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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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(staatliche Nobelherberge), der in einem Trakt des Königspalastes von sich Reden macht, treffen sich die jungen Mütter der Stadt mit ihrem Nachwuchs zum Tagesklatsch. Ladenbesitzer vor ihren Geschäften, bequem auf Stühlen plaziert und mit jedermann zu einem Schwätzchen aufgelegt, warten auf Kundschaft. Die Stadt scheint weder Hektik noch Langeweile zu kennen.
    Wir können uns nicht so einfach von ihr trennen und nehmen einen Campingplatz, weit hinter der Stadt, als willkommenen Fingerzeig, uns gleich hier niederzulassen. Das entspricht zwar nicht unserem Mindestsoll an Tageskilometern, und wenn wir so weitermachen wie gestern und heute, erreichen wir Santiago erst um Weihnachten. Doch was soll’s, nach dem Regen müssen wir uns schon mit etwas Schönem verwöhnen. Und so kehren wir nach dem Zeltaufbau nach Olite zurück und bleiben dort bis zum Abend.
     
    Die Nacht, in Sichtweite der angestrahlten Stadt, beschert uns Regen. Bei Tagesanbruch versickern die letzten Rinnsale im Schotter. Im Aufatmen über das vorläufige Ende des Gesudels ergießen sich neue Wellen über uns. Bald wird mir dieses ewige Geplantsche zuviel. Ja, ich bin mir selbst bald zuviel, als sich noch dazu ein Mitcamper vor dem Jockl interessiert aufbaut und mich mit Fragen löchert, die ich kurz angebunden aber mit einem Mindestmaß an Freundlichkeit beantworte. Schließlich meint er sinnigerweise, dem Traktor fehle ein Dach, ob wir denn keines hätten. Nein, wir haben keines, war meine eindeutige Antwort. Darauf läßt er mich grußlos stehen, kommt aber wenige Minuten später wieder mit derselben Frage nach dem Dach, und daß wir bei Regen - man sieht es ja - doch naß würden. Dann ziehen wir Regenbekleidung an, außerdem regnet es ja nicht immer, gab ich mit einem tiefen Luftholen zurück. Unschlüssig bewegt er sich fort, und ich spüre seine Unzufriedenheit gleichermaßen wie meine fiebrige Gereiztheit. Tatsächlich kehrt er nochmals zurück und liefert mich damit einer Stimmung aus, in der man mich am besten allein läßt. Er kann nicht von diesem blöden Dach lassen. So bewaffne ich mich mit meinem besten Stockzahnlächeln und gebe zu, daß wir ein kleines Verdeck in der Kiste mitführen - fragt sich nur wo -, dieses aber nur bei ganz schwerem Regen montieren. Besagter Herr nickt und geht - wieder grußlos; keine Ahnung, ob er den Käse geschluckt hat oder nicht. Heiliger Jakobus, hab’ ein Einsehen mit meinem Sarkasmus - aber manche Leut’ brauchen das und ich auch.
    Gegen Mittag löst sich der Regen in gefälligeres Nieseln auf, und wir packen zusammen. Auf der N121 nach Tafalla fährt es sich noch ganz bequem. Doch in Tafalla selbst geht die Post ab. War in Olite nach Beschaulichkeit angesagt, so lernen wir hier, was man unter einer Lkw-verseuchten Stadt versteht. Staus, Bauarbeiten, keine Parkplätze, Lärm, Abgase - und das alles an der Autobahn nach Pamplona. Trotzdem finden wir einen Gemüseladen, wo wir endlich Brot bekommen und entdecken in einer Eisenwarenhandlung im wahrsten Sinn des Wortes hinter, zwischen und unter tausend anderen Dingen eine Gaskartusche, die wir aus ihrem Versteck graben und die uns beglückt, als hätten wir ein Goldnugget gefunden.
    Das war’s dann auch schon; für die nächste Zeit versinken wir wieder in Apathie. Nicht einmal der horrende Verkehr zwischen Tafalla und Campanas scheint in Wolfgangs Bewußtsein zu dringen. Er startet und fährt und fährt, ungerührt jeder Zentimeterannäherung diverser Lkws, wenn diese uns überholen und dabei manchmal mit schlingernden und schaukelnden Anhängern gefährlich auf Tuchfühlung gehen. Kurz vor Campanas befahren wir nach der Abzweigung nach Puente la Reina erstmals wieder vertrautes Terrain auf spanischem Boden. Vor Jahren schon bogen wir ebenfalls hier an dieser Kreuzung ab, allerdings vom nördlichen Pamplona herunterradelnd. Interessanterweise besitzen wir wenig Erinnerung an die kommenden Kilometer. Die Landschaft wirkt zwar insgesamt grüner, das beeinflußt aber kaum die baumlose Hügelmonotonie. Erst bei Eunate stellt sich das große Erkennen ein. Auf halbem Weg nach Puente la Reina steht mitten in den Feldern und über eine schmale Stichstraße erreichbar die kleine einsame Kirche von Eunate, ein romanisches Juwel aus dem 12. Jahrhundert. Über einem achteckigen Grundriß erhebt sich ein schlichter Bau mit Glockenwand, einfachen Portalen, Blendbögen, skulptierten Kragsteinen und einem vom Bauwerk abgesetzten ebenfalls achteckigen

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