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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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Blicke so ungeniert über das hundertfache Dösen, Bräunen, Toben und Schreien schweifen lasse, frage ich mich, ob vielleicht mit meinem Gefühl und meiner Vorstellung von Erholung irgend etwas nicht stimmt.
    In der lauten Überfülltheit des Campingplatzes mit seinen ewigen Grilldüften und Wohnwagenrangierereien arbeiteten wir noch gestern Abend für die nächsten läge eine neue Route aus. Die bis jetzt bereisten Abschnitte der galizischen Küste ernpfanden wir einfach als zu enttäuschend, so daß wir, anstatt wie geplant entlang der Küste nach Portugal zu fahren, bereits heute den Atlantik verlassen, um uns in einem diagonalen Zickzackkurs durchs Hinterland zur portugiesischen Grenze durchzumanövrieren.
    Vorerst bleibt uns noch nichts anderes übrig, als auf der Küstenstraße nach Pontevedra zu kurven. Auf den rund 20 Kilometern zwischen Sanxenxo und Pontevedra liegen laut unserer Landkarte zwei einsame Orte, und trotzdem absolvieren wir die Strecke wie durch eine endlose Kette von Straßendörfern. Doch kaum haben wir den Meeresarm von Pontevedra überquert, lauern großstädtische Hindernisse auf uns. Einmal eine falsche Abzweigung genommen, verfilzen wir uns hoffnungslos im Einbahnnetz der Stadt und rotieren halbe Ewigkeiten um den heißen Brei herum, ohne ihm je näher zu kommen. Irgendwo bietet sich schließlich ein ideales Schattenplätzchen im Parkverbot, um unseren Jockl abzustellen; von dort klappern wir die Innenstadt auf Schusters Rappen ab. Auch bei Saunatemperaturen lohnt Pontevedra einen Besuch, und so unternehmen wir einen ausgedehnten Spaziergang, beginnend bei den Ruinen des Klosters Santo Domingo, zur Capilla de la Peregrina, hinüber zum Kloster San Francisco und durch die teils sehenswerte Altstadt zum hervorragendsten Baudenkmal der Stadt, der Basilika Santa María de Mayor aus dem 16. Jahrhundert mit ihrer glanzvollen Barockfassade. Den Rundgang beenden wir auf der Plaza España unter dem Sonnenschirm eines kleinen Cafés zwischen Bergen von Prospekten, mit denen uns ein selten hilfsbereiter Mitarbeiter des Tourist-Office einen ganzen Plastiksack angefüllt hat. Pontevedra wäre demnach sehr wohl einen längeren Aufenthalt wert, wir aber halten unbeirrt an unserer Planung fest und kehren ihr, sobald unser hitzegeschwächter Orientierungssinn wieder funktioniert, den Rücken.
    Wir queren die Halbinsel von Morazzo, daran anschließend einige Kilometer entlang der Ría de Vigo bis Redondela. Nach wie vor erscheint uns die Fjordenküste Galiciens mit ihren Halbinseln, vorgelagerten Inseln und winzigen Eilanden abweisend, im besten Falle nichtssagend und bleiben unfairerweise auch weiterhin blind und ungerührt über jede ihrer noch so positiven Veränderungen. Wir wollen nur weg von der Küste und diesen Wunsch erfüllen wir uns, als wir bei O Porriño endlich auf die N120 bergauf in den Osten abschwenken. Mehr in Trance als bei vollem Bewußtsein erleben wir die nächsten Kilometer. Klatschnaß, wie nach einer Dusche, kleben uns seit Pontevedra Hosen und T-Shirts am Körper, selbst der bislang angenehme Fahrtwind bläst uns wie ein auf Höchststufe laufender Haarfön Pausenlos Asphalthitze in unsere Gesichter. Die geröteten Augen brennen von Sonne und Straßenstaub, an Stirne und Schläfen vereinigen sich Schweißtropfen zu salzigen Rinnsalen und versickern kontinuierlich in irgendwelchen Tiefen unterhalb des Halses, und bald fühle ich mich wie tausend geöffnete Wasserhähne, so vehement bricht der Schweiß aus allen Poren hervor.
    In Ponteareas, wo wir kurz nach 18.00 Uhr eintreffen, lechzt die Stadt noch immer einem drohenden Hitzekollaps entgegen. Wie in Zeitlupe schleichen die wenigen Menschen durch die Gassen, und fast macht es den Eindruck, als geizten sie mit jeder Bewegung. In dieser lebensfeindlichen Lethargie ersehnen wir uns zu unserer Rettung eine Eisdiele, nach der wir wie besessen eine Gasse nach der anderen abrennen, jedoch ohne Erfolg. Als triefende Waschlappen und mit merklich schwindender Laune kehren wir zum Jockl zurück und widmen uns der leidigen Campingplatzsuche, den wir drei Kilometer nördlich der Stadt nach einer kleinen Irrfahrt schachmatt erreichen. Wenigstens erweist sich der Campbesitzer von der ersten Sekunde an als ausgesprochener Jockl-Freund, das heißt: Freunde nächtigen gratis! Da der um das Wohl seiner Gäste besorgte Herr auch sehr gut deutsch spricht, bitten wir ihn später um die Übersetzung unserer spanischen Zeitungsartikel. Was dabei an den

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