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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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unseren Einkäufen beladen, haben auch wir unsere Beobachter, deren Blicke eher skeptisch, erstaunt und mit einigem Abstand unser Tun verfolgen. Einige heftige Hiebe auf Jockls Starter verstärken die gespannte Aufmerksamkeit, und wir atmen auf, als wir die Manege mit Getöse verlassen können.
    Vom Camino im Tal des Río Aragón abzweigend, folgen wir zehn Kilometer hinter Jaca dem Richtungsweiser nach Santa Cruz de la Serós. Kilometer für Kilometer grünt die Landschaft überraschend auf, und ab Santa Cruz führt eine schmale Bergstraße durch eine überraschend üppige Vegetation aus Wäldern, meterhohen Disteln, Säumen bunter Sommerblumen, Brombeerhecken und Heidelbeerhängen zur Felskulisse der Sierra de San Juan de la Pena, die in einem gloriosen Bogen den würdigen Rahmen für einen hinreißend gelegenen romanischen Klosterkomplex bildet. In einer kurvigen Auffahrt mit herrlichen Fernblicken Richtung Jaca, ihrem Hausberg, dem 1769 m hohen Oroel, und die Pyrenäenkette im Hintergrund, steigen wir zu wahren Adlerhöhen auf. Zwei gute Dutzend dieser Könige der Lüfte segeln in eleganten Schleifen hoch über unseren Köpfen - für uns ein Erlebnis von seltener Einmaligkeit. Wir halten in einer Kehre. Die Stille, nachdem die letzten Takte des Motors verhallt sind, lähmt fast den Atem, läßt jedes Wort zu spröden Lauten vertrocknen und das Schottergeräusch unter unseren Schritten zu Fremdklängen verklumpen und wie Murmeln talwärts kugeln. Hundegebell dringt von Santa Cruz herauf, doch hier heroben klingt es nicht mehr wie Bellen, sondern wie künstlich erzeugte Töne, die an ein Bellen erinnern. Ich bin versucht, mich in diese eigenartige Stille fallenzulassen und wie betäubt in ihr zu treiben. Ein Druck auf den Startknopf holt mich zu den Tatsachen zurück, und wir klettern noch ein deines Stück höher, als hinter einer letzten Biegung der Blick auf das Monasterio San Juan de la Peña unsere Herzen augenblicklich schneller schlagen läßt. Scheinbar wie unter Megatonnen Stein eingeklemmt, wehrt sich das Benediktinerkloster, ein »Monumento nacional«, unter einem schwer überhängenden, rötlichen Fels vor dem endgültigen Erdrücktwerden. Die leider verschlossene Kirche wirkt wie ein unter den Felsblock getriebener Keil; ihren Kreuzgang hingegen deckt der Felsüberhang in angemessenem Abstand mit gerade so viel Freiraum, der uns von einer kleinen Anhöhe außerhalb des Klosters einen Schräg-von-oben-Einblick in den Säulenhof ermöglicht. Könige von Aragonien und Navarra fanden hier ihre letzte Ruhestätte. Bedauerlich, daß die Hoheiten ihre wunderbare »Lage« nicht mehr genießen können. Das tun wir dafür umso ausgiebiger, ehe wir aussichtstrunken wieder nach Santa Cruz hinunterrasen und dort eine kurze Rast einlegen. Eine Packung steinharter Kekse in Löskaffee beißbar gemacht, ersetzt ein verspätetes Mittagsessen.
    Zurück auf der Hauptstraße brettern wir Richtung Pamplona weiter, geradewegs in eine neue Wolkenfront hinein. Unsere gute Laune ebbt merklich ab, und unser Empfinden gleicht sich einer leicht trostlosen Landschaft an. Allein dem Ort Berdun , malerisch auf einer Art Tafelberg gelegen, gelingt es, uns für wenige Augenblicke aus einer Geradeaushypnose zu lösen. Parallel zur Straße verläuft für kurze Zeit der Río Veral, der vor der Provinzgrenze in den Río Aragón mündet und dessen spärliche Wasser sich in einem feinen Adergeflecht zwischen Unmengen abgelagerten Schotters und Kies’ aus den nahen Bergen durch das überbreite Flußbett schlängelt.
    Unsere Blinkbeule gibt den Rotationsgeist auf, was eine längere Pause erfordert, um das Motörchen mit Fingerspitzengefühl und Spucke wieder in Gang zu bringen. Während Wolfgang dem Defekt nachspürt, zerreißt ein endloses Zikadengezirpe die Stille. Ab und zu ein Pkw, ein leichter Luftzug im raschelnden Gestrüpp und das Mahlgeräusch einer neuen Packung Steinkekse im inneren Ohr, das sind die nachhaltigsten Eindrücke an der Provinzgrenze von Huesca und Zaragoza.
    Am Embalse de Yesa, dem riesigen Wasserreservoir des gestauten Río Aragón bremsen skurrile Gesteinsformen unser Weiterkommen. Wie auf erstarrten Wellen balancieren wir auf den Felsen herum, die auf einer weiten Fläche zu beiden Seiten der Straße bis zum tiefergelegen See reichen, dessen Wasserfläche eine unentrinnbare Düsternis widerspiegelt. Kein gutes Zeichen und wenig Hoffnung auf eine trockene Nacht. Bei Tiermas, einem Dorf auf einem Hügel über dem

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