Mit Kurs auf Thule
Schriftliches dazu hinterließen, wie
sie
ihre Beziehungen zur Welt »da draußen« sahen.
Autarkie und Selbstbewusstsein
Die Kolonie in Grönland begann als norwegischer Vorposten mit einer stabilen nordeuropäischen Anbindung und einem starken Gefühl der Eigenständigkeit unter den Siedlern, die ihre Unabhängigkeit von den norwegischen Königen schätzten. Die waren so weit weg, dass sie keine Gefahr darstellten – während sie die isländische Republik schließlich usurpierten. Die Lage Grönlands am äußersten Rand Europas betonte die Notwendigkeit der Autarkie noch stärker, die zwangsläufig allen Bemühungen um eine Kontrolle von außen entgegenstand.
Eine interessante Parallele zu dieser Situation ergab sich übrigens im Zweiten Weltkrieg, als die Verbindungen zwischen Dänemark und seiner Kolonie auf Grönland am 9. April 1940 durch die deutsche Besatzung Dänemarks unterbrochen wurden. Der dänischen Importe beraubt, bezahlten die Grönländer für Waren aus den Vereinigten Staaten und Kanada mit den Einkünften aus dem Abbau des wichtigen Minerals Kryolith in Ivigtut. Zudem änderte sich auch das Regierungssystem – ein Gesetz von 1925, demzufolge unter extremen Umständen die beiden im Lande lebenden Statthalter Grönlands die Regierung übernehmen konnten, trat in Kraft. Bis 1940 war Grönland eine behütete und sehr isolierte Gesellschaft gewesen, doch in dieser Zeit der Eigenregierung und der unabhängigen Beziehungen zu ihren Nachbarn im Westen entwickelten die Einwohner eine robuste Selbstständigkeit. Nach dem Krieg sprach sich 1946 eine dänische Komission gegen jede radikale Reform des grönländischen Systems aus, doch eine Verfassungskomission, die eingesetzt worden war, um Veränderungen in der Regierungsform der Kolonie vorzuschlagen, trat 1950 dafür ein, Grönland zu einer modernen, von Dänemark finanzierten Wohlfahrtsgesellschaft zu machen. 1979 bekam Grönland die autonome Selbstverwaltung zugestanden und wurde zu einer eigenen Nation innerhalb des Königreichs Dänemark, blieb aber in den Bereichen Außenpolitik, Verteidigung und Devisenhandel weiterhin der dänischen Verfassung und den Entscheidungen des dänischen Parlaments unterworfen. Sobald sich die Zügel der Abhängigkeit |100| gelockert hatten, waren weitere Veränderungen unausweichlich. Bei den Wahlen im November 2008 zeigte sich eine überwältigende Zustimmung für eine weitergehende Unabhängigkeit.
Ebenso weit entfernt von Europa und zudem noch von mittelalterlichen Verkehrsmitteln abhängig, verließen sich die nordischen Grönländer nie auf ihre Handels- und sonstigen Beziehungen zu den Staaten an Nordatlantik und Nordsee, wenn es um ihr alltägliches körperliches und geistliches Wohl ging. Das war durchaus klug, denn die privaten wie institutionellen Bande zu Norwegen wurden immer schwächer und rissen schließlich ganz ab. Bezeichnenderweise war die erste Institution, die die Beziehungen zum mittelalterlichen Grönland abbrach, auch die letzte, die auf die Insel gebeten worden war – die Kirche Roms.
Kirchenorganisation in Island und Grönland
Die treibende Kraft hinter Olaf Tryggvasons wie auch Olaf Haraldssons entschlossener Durchsetzung des Christentums bei ihren norwegischen Untertanen war ihr Wunsch, einen religiösen, wirtschaftlichen und politischen Apparat zu schaffen, der der Krone von Nutzen sein konnte, auch in den von Norwegen aus besiedelten Gebieten. Doch das war schon in Norwegen nicht einfach. Auf Außenposten wie Island und Grönland, die auch andere, nichtnorwegische kulturelle Elemente integriert hatten, entwickelten sich zwangsläufig Unterschiede zum Mutterland. Und selbst zwischen Island und Grönland fiel die Reaktion auf norwegische Bemühungen um eine zentralisierte Kontrolle ganz unterschiedlich aus. Ein entscheidender Punkt in den königlichen Plänen war die Errichtung von Kirchen in den Siedlungen, die letztlich unter bischöfliche Kontrolle gestellt werden sollten, aber dieser Ansatz gefiel den Isländern und Grönländern nicht. Sie bauten vielmehr private Kirchen auf ihren Höfen, als der christliche Gottesdienst die heidnischen Zeremonien ersetzte, und behielten das Sagen über diese Kirchen.
Für die ersten hundert Jahre des Bestehens der grönländischen Kolonie gibt es keinen Bericht über ordinierte Priester, die dorthin gekommen wären, um als Missionsbischöfe zu arbeiten und weitere Priester zu weihen. Der Isländer Eirik Gnúpsson, der 1112 mit dem Titel eines
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