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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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werden bald auch diese kariösen Lücken fachmännisch beseitigt werden.
    In Estella lernen wir nach langer Zeit wieder die Vorzüge eines richtigen Kaffeehauses, mit allem was dazugehört, zu schätzen, vor allem eine große Auswahl an süßen Verführungen. In den herkömmlichen Café-Bars gibt es nur Flüssiges, Tapas und vielleicht noch Croissants. Uns haften bestimmt keine Gourmet-Allüren an, aber so ein saftiges Stück Apfelkuchen oder Cremiges und Flaumiges zu himmlischen Konditorwerken gerollt, Marzipantörtchen oder fruchtige Rhabarberschnitten, das wertet eine Kaffeehaussitzung doch ungemein auf. Vor allem dann, wenn wieder mit einer größeren Durststrecke zu rechnen ist. Und das tut es!
    Auf dem Weg stadtauswärts Richtung Logroño überholt uns ein Jeep der »Guardia Civil«, der dann wenig später, am Straßenrand geparkt, auf uns wartet, aber nicht, wie vermutet, für eine Fahrzeugkontrolle, sondern für ein Foto, das die lachenden, winkenden Polizisten von uns im Vorbeifahren blitzen. Auch auf diese Art kann die Obrigkeit ein Auge auf uns werfen. Kurz darauf erfolgt bereits der nächste Stopp beim Benediktinerkloster Irache, einem der ältesten Klöster Navarras, für welches nur Wolfgang ein Ticket löst; ich bin einfach kirchenmüde. In dieser Mattigkeit bleibe ich auch die folgenden 20 Kilometer hängen, während wir entlang der schroffen Mendilerossa-Gebirgskette knattern. Hügelauf und hügelab gehört die Straße uns; niemand, der uns überholt; niemand, den wir behindern.
    Der elegante Turm der Dorfkirche von Los Arcos zieht an uns vorbei, und bald zeichnen sich in der Ferne auf einem Hügel die Häuser von Sansol ab. Hinter dem Ort fällt das Gelände zum Tal des Río Linares ab, an dem Torres del Río liegt. Ein Allerweltsflecken, stünde hier nicht eine einzigartige, achteckige Grabeskirche aus dem 12. Jahrhundert; ein heiter wirkendes, dem Tempelritterorden zugeschriebenes Bauwerk mit byzantinischen und mudejaren Einflüssen. Einige Besucher haben sich gerade in einem der umliegenden Häuser die Kirchenschlüssel besorgt, und so kommen wir diesmal in den Genuss einer Besichtigung, die unsere eingeschlafene Begeisterung aufs neue entfacht. Diese halten wir dann auch bis nach Viana wach. Kurz nach Torres del Río werden wir links der Straße draußen in der steppenartigen Ebene auf ein Reiterpärchen aufmerksam. Mit zusätzlich zwei Packpferden und einem vorausspringenden Hund geben sie fast ein biblisches Bild ab. Wir verrenken uns die Köpfe, bis wir sie aus den Augen verlieren und die Stadt Viana neue Ablenkung bringt. Auf einem Kegelstumpf gelegen, muß man sie einfach besuchen und wird überrascht sein von ihrer Ausdehnung, ihren imposanten, wappengeschmückten Adelshäusern und der monumentalen Kirche Santa María, deren Kathedralenausmaße den Mittelpunkt der Stadt bestimmen. Wer für letzte Ruhestätten historischer Persönlichkeiten was übrig hat: Cesare Borgias sterbliche Reste seines skrupellosen Lebens befinden sich unter einer Grabplatte vor dem Portal Santa Marias. Eigentlich haben wir Viana sehr viel lebendiger in Erinnerung, als der Ort vor Jahren im Anschluß eines Stiertreiben-Spektakels im Festtaumel musikalischer Mißtöne und weinseliger Freuden unterging. Trotzdem ist sie nach wie vor dieselbe Stadt, nur ihr Pulsschlag ist heute eben ein anderer.
    Endlich stehen die letzten Kilometer an. Kurz vor der Regionsgrenze nach La Rioja treffen wir das Reiterpärchen erneut, als es gerade die Fahrbahn quert und mit seiner Karawane auf einen Pfad parallel zur Straße einschwenkt. Der Mann winkt freundlich, wir zurück! Vor uns weitet sich nun die fruchtbare Ebene des Ebro-Tales samt dem Herz der Provinz, der schwungvollen Stadt Logroño. Wir finden uns hier bald wieder zurecht und peilen den Campingplatz am Fluß an, als ob wir erst heute morgen hier abgefahren wären. Den restlichen Nachmittag und Abend mischen wir uns unters großstädtische Volk und promenieren in Wogen zahlloser Familien und Pärchen, die das allabendliche Ritual wie ein natürlicher Reflex auf die Plazas, Paseos, Avenidas und Calles drängt - freilich in unserer verstaubten Reisemontur nur bedingt zur übrigen Gala-Gesellschaft passend.
     
    Für ein weiteres Fahndungsfoto drückt diesmal die spanische »Policia« am Stadtrand von Logroño aus einem fahrenden Auto auf den Auslöser; für ein Poster in der Polizeikantine geben wir sicher ein gutes Motiv ab. Zusammen mit dem Wetter sind wir überaus

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