängerung bekannt gebe, erwartet mich die reizende Madame mit einer Überraschung. Was ich davon halte, sie möchte die Lokalzeitung anrufen, damit jemand ein Interview mit uns mache, denn so eine nicht alltägliche Story wie unsere Reise gehöre einfach veröffentlicht. Völlig überrumpelt, mit leicht ungutem Gefühl, stimme ich ihrem Vorschlag zu und verabrede eine passende Uhrzeit am Abend. Sie selbst scheint mir total begeistert von ihrer Idee, also beschließe ich, es auch zu versuchen.
    Der Nachmittag sieht uns jedoch vorerst in Langres. Den Jockl stationieren wir gut sichtbar beim Diderot-Denkmal, und von hier drehen wir eine ausgedehnte Runde durch die belebte Hauptstraße mit Abstechern durch Seitengässchen, immer auf der Suche nach »Entdeckungen« aller Art, bis am Rückweg die fünfschiffige Kathedrale, ein romanisch-gotisches Werk der Burgunder Schule, ihr Recht auf Aufmerksamkeit fordert. Äußerlich wird ihre massige Größe durch eine flächige Fassade und zwei klobige Türme aus dem 18. Jahrhundert zusätzlich unterstrichen; innen wirkt sie wider Erwarten weniger wuchtig, jedoch sehr düster. Die Stunden verfliegen im Nu; gerade, daß wir noch Zeit finden, es uns für ein paar Minuten vor einem Café in der Sonne gemütlich zu machen. Den Jockl in Sichtweite, amüsieren wir uns über seine neugierigen Betrachter, die sich kontinuierlich abwechseln - ein ständiges Kommen und Gehen, bis wir kommen und fahren.
    Zurück ins Camp, wo gegen 19.00 Uhr tatsächlich ein Auto der Langreser Lokalzeitung aus Richtung Rezeption heranprescht. Ihm entsteigt eine zierliche Mademoiselle, ihres Berufsstandes Reporterin. Da stehen wir uns nun gegenüber und testen nach einem überschwenglichen Händegeschüttel notwendigerweise die Verständigungsebenen durch und einigen uns auf ein englisch gespicktes Deutsch, das die junge Dame zu unserer Erleichterung einigermaßen gut beherrscht. Aurelie, so ihr blumiger Name, kichert, als sie aussteigt, kichert, als sie unseren Jockl umschreitet und kichert immer noch, als sie unsere Geschichte als Stenogramm in ihr Notizbuch kritzelt. Bald kichern wir zu dritt, vor allem, wenn gewisse Vokabeln auf Ewigkeiten ins Vergessen entschwunden sind und durch andere Wortschöpfungen ersetzt werden müssen. Auf jeden Fall hab’ ich mir ein Interview anders vorgestellt - sachlicher. Als Aurelie mit Fotos von uns und Jockl in der Kamera in rennwütigem Fahrstil davonrast, werde ich das Gefühl nicht los, daß sie hinter unseren grinsenden Gesichtern einige lockere Schrauben vermutet.
     
    Einer sternenklaren, windstillen Nacht folgt ein leicht windiger Morgen mit einigen Schleierwolken im Westen. Das Erholungspotential des gestrigen Tages trägt Früchte; in Rekordzeit haben wir unser mobiles Heim startklar gemacht und bald sieht man uns in Langres beim Frühstückskaffee über die Landkarte gebeugt und die heutige Route besprechend.
    Das rumpelige Langreser Steinpflaster erwirkt eine neue Traktor-Sitzordnung, das heißt, was als vorübergehende Entlastung meiner wimmernden Bandscheiben gedacht war - die Flucht auf das Kotflügelbänkchen - wird sich im nachhinein als Dauereinrichtung bestätigen. Das höhere Sitzen ermöglicht, infolge eines flacheren Beinwinkels vor Hindernissen und Unebenheiten, ein rascheres Lüpfen des Hinterteils, somit knalle ich nicht über jedem Schlagloch so ungebremst auf wie Fallobst. Zwar werde ich mich dabei erst an eine ständige Tuchfühlung mit vorbeirasenden Lkws gewöhnen müssen, aber das nehme ich gerne in Kauf.
    Die ersten Kilometer bringen uns nach Pierrefontaines, ab hier wage ich mich seltenerweise mal selber wieder hinter das Lenkrad. Wie herrlich, in der gemütlich gefederten Sitzschüssel schaukelnd ins Blaue hineinzutuckern, ohne viel Verkehr, ohne Orts- oder gar Stadtdurchfahrten und sich die Hände am Lenkrad angenehm durchvibrieren zu lassen, links und rechts von wahren Blumenmeeren begleitet, die ein beständiger Wind in sanften Wellen in Bewegung hält und jeder überflüssige Gedanke wie Löwenzahnsamen davonsegelt. Ungezählte Stopps bereichern die Fahrt mit Ausblicken über weite Getreidefelder,

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