Mit Liebe gestrickt
mache.
Jemand klopft an die Scheibe, sodass ich zusammenfahre, und natürlich ist es die vermaledeite Annabel.
»Hallo, Sie sahen ja sehr nachdenklich aus.«
Ich gehe zusammen mit ihr über die Straße.
»Habe mir nur ein paar neue Ideen für den Laden überlegt, Annabel.«
»Ihr kleiner Laden muss schrecklich anstrengend sein. Ich weiß nicht, wie all die berufstätigen Mütter das schaffen, wirklich nicht. Der Tag scheint schon so nicht auszureichen bei mir. Natürlich habe ich ziemlich hohe Standards, das stimmt schon. Aber trotzdem.«
Ich lächele versuchsweise, was sie aber übersieht, und jetzt bin ich in Panik, dass sie eventuell mitbekommen hat, wie ich mein Ultraschallfoto ansehe. Ich versuche mich zu erinnern, ob ich es in meinen Terminkalender zurückgelegt habe, bevor sie ans Fenster klopfte, und ich bin auch ziemlich sicher, dass es so war, aber trotzdem.
»Also, ich muss weiter, Elternbeiratspflichten. Mr. O’Brien hat mich gebeten, noch mehr Sportausrüstungen unter die Lupe zu nehmen, also habe ich Kataloge bestellt, die ich jetzt durchsehen muss. Gute Ausrüstung ist ja so wichtig. Harry ist in einem großartigen Sportclub, privat natürlich, aber das ist die Sache wert. Er ist so gut in seinem Kampfsportkursus, dass sie ihn eine Gruppe höher eingestuft haben. Sie sollten ihre Jungs auch anmelden, obgleich die Kurse meistens am Samstag sind, was mit
dem Laden möglicherweise ein Problem für Sie wäre. Wie auch immer, muss mich sputen.«
Heiliges Kanonenrohr, als Krönung darf ich jetzt auch noch Schuldgefühle haben, dass wir keinem privaten Turnclub angehören. Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob ich wirklich möchte, dass meine Jungs Kampfsport lernen. Es ist auch schon so schwierig genug, sie ins Bett zu kriegen, ohne von zwei kleinen Gestalten in weißen Anzügen überwältigt zu werden.
Zum Abendessen gibt es Pommes und Würstchen, eine bewusste Goodwill-Aktion meinerseits, obwohl die Fertigpommes immer am Backblech festkleben, und die beiden sitzen danach relativ friedlich vor dem Fernseher und sehen sich Cartoons an, als Gran kommt, um mir ihren neuesten Schwung Kreuzfahrtkataloge zu zeigen. Vielleicht wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, um ihr meine Ultraschallaufnahme zu zeigen - das würde sie sicher davon abbringen, sich den Kopf über Kabinengrößen zu zerbrechen. Und wenn die verdammte Annabel tatsächlich im Auto einen Blick darauf erhascht hat, gibt es wahrscheinlich spätestens morgen ein dringendes Rundschreiben vom Elternbeirat, weshalb es wahrlich nicht schaden würde, wenn Gran es bereits wüsste.
»Du siehst blass aus. Bist du sicher, dass du nicht irgendwas ausbrütest, Liebchen?«
»Nein, mir geht es gut, Gran.«
»Gut.«
Also los.
»Allerdings würde ich dir gern etwas sagen.«
»Ich wusste es.«
»Wusstest was?«
»Irgendwas stimmt nicht, nicht wahr? Ich wusste es - Mrs.
Marwell hat dich vor ein paar Wochen beim Arzt gesehen, und letzte Woche schon wieder. Sie hat es Betty gesagt, und die sagte, dass du unglaublich blass aussahst. Was ist es?«
Meine Fresse, sie sind wie der Secret Service. Gott sei Dank haben sie noch nicht den richtigen Dreh mit Handys raus, sonst würden sie sich unentwegt gegenseitig Videoaufnahmen schicken.
»Es geht mir gut, Gran, ehrlich.«
»Aber?«
»Es gibt kein Aber.«
»Josephine, du redest hier mit deiner Gran. Ich sehe es dir doch an.«
Mist, ich bin kurz davor, alles zu vermasseln.
»Ich bin nicht krank, Gran. Es ist nur, na ja, ich bin schwanger.«
Eine Weile herrscht Schweigen, dann lächelt sie.
»Also, Gott sei Dank. Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Aber bist du sicher, Liebchen? Es könnten die Wechseljahre sein, weißt du. Es liegt in unserer Familie, dass wir sehr früh damit anfangen.«
Ich greife nach meinem Terminkalender und reiche ihr das Ultraschallbild.
»Also, du meine Güte. Und wie ist das passiert? Du musst es mir nicht sagen, wenn du nicht möchtest. Er stammt nicht von hier, oder?«
»Nein, Gran.«
»Also, das macht die Sache leichter. Du weißt ja, wie die Leute hier sind, zählen zwei und zwei zusammen und kommen auf sechs. Und wird er hierher ziehen?«
»Das glaube ich nicht, Gran. Er ist nur eine Zufallsbekanntschaft, nichts Ernsthaftes … Gott, ist das peinlich. So etwas ist
eigentlich nicht meine Art, weißt du. Eigentlich tue ich so was nie.«
»Das weiß ich doch, Schätzchen. Nun mach dir bloß keine Vorwürfe. Was geschehen ist, ist geschehen, und wir werden es schon schaffen.
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