Mit Konfuzius zur Weltmacht
durchschnittlich 4500 Metern bis heute genannt wird. Seit die mongolische Herrschersippe 1271 zur chinesischen Yuan-Dynastie wurde, war Tibet ein Teil Chinas. Unterbrochen wurde dies durch die britische Kolonialisierung Tibets, was der chinesischen Führung ermöglicht, westliche Forderungen in Bezug auf Tibet als alten Imperialismus zu attackieren. Aber unter den chinesischen Kaisern konnten die Dalai Lamas weitgehend schalten und walten, wie sie wollten. Ganz anders unter Mao. Der ließ 1950 die Volksbefreiungsarmee in Tibet einmarschieren. Während der Kulturrevolution zerstörten die Roten Garden einen Großteil der buddhistischen Klöster, die erst wieder geöffnet wurden, als Deng Xiaoping seine Reformpolitik begann. Doch Anhänger des Dalai Lama werden weiter verfolgt.
Tibet ist ein Reizthema, in China wie im Westen. Vorsichtig ausgedrückt: Die im Ausland verbreitete Sicht ist mindestens so einseitig wie die chinesische, was besonders bei den Unruhen vom März 2008 in Tibet deutlich wurde. Nach einigen Tagen friedlicher Proteste zündeten aufgebrachte tibetische Jugendliche in Lhasa chinesische Geschäfte und Restaurants an, verbrannten Ladenbesitzer bei lebendigem Leib, verfolgten Passantinnen auf der Straße und steinigten sie, weil sie Chinesinnen waren oder wie solche aussahen. Trotzdem herrschte bei vielen Menschen im Westen der Eindruck: Die Chinesen griffen die Tibeter an.
Woher rührte dieses Missverständnis? Ein Grund dafür ist die Idealisierung des Dalai Lama und der Tibeter. Nationale Minderheiten und Unabhängigkeitsbestrebungen gibt es nicht nur in China. Die UNO erkennt 193 Staaten an, auf der Erde leben aber 5000 Nationalitäten und ethnische Gruppen, von denen etwa 120 im Konflikt mit ihrer Regierung stehen, wie etwa in Europa die Kurden und die Basken. Ihren Organisationen, der PKK und der ETA, werden in Deutschland aber keine großen Sympathien entgegengebracht. Die Tibeter hingegen seien aufgrund ihrer Religion ausnahmslos sanfte und gewaltlose Menschen, glauben viele. Auch die brutalen Ausschreitungen schienen dieses Bild nicht zu erschüttern. Zu Recht wurde darauf verwiesen, dass Chinas Führung die Menschenrechte der Tibeter verletzt. Allerdings verletzt sie auch die Menschenrechte ihrer übrigen Bürger, vor allem der Han-Chinesen selbst, der mit einem Anteil von über 90 Prozent größten Volksgruppe in China. Weshalb also einfache Chinesen verprügeln und ermorden, die selbst Opfer dieser Politik sind? Weil die Chinesen Tibet »überfremden«, hieß es dann, ein Ausdruck, der gerechtfertigt verurteilt wird, wenn er etwa gegen Türken in Deutschland ausgesprochen wird. Die angeblich sanften Buddhisten griffen während der Unruhen auch Hui-Muslime an und zerstörten Moscheen.
Ein Dalai Lama ist nicht per se gut, wie ein Blick auf die Vorgänger des jetzigen zeigt. Sie regierten einen Gottesstaat mit 95 Prozent der Bevölkerung als Leibeigenen. Die meisten ihrer Untertanen durften weder lesen noch schreiben lernen. Das Paradies auf Erden herrschte dort keinesfalls, auch wenn nach manchen idealisierenden Darstellungen im Westen dieser Eindruck entsteht. Der derzeitige Dalai Lama hat auf seinen vielen Reisen durch die Welt das westliche Bild von Tibet in eine bestimmte Richtung gelenkt, wobei er vom »kulturellen Völkermord« der Chinesen an seinem Volk spricht.
Die chinesische Führung zwingt tibetische Mönche in einer sogenannten »patriotischen Erziehung«, sich vom Dalai Lama loszusagen. Das ist schlimm und dumm zugleich, weil solcherlei Nötigung nur zu Lippenbekenntnissen führt. Doch Völkermord ist es nicht. Diesen Ausdruck im vorliegenden Kontext zu verwenden verhöhnt die Opfer von tatsächlich organisiertem Massenmord wie diejenigen in den Gaskammern der Nazis. Auch hilft es der Sache des Dalai Lama kaum, dass er beansprucht, nicht nur für das derzeitige autonome Gebiet Tibet zu sprechen, sondern für ein Großtibet, das ein Viertel des chinesischen Territoriums ausmacht. Dieser Anspruch ist in etwa so realistisch wie der eines Indianerreservats, das ein Viertel der USA beherrschen will.
Die chinesische Führung kritisiert die einseitige Berichterstattung über Tibet in den westlichen Medien, trägt dabei selbst jedoch die Hauptschuld daran. Schließlich lässt sie die Pekinger Korrespondenten ausländischer Zeitungen und Fernsehanstalten nur in Ausnahmefällen und mit Aufpassern nach Tibet reisen, obwohl die meisten von ihnen dort ausgewogen und sachkundig berichten
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