Mit Kurs auf Thule
zentralen Streit in der »Saga von den Grönländern«, in dem ein paar Männer, die an der Ostküste jagten, einen Schatz mit Wertsachen an einem verlassenen Ort in der Nähe eines Schiffs und dessen toter norwegischer Eigner fanden. Bischof Arnold überredete die Jäger dazu, einen großen Teil dieses Schatzes der Kirche in Gardar zu übergeben, damit Messen für die Seelen der toten Männer gelesen werden konnten; der Rest der Beute wurde, wie es Brauch war, unter den Findern verteilt. Als die aufgebrachten norwegischen Erben nach Grönland segelten, um ihren Besitz einzufordern, blieb der Bischof hart und verließ sich darauf, dass Einar Sokkason und sein Vater ihn verteidigen würden. Einar und mehrere andere verloren ihr Leben in diesem langwierigen Streit, während Bischof Arnold die Krise so gut überstand, dass sie nicht einmal sein späteres Fortkommen in Norwegen beeinträchtigte, obwohl die enttäuschten Erben und ihr Gefolge die Geschichte dort verbreitet hatten.
Über Arnolds Nachfolger Jón
knútr
wissen wir kaum etwas, außer dass sein Beiname »Knoten« oder »Faust« bedeutete. Etwa dreißig Jahre nach seiner Ankunft in Grönland folgte ihm ein zweiter Bischof Jón, der den Beinamen
smyrrill
oder »Sperber« trug und den Posten bekommen hatte, nachdem der erste vom norwegischen Erzbischof Auserwählte, der isländische Priester Ingimund Thorgeirsson, die Ehre abgelehnt hatte. Ingimund landete trotzdem in Grönland, ob er nun wollte oder nicht. Etwa im Jahr 1189/1190 wollte er an Bord des Schiffes
Stangarfóli
von Bergen nach Island segeln, erlitt aber Schiffbruch an Grönlands einsamer Ostküste. Erst 1200 entdeckten nordische Jäger das Schiff mit den Skeletten von sechs Männern und dem nicht verwesten Leichnam von Ingimund Thorgeirsson. Neben ihm lagen Wachstafeln mit Runeninschriften, die die Geschichte seines Hungertodes erzählten. Die Trauerfeier für die sterblichen Überreste Ingimunds könnte durchaus Jón
smyrrill
selbst gehalten haben, der 1189 in Grönland ankam, nachdem er seine Reise in Island unterbrochen hatte, um Bischof Brand in Hólar und den alten Bischof Thorlak in Skálholt zu besuchen. Dabei sammelte er vielleicht auch ein paar gute Ratschläge, wie er mit seiner neuen Herde umgehen sollte, denn Thorlak forderte |108| als erster isländischer Bischof, dass die Kirchen und ihr Einkommen der Kirche und nicht den Häuptlingen gehören sollten. Dieser Streit schwelte allerdings in Island noch mindestens hundertzwanzig Jahre, und es gibt keinen Grund für die Annahme, dass er in Grönland je beigelegt wurde, egal, wie sehr sich der neue grönländische Bischof vielleicht von seinem isländischen Kollegen inspiriert fühlte. 16
Als Jón
smyrrill
seinen Bischofssitz erreichte, warteten schon ein bischöfliches Gehöft und eine Art Kathedrale auf ihn, doch er hatte seine eigenen Vorstellungen davon, was dem Sitz Gardar und ihm selbst angemessen war, und betätigte sich vermutlich als die treibende Kraft hinter der Erweiterung der Kathedrale St. Nikolaus. Natürlich konnte sie nicht mit den ehrgeizigen Kirchenbauten mithalten, die damals anderswo in Europa entstanden, doch mit ihrer Kreuzform aus lokalem roten Sandstein und dem Gesims aus bearbeitetem Speckstein hob sie sich in Größe und Form von den aus Stein und Torf gebauten Häusern der Umgebung ab. Die neue Kathedrale hatte sogar Fenster aus undurchsichtigem, grünlichen Glas und einen freistehenden Glockenturm, und ein Weg aus riesigen Sandsteinplatten bedeckte die gesamte Strecke von der Sakristei bis zum Haupteingang des Bischofshauses. Offenbar legte man auch großen Wert auf feierliche Prozessionen. Bei Ausgrabungen in Gardar wurde im Jahr 1926 unter dem Boden der Nordkapelle das Skelett eines kräftigen Mann gefunden, den man mit einem goldenen Bischofsring und einem kunstvollen Krummstab aus Eschenholz und geschnitztem Walrosselfenbein begraben hatte. Damals glaubte man, die Überreste von Jón
smyrrill
freigelegt zu haben, doch eine viele Jahre später durchgeführte Radiokarbonuntersuchung ergab ein Todesdatum um 1272 (1223–1290), eine Zeitspanne, in der mehrere Bischöfe starben. Unbestritten ist jedoch, dass Jón
smyrill
das Jahr 1203 in Island verbrachte, seinen Freund Bischof Páll Jónsson in Skálholt besuchte und dann weiter nach Norwegen und Rom reiste, und dass er wahrscheinlich noch ein paar weitere Jahre in Grönland verbrachte, bevor er 1209 starb. 17
Wir können davon ausgehen, dass dieser zweite
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